Judy Winter wurde als Tochter des Reserveoffiziers und Journalisten Armin Richard und der Tänzerin Marie Richard im oberschlesischen Friedland (heute Korfantów, Polen) geboren.[3] Nach dem Zweiten Weltkrieg zog ihre Familie über Hannover nach Bielefeld, wo ihr Vater als politischer Redakteur einer Tageszeitung arbeitete. In Bielefeld besuchte Winter ein Gymnasium und nahm ab dem elften Lebensjahr Ballettunterricht, den sie nach dem Umzug der Familie nach Heidelberg fortsetzte, aber aufgrund ihrer Körpergröße abbrechen musste.[3] Von 1961 an absolvierte Winter eine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart.[3] Ihr Studium finanzierte sie mit verschiedenen Nebenjobs.[3]
Karriere
Theater
Im Alter von 17 Jahren erhielt Winter unter Kurt Hübner ihr erstes Bühnenengagement am Theater Ulm.[4][5] Hier lernte sie 1962 auch Peter Zadek kennen, der Shakespeares Der Kaufmann in Venedig inszenierte und Winter für die Rolle der Jessica gewann. Es folgten Auftritte am Theater Trier und am Theater der Freien Hansestadt Bremen, wo sie in Meredith WilsonsMusic Man als Musical-Darstellerin debütierte. Unter ihrem Künstlernamen, den sie (nach eigener Aussage) aus den Namen ihre Vorbilder Judy Garland und Shelley Winters kombinierte, spielte sie seit 1963 am Renaissance-Theater in Berlin, wo sie in Inszenierungen wie Patrick HamiltonsGaslicht, Anton Tschechows Der Kirschgarten und Eugene O’NeillsEines langen Tages Reise in die Nacht wirkte.
Von 1998 an spielte Winter am Renaissance-Theater Marlene Dietrich, und eine Theaterkritik huldigte ihr anlässlich der Premiere mit den Worten: „Marlene lebt und heißt jetzt Judy Winter.“ Weitere Engagements führten sie u.a. an das Thalia Theater und das Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg. Auch in Hilde Knef – Der Teufel und die Diva, einem Bühnenstück der Autoren Fred Breinersdorfer und Katja Röderüber über das Leben von Hildegard Knef, übernahm sie die Titelrolle. Nach seiner Uraufführung am Ernst-Deutsch-Theater folgte am 1. Juni 2013 die Berliner Premiere des Stückes im Theater am Kurfürstendamm.
Darüber hinaus spielte Winter in Musicals, etwa die Rolle der Eliza in My Fair Lady, die Titelrolle in Jerry HermansHello Dolly! sowie im Jahr 2015 in Cabaret bei den Bad Hersfelder Festspielen.
Film und Fernsehen
Winter debütierte im August 1963 im Fernsehen in einer Übertragung des im Theater der Freien Hansestadt Bremen uraufgeführten Singspiels Erwin und Elmire von Johann Wolfgang von Goethe in der Rolle der Elmire. In einer ebenfalls im Fernsehen übertragenen Bühneninszenierung gab sie 1966 unter der Regie von Peter Zadek die Wendia Bergmann in Frank WedekindsFrühlings Erwachen.
1970 war sie in dem deutsch-französisch-italienischen Filmdrama Die Weibchen erstmals auf der Kinoleinwand zu sehen. Im folgenden Jahr erlangte sie bundesweite Beachtung dank der Simmel-VerfilmungenUnd Jimmy ging zum Regenbogen, in der sie die Bordelldame Nora Hill spielte, und Liebe ist nur ein Wort, in der sie die Rolle der Verena Angenfort übernahm. 1980 agierte sie neben Horst Frank als skrupellose Großbauunternehmerin Sybille in Ulrich Schamonis Filmdrama Das Traumhaus. Für ihre Rolle in dem DEFA-Film Ärztinnen als Dr. Katia Michelsberg, die Versuche an Menschen zu Forschungszwecken durchführt, erhielt sie 1984 den Darstellerpreis auf dem 3. Nationalen Spielfilmfestival der DDR. In Peter Keglevics Romanverfilmung Ein ungleiches Paar spielte sie 1988 an der Seite von Diego Wallraff die Modedesignerin Vera. In dem tschechisch-deutsch-italienischen Märchenfilm Dornröschen übernahm sie 1990 die Rolle der Königin Christine.
2008 war Judy Winter nach 37 Jahren in Carlo Rolas Neuverfilmung von Und Jimmy ging zum Regenbogen nochmals als Nora Hill zu sehen. Seit 2015 ist sie in der Fernsehreihe Familie Bundschuh Susanne, die Mutter von Gerald Bundschuh (Axel Milberg), nach den Romanen von Andrea Sawatzki, die ebenfalls eine Hauptrolle in den Verfilmungen spielt.[6] In Richard Hubers Tragikomödie Lang lebe die Königin (2019/20) übernahm Winter neben Iris Berben, Gisela Schneeberger, Eva Mattes und Hannelore Hoger Szenen, die die schwer erkrankte und im April 2019 verstorbene Hauptdarstellerin, Hannelore Elsner, nicht mehr selbst drehen konnten.[7] Winter erklärte, als die Anfrage, für Elsner einzuspringen, gekommen sei, habe sie sich schon Gedanken gemacht, ob das überhaupt fair sei – denn es sei doch Elsners Film! Doch dann habe sie die Idee überzeugt, dass vier gute und ernstzunehmende Kolleginnen Elsner die Ehre erwiesen.[8]
Winter gastierte im Verlauf ihrer Karriere in zahlreichen Fernsehserien, u.a. in Der Kommissar, Derrick, Tatort, Sonderdezernat K1, Ein Fall für zwei, Wolffs Revier, Doppelter Einsatz und In aller Freundschaft.
