Walter Niklaus (* 8. Juni 1925 in Köln; † 6. November 2021 in Söllichau[1]) war ein deutscher Autor, Schauspieler, Synchronsprecher, Hörspiel- und Theaterregisseur.
Walter Niklaus auf der Leipziger Buchmesse 2008
Leben
Von 1949 bis 1951 erhielt Niklaus seine schauspielerische Ausbildung am Konservatorium in Erfurt. Sein Schauspieldebüt gab er 1951 am Stadttheater Cottbus, wo er zwei Jahre später mit Ellen Tiedtke, Ursula Wagner, Erhard Köster und Edi Weeber-Fried das Kabarett Die fünf Stichlinge gründete und 1957 bis 1959 als Oberspielleiter engagiert war.[2] Nach kurzer Tätigkeit im Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und im Sprecherensemble des Rundfunks war er von 1960 bis 1964 Schauspieldirektor an den Städtischen Bühnen Erfurt.
Hörfunk und Synchron
Von 1964 bis 1990 arbeitete Niklaus als Leiter der die Regisseure Günter Bormann, Annegret Berger und Klaus Zippel beschäftigenden Regiegruppe Leipzig im Funkhaus Springerstraße für die Hauptabteilung Funkdramatik des Rundfunks der DDR. Er war dort als Regisseur und Sprecher im Einsatz, beispielsweise 1972 in der Produktion Der Mann mit dem Fahrrad, in der er neben Alfred Bohl, mit dem er zwei Jahre zuvor zehn Sherlock-Holmes-Filme synchronisierte, auch der Hauptsprecher war.
Aufgrund seiner prägnanten Stimme kam er häufig als Synchronsprecher, als Sprecher in Fernseh-Dokumentationen sowie als „Erzähler“ in Fernsehfilmen zum Einsatz. Bei DEFA und DFF führte er durch die großen Fernsehromane der 1960er Jahre. Eine bekannte Sprechrolle übernahm Niklaus im DDR-Mehrteiler Sachsens Glanz und Preußens Gloria als Erzähler (Chronist).
Als Synchronsprecher wurde er unter anderem als Stimme von Basil Rathbone in der Rolle von Sherlock Holmes in allen 14 Spielfilmen der Sherlock-Holmes-Reihe mit Rathbone und Nigel Bruce aus den Jahren 1939–1946 bekannt. Die Synchronfassungen stammen aus dem Jahr 1969 (Filme von 1943 bis 1946) und entstanden in den Studios des Deutschen Fernsehfunks. Die übrigen Filme, die aus der Zeit von 1939 bis 1942 stammen, wurden erst in den 1990er-Jahren vom ZDF synchronisiert, woraufhin man erneut Niklaus als Sprecher verpflichtete. Niklaus war bis in die 2000er-Jahre in über 130 Synchronfassungen zu hören, wobei er unter anderem auch mehrfach Max von Sydow die Stimme lieh.[3] Er starb 2021 im Ortsteil Söllichau der Stadt Bad Schmiedeberg und wurde am 8. Dezember 2021 auf dem Friedhof Leipzig-Gohlis beigesetzt.
Theater und Film
Neben seiner Hörfunkarbeit war er gastweise Schauspieler und Regisseur an verschiedenen nationalen Bühnen. Ab Mitte der 70er Jahre auch vor allem im Bereich Musical und Operette.
Als Film- und Fernsehschauspieler war Niklaus vielfach in Kriminal- und Justizfilmen präsent, beispielsweise als Kriminalsekretär Schmidt im Werner Toelckes Fernsehzweiteiler Er ging allein (1967), als Professor Shuman im dokumentarischen Nachspiel eines Verhörs (1981) und vor allem als CIA-Agent Wilson in der Fernsehserie Das unsichtbare Visier (1973–79), die ihn bekannt werden ließ. Seine Verkörperung des amerikanischen Geheimdienstchefs gelang ihm, zeitgenössischer Kritik zufolge, „auf eine einprägsame Weise“, so dass man „hinter der Maske des Jovialen und Verbindlichen den eiskalten und berechnenden Geheimdienstmitarbeiter entlarven und charakterisieren konnte“.
Würdigung
Walter Niklaus wurde 1974 mit dem Kunstpreis der DDR ausgezeichnet. Auch nach der Wende führte er sein künstlerisches Schaffen im Hörfunk/Hörspiel, dem Theater und mit der Synchronsprecher-Tätigkeit erfolgreich fort.
