Claire Denis (* 21. April 1946 oder 21. April 1948 in Paris) ist eine französische Filmregisseurin und Drehbuchautorin sowie Professorin an der Filmhochschule La fémis in Paris.
Leben und Wirken
Denis wuchs als Tochter eines französischen Kolonialbeamten zum Teil in Afrika in Kamerun, Burkina Faso und Dschibuti auf. Mit vierzehn Jahren[1] kehrte sie, an Polio erkrankt,[2] in ihre Geburtsstadt Paris zurück, wo sie am Gymnasium und an der Cinémathèque française die Welt des Films für sich entdeckte. Sie studierte zunächst Literatur und Wirtschaft und arbeitete für das Schulfernsehen des Niger.[3] Ihr damaliger Mann, ein Fotograf, schlug ihr vor, sich am Institut des hautes études cinématographiques (IDHEC) einzuschreiben.[4] 1972 schloss sie dieses Studium mit einem Diplom ab.
Ab Ende der 1960er-Jahre drehte Denis erste Kurzfilme[5] und arbeitete nach dem Studium bis 1987 als Regieassistentin, u.a. für Dušan Makavejev, Roberto Enrico[3], Costa-Gavras, Wim Wenders und Jim Jarmusch.[6] Sie assistierte auch bei Jacques Rivette, der sie als Regisseurin für einen Dokumentarfilm über sich selbst vorschlug.[7]
Erst im Jahr 1988 drehte sie ihren ersten Langfilm Chocolat – Verbotene Sehnsucht, der autobiografisch inspiriert[8] von einer Kindheit im Kamerun der 1950er-Jahre erzählt. Dieses Erstlingswerk wurde 1988 für die Goldene Palme und 1989 für den César nominiert.[9] Seither hat Denis um die 30 teilweise preisgekrönte Kurz-, Dokumentar- und Kinofilme gedreht,[3] die verschiedenen Genres angehören bzw. die Genregrenzen durchbrechen:[10] In ihrem Œuvre sind bisher z.B. Teenagerfilm, Vampirfilm und Science-Fiction[11] vertreten. Denis denkt nach eigener Aussage schon lange darüber nach, ein Musical zu drehen.[12]
2019 wurde sie bei der 72. Auflage des Filmfestivals von Cannes als Jurypräsidentin des Kurzfilmwettbewerbs und der Sektionen Cinéfondation ausgewählt.[13] Ein Jahr später stand sie der Jury der Sektion Orizzonti auf den Filmfestspielen von Venedig vor.[14]
Im Jahr 2022 erhielt sie für ihren Spielfilm Avec amour et acharnement eine Einladung in den Wettbewerb der 72.Berlinale.[15] Im selben Jahr lief ihr Film Stars at Noon im Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes.[16]
Arbeitsweise
Denis’ Filme heben sich deutlich vom klassischen Erzählkino ab. Ihre Art des Filmschnitts, bei der Pausen und Rhythmus wichtig sind, wird mit der Improvisation im Jazz verglichen.[17] Sie erzählt Geschichten oft nicht linear, sondern durch gleichwertig nebeneinander gestellte scheinbare Nebenhandlungen. Gesten, Blicke, Körperlichkeit und Musik haben einen hohen Stellenwert. Auf psychologischen Realismus wird verzichtet, die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit können verschwimmen.[18] Oft wird das Fremdsein in einer postkolonialen Welt thematisiert. Ihre Heldinnen und Helden stehen oft am Rand der Gesellschaft und sind nicht immer weiß.[6] Der Philosoph Jean-Luc Nancy bezeichnet „eine Obsession für Körper und Oberflächen“ als zentrales Prinzip der meisten Filme von Denis.[19]
Die Regisseurin begreift das Filmemachen als Gemeinschaftswerk und tendiert dazu, langjährig Vertraute um sich zu scharen. Dazu gehören auf Seiten der Schauspieler z.B. Alex Descas, Grégoire Colin und Béatrice Dalle, bei der Musik sind häufig die Tindersticks beteiligt.[6] Seit Chocolat ist in fast allen Filmen von Claire Denis Agnès Godard Kamerafrau.[20] Als Drehbuchautor verpflichtet Denis regelmäßig den Schriftsteller Jean-Pol Fargeau, der sich in seinen Werken, ähnlich wie Denis, mit dem Thema Kolonisation auseinandersetzt.[21]
Denis ist bei vielen ihrer Filme selber als Autorin beteiligt.
Filmografie
Regie (Langfilme)
1988: Chocolat – Verbotene Sehnsucht (Chocolat)
1989: Man No Run (Dokumentarfilm)
1990: Cinéma, de notre temps: Jacques Rivette – Le veilleur (Dokumentarfilm)
1990: Scheiß auf den Tod(S’en fout la mort)
1994: Ich kann nicht schlafen (J’ai pas sommeil)
1994: US Go Home (Fernsehfilm, Teil der Reihe Tous les garçons et les filles de leur âge)
1996: Nénette und Boni(Nénette et Boni)
1999: Der Fremdenlegionär (Beau travail)
2001: Trouble Every Day
2002: Ten Minutes Older (Episodenfilm - ein Kurzfilm)
2002: Vendredi soir
2004: Der Feind in meinem Herzen (L’intrus)
2005: Mathilde Monnier: Ein Leben für den Tanz (Vers Mathilde) (Dokumentarfilm)
2008: 35 Rum (35 rhums)
2009: White Material – Land in Aufruhr (White Material)
2013: Les Salauds – Dreckskerle(Les salauds)
2017: Meine schöne innere Sonne (Un beau soleil intérieur)
Michael Omasta, Isabelle Reicher (Hrsg.):Claire Denis. Trouble Every Day. Synema – Gesellschaft für Film und Medien, Wien 2005, ISBN 3-901644-15-6, S.79.
Werkschau Claire Denis.In:KunstKulturQuartier.Stadt Nürnberg,2017,abgerufen am 20.September 2020.
Michael Omasta, Isabella Reicher (Hrsg.):Claire Denis. Trouble Every Day. Synema – Gesellschaft für Film und Medien, Wien 2005, ISBN 3-901644-15-6, S.81.
Chocolat.In:Zürich Film Festival.Abgerufen am 19.September 2020.
Chocolat.In:IMDb.Abgerufen am 19.September 2020(englisch).
Michael Omasta, Isabelle Reicher (Hrsg.):Claire Denis. Trouble Every Day. Synema – Gesellschaft für Film und Medien, Wien 2005, ISBN 3-901644-15-6, S.82.
Michael Omasta, Isabella Reicher (Hrsg.):Claire Denis. Trouble Every Day. Synema – Gesellschaft für Film und Medien, Wien 2005, ISBN 3-901644-15-6, S.100.
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