Chanson
Winters erste Schallplatte Sie zu ihm nach dem bekannten Text von Kurt Tucholsky erschien 1979. Im Jahr 2000 interpretierte sie Lieder des US-amerikanischen Pianisten, Sänger und Songwriter Bob Lenox. Anfang Dezember 2008 hatte ihr Chanson-Soloabend Wenn ich mir was wünschen dürfte in der Urania in Berlin, bei welchem sie von Bertolt Brecht über Hildegard Knef bis zu eigenen selbstgeschriebenen Texten vortrug, Premiere.
Daneben wirkte Winter in Hörspielen mit (u.a. als Thora in der Perry-Rhodan-Serie und als Isabell Wagner in der Soap … und nebenbei Liebe). In den Drei???-Hörspielen Stimmen aus dem Nichts (Nummer 76), Rufmord (99) und Signale aus dem Jenseits (188) sprach sie die Dr. Clarissa Franklin. Zudem hatte sie fünf Auftritte in der Hörspielreihe TKKG und lieh in der Hanni und Nanni-Reihe ihre Stimme Frau Lemansky. Seit 2010 spricht sie die Petra Köhler in der Hörspielserie Team Undercover.
Privates
In den 1960er Jahren war Judy Winter rund sieben Jahre mit dem Regisseur Peter Zadek liiert und kümmerte sich um die Erziehung seiner Kinder. Später heiratete sie den Schauspieler Joachim Regelien. Die Ehe wurde geschieden, ebenso wie die bis 1990 andauernde Verbindung mit dem Jazzklarinettisten, Orchesterchef und Komponisten Rolf Kühn.
Ihr im Jahr 1999 adoptierter, damals 28-jähriger Schauspielkollege Francis Winter[9] schrieb für sie 2006 das Bühnenstück Schöne Überraschung, das im Theater am Kurfürstendamm in Berlin mit ihr in der Hauptrolle zur Uraufführung kam.[10]
Am 2. März 2018 war Winter Gast der Fernsehshow Krause kommt, in der sie einen Tag lang Einblick in ihr Privatleben gab.[11]
Soziales Engagement
Seit vielen Jahren engagiert sich Winter für die Belange von Menschen mit HIV und AIDS. Am 9. September 2001 wurde sie für ihr langjähriges Engagement in der AIDS-Hilfe mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet, am 1. Oktober 2005 folgte der Verdienstorden des Landes Berlin sowie am 21. Januar 2010 der B.Z.-Kulturpreis Berliner Bär. 2002 erhielt sie den ReD Award für den Kampf gegen HIVA. Als Kuratorin der Berliner AIDS-Hilfe bemüht sie sich, das Thema AIDS nicht aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Sie begründete mit anderen die jährlich stattfindende Gala „Künstler gegen AIDS“.
1985–2009: Ein Fall für TKKG (5 Folgen, verschiedene Rollen)
1997–2016: Die drei??? (3 Folgen) … als Dr. Clarissa Franklin
2015: Gruselkabinett (3 Folgen, verschiedene Rollen)[12]
Hörbücher
2021: Mary Virginia Carey: Die drei??? und der Ameisenmensch, (Europa)
Auszeichnungen
1976: Goldene Kamera für ihre Synchronisation von Liv Ullmann in Szenen einer Ehe
1984: Darstellerpreis auf dem 3. Nationalen Spielfilmfestival der DDR für Ärztinnen
2001: Bundesverdienstkreuz am Bande
2002: ReD Award für den Kampf gegen HIV
2003: Goldener Vorhang für ihre Darstellung in dem Theaterstück Acht Frauen
2005: Verdienstorden des Landes Berlin
2010: Berliner Bär (B.Z.-Kulturpreis) für ihr Engagement gegen AIDS
2013: „Beste Schauspielerin in einer Hauptrolle“ für ihre Rolle der Hannelore Fromm in Mutter muss weg, Auszeichnung der Deutschen Akademie für Fernsehen
2014: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
2015: SPIEGEL Bestseller – Rang 17 in Ausgabe 44 / 2015 (Hörbücher Belletristik/Sachbuch) mit Allerseelen nach Edith Wharton in der Reihe Gruselkabinett[13]
2018: Ehrendarstellerpreis des Eat My Shorts – Hagener Kurzfilmfestivals
Literatur
Klaus Braeuer: Mehr ans Eingemachte, in: Berliner Morgenpost, 5. Juni 2000 (Interview).
Tanja Buntrock: Mehr als nur Marlene, in: Der Tagesspiegel, 23. Januar 2001.
Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S.1117.
Barbara Jänichen: Ich fühle mich wie eine Frau von 40, in: Die Welt, 3. Januar 2004.
Renate Lottermoser: Judy Winter weiß, daß sie gut ist, in: Berliner Morgenpost, 5. Juni 1977.
Renate Lottermoser: Judy und Harald sind die Berliner Bühnenlieblinge, in: B.Z., 17. September 1990.
Steffi Recknagel: Das Renaissance-Theater. Von den Zwanzigerjahren bis heute. Biografie einer Berliner Bühne. Henschel, Berlin 2002.
Moon Suk: Judy Winter, in: M.S.: Mond und Sterne. 22 poetische Porträts. Rowohlt, Reinbek 2006, S. 6–11 (Interview).
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S.423 f.
Peter Zadek: My Way. Eine Autobiographie 1926-1969. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1998.
Judy Winter, in: Internationales Biographisches Archiv 04/2012 vom 24. Januar 2012, im Munzinger-Archiv, abgerufen am 24. Januar 2012(Artikelanfang frei abrufbar)
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