In einem Nachruf von MDR Kultur heißt es: „Neben vielen Theater-, Fernseh- und Synchronrollen prägte Niklaus vor allem als Leiter der Leipziger Hörspielproduktion das künstlerische Niveau der ostdeutschen Funkdramatik. Viele namhafte Darsteller, darunter Rolf Hoppe, Kurt Böwe, Jutta Wachowiak, Jürgen Hentsch oder Sylvester Groth, führte er in die Eigenheiten der Hörspielarbeit ein. Bis ins hohe Alter hielt er dem Radio die Treue und inszenierte für MDR Kultur zahlreiche Hörspiele, die auch als Hörbücher Publikumserfolge wurden – unter vielen anderen: ‚Der Graf von Monte Cristo‘ (mit Mathieu Carrière), ‚Gräfin Cosel‘ (mit Corinna Kirchhoff und Thomas Thieme) und ‚Die Päpstin‘ (mit Angelica Domröse und Thomas Holtzmann).“
Matthias Thalheim, der ehemalige MDR-Hörspielchef, würdigte Walter Niklaus als „eine ungewöhnlich charismatische Radiostimme und seltenes Genie der Inszenierung, das alle Facetten des gesprochenen Wortes mit Musik, Geräusch und genau gesetzten Pausen zur Wirkung bringen konnte und dabei nie die Adressierung an eine breite Hörerschaft aus dem Blick verlor“.[4]
Film und Fernsehen (Auswahl)
1955: Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse
1955: Die Moral der Frau Dulska (Regie – TV)
1958: Meine Frau macht Musik – Autor des Szenariums
1962: Klaus Beuchler: Der Fall Stetson (Verteidiger) – Regie: Werner Grunow
1962: Gerhard Stübe: Das Südpoldenkmal (Antragssteller) – Regie: Fritz Göhler
1963: Rolf Schneider: Die Unbewältigten (Sprecher) – Regie: Edgar Kaufmann (Hörspiel)
1967/68: Krieg und Frieden – Ein Hörspiel nach dem Roman von Lew Tolstoi, DDR-Radio-Archiv, (12er CD-Box), Laufzeit: ca. 792 Min., Icestorm Distribution GmbH 2016
1969: Wolfgang Graetz/Joachim Seyppel: Was ist ein Weihbischof? Oder Antworten zur Akte Defregger – Regie: Edgar Kaufmann
1970: Armand Lanoux: Der Hüter der Bienen (Emile Lalande) – Regie: Fritz Göhler
1970: Hans-Ulrich Lüdemann: Prozeß ohne Urteil (Anwalt) – Regie: Helmut Hellstorff
1971: Gerhard Rentzsch: Das Amulett – Regie: Wolf-Dieter Panse (Hörspiel – 6 Teile)
1980: Günter Spranger: Der Strick an dem du hängen wirst (Holzinger) – Regie: Klaus Zippel (Kriminalhörspiel)
ARD und DeutschlandRadio
1991: Gerhard Rentzsch: Szenen aus deutschen Landen, eingeleitet und mit Zwischenberichten versehen über die Reise eines Mannes mit Pappkarton (Auch Sprecher) (Regie) (Hörspielreihe: Augenblickchen Nr. 4 – DS Kultur/BR)
1992: Walter Hasenclever/Kurt Tucholsky: Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas (Regie), MDR
1992: Friedrich Gorenstein: Streit um Dostojewski – Regie (Hörspiel – SFB/DS Kultur)
1993: James Thurber: Ein Mond für Prinzessin Leonore (Regie), MDR
1994: Unter Wasser handgeflochten (Regie), MDR
1995: Björn Björnson: Wie der Hase zum Osterhasen wurde (Regie und Erzähler), MDR, als Hörbuch bei: Der Audio Verlag 2004, ISBN 9783898132428
1997: Der Aufschwung (Regie), MDR; Alexandre d. Ä.: Der Graf von Monte Cristo (Regie), Coproduktion: MDR/ BR/ ORF-Wien
1999: Der Fall Agostino (Regie), MDR; Zaungäste (Regie), MDR; Zwölf Fotos zuviel (Regie und unter dem Pseudonym Peter Kramer auch Autor)[5], MDR, als Hörbuch bei Audiobuch 2001, ISBN 9783933199621
2000: Donna W. Cross: Die Päpstin (Regie), MDR, als Hörbuch auf 2 CDs bei: Der Audio Verlag 2000, ISBN 9783898130691
2001: Günter Kunert: Am Sexophon: Esmeralda (Regie)
2001: Józef Ignacy Kraszewski: Gräfin Cosel (General Schulenburg) – (Bearbeitung und Regie) (Hörspiel (5 Teile) – MDR) als Hörbuch bei Der Audio Verlag 2001, ISBN 9783898131568
2002: Dorothy L. Sayers: Krimi-Sommer mit Lord Peter, Folge: Der Pfirsichdieb (Talboys) (Bunter) (Regie: Klaus Zippel) (MDR/SFB/ORB)
2003: Ingomar von Kieseritzky: Fortune oder Die Tücke des Objekts (Regie), Coproduktion: MDR/ SWR
1984: Der Opernball, Operette von Richard Heuberger, Metropol-Theater Berlin
1984: Die Tante aus Brasilien(Charleys Tante), Musikalische Farce von Wladimir Poljakow/ Robert Roschdestwenski/ Oskar Felzman, Metropol-Theater Berlin
1987: Evita, Musical von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice, Staatsoperette Dresden, DDR-Erstaufführung
1988: VIER vor XXII, Leipziger Pfeffermühle
1988: Das musikalische Himmelbett, Musical von Tom Jones/ Harvey Schmidt, Metropol-Theater Berlin
1989: Der König David Bericht, Rockoper nach Stefan Heym, Musik: Gabor Kemeny und Tibor Kocsak. Deutsche Bühnenfassung: Kurt Demmler, Staatsoperette Dresden, DDR-Erstaufführung
1991: Es war die Nachtigall, Musical von Dov Seltzer und Ephraim Kishon/Yvette Kolb, Metropol-Theater Berlin
1992: Hello, Dolly!, Musical von Jerry Herman und Michael Stewart, Deutsch-Sorbisches Volkstheater Bautzen
1995: Gigi, Musical von Frederick Loewe und Alan Jay Lerner, Staatsoperette Dresden
1996: Die Sternstunde des Josef Bieder, Revue für einen Theaterrequisiteur von Eberhard Streul und Otto Schenk, Deutsch-Sorbisches Volkstheater Bautzen
1998: Die Maßnahme Lehrstück von Bertolt Brecht und Hanns Eisler, MDR Leipzig Kammerphilharmonie, MDR Leipzig Radio Chor, Johannes Kalitzke, Dirigent, Dresden-Hellerau und Konzerthaus Berlin
1998: Grillparzer im Pornoladen von Peter Turrini, Deutsch-Sorbisches Volkstheater Bautzen
2004: Gretchen 89 ff., von Lutz Hübner, Schleswig-Holsteinisches Landestheater Flensburg
Lesungen
1992: Die Macht des Blutes von Miguel de Cervantes, MDR Kultur, als Hörbuch bei Audiobuch Freiburg, 1 MC, ISBN 3-9804371-6-7
1995: Von der Erde zum Mond von Jules Verne, 332 min, MDR Kultur
2008: Bericht einer Reise in die Sächsische Schweiz von Hans Christian Andersen, 1 CD, Buschfunkverlag 2008, ISBN 978-3-931925-75-8
2016: Die schlaflose Welt von Stefan Zweig, als Hörbuch herausgegeben von Uwe Steimle, 1 CD, 66 min., Buschfunkverlag 2016, ISBN 978-3-944058-66-5
Preise
Kunstpreis der DDR 1974
DDR-Hörspielpreis: Gerhard Rentzsch für Der Almanach oder ein Märchen aus dem Randgebiet 1979
DDR-Hörspielpreis: Regiepreis der Kritiker 1985 für Willi und die anderen von Katrin Lange
Hörspiel-Preis der Stiftung Kulturpflege und Kulturförderung der Sparkasse Neuss 1999 – 1.Preis: Christoph Hein Zaungäste, Regie: Walter Niklaus
Hörkules für: Die Päpstin von Donna W. Cross – Regie 2005
Jürgen Klammer: Wunndebaa, wunn-de-baa! – Die Fünf Stichlinge vom Theater Cottbus, die Geschichte eines fast vergessenen Kabaratetts, selbstironieverlag Leipzig 2020
Walter Niklaus.In:synchronkartei.de.Deutsche Synchronkartei,abgerufen am 8.November 2021.
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