Heinrich Gretler (* 1. Oktober 1897 in Zürich-Hottingen; † 30. September 1977 ebenda) war ein Schweizer Schauspieler. Gretler war über mehrere Jahrzehnte hinweg einer der bekanntesten Darsteller im deutschsprachigen Raum.
Leben
Gretler war das dritte Kind des Chemielaboranten Heinrich Gretler und seiner Frau Verona. Er besuchte 1902 bis 1912 die Primar- und Sekundarschule in Zürich. 1912 bis 1915 erhielt er eine Ausbildung am Lehrerseminar Küsnacht. 1916 bis 1918 war er zunächst Landschullehrer, dann Privatlehrer.
Gretler, der durch Auftritte im Laientheater erste schauspielerische Erfahrungen gemacht hatte, nahm Schauspielunterricht bei Josef Dannegger und Gesangsunterricht, u.a. bei Melitta Hirzel und Alfred Jerger[1]. Er begann seine Karriere 1918 als Tenor-Buffo am Stadttheater Zürich, wo er bis 1926 wirkte. Im Herbst 1919 erhielt er ein Engagement an der Zürcher Pfauenbühne.
Nach seinem ersten Filmauftritt als Landenberg in Die Entstehung der Eidgenossenschaft, einem Film über Wilhelm Tell, ging er 1926 nach Berlin. Er trat dort in der Folge zuerst in verschiedenen kleinen Rollen auf und spielte anfangs unter anderem am Lustspielhaus am Halleschen Ufer, dann von 1928 bis 1930 an der Volksbühne und schliesslich am Theater am Schiffbauerdamm. Im Frühjahr 1933 unternahm er mit dem Stück Das kleine Mahagonny von Bertolt Brecht eine Tournee nach Paris und London. Auf dieser Tournee sang und spielte er auch die Bass-Partie der Mutter in der Uraufführung des Balletts Die sieben Todsünden von Brecht/Weill, sowohl in der Pariser Uraufführung wie auch einige Wochen später in London.[2]
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland kehrte er nach Zürich zurück und spielte noch 1933 am Cabaret Cornichon, dem er von 1935 bis 1940 als Ensemblemitglied angehörte. Von 1933 bis 1935 und erneut von 1938 bis 1945 arbeitete er wieder am Schauspielhaus Zürich, dazwischen gastierte er als freier Schauspieler an zahlreichen Schweizer Bühnen.
Gretler erwarb sich zu dieser Zeit den Ruf eines «schweizerischen Jannings», er übernahm die Titelrollen von Wilhelm Tell, Nathan der Weise, Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand, Der Hauptmann von Köpenick, er spielte den Falstaff, Fuhrmann Henschel (nach Gerhart Hauptmann) und die Rolle des Dorfrichters Adam in Der zerbrochne Krug.
Während des Zweiten Weltkrieges wirkte er auch in mehreren Schweizer Spielfilmen mit, die im Sinne der geistigen Landesverteidigung entstanden, zum Beispiel in Füsilier Wipf und Landammann Stauffacher.
Eine seiner auch heute noch bekanntesten Rollen ist die Verkörperung der Titelfigur des Wachtmeister Studer in zwei Romanverfilmungen nach Friedrich Glauser: Wachtmeister Studer und Matto regiert.
Er verstärkte nach Kriegsende seine Filmtätigkeiten und trat nur noch selten auf der Bühne auf. Vor allem in zahlreichen deutschen Heimatfilmen der 50er Jahre war Gretler regelmässig – allerdings oft in Nebenrollen – zu sehen. Einem breiteren Publikum wurde er durch seine Darstellung des Alpöhi in Heidi (1952) und Heidi und Peter (1955) sowie als Vater Kohlhiesel in der Komödie Kohlhiesels Töchter (1962) bekannt. 1963 kehrte er in die Schweiz zurück und arbeitete vorwiegend als Fernsehschauspieler. Seine letzte Rolle war 1977 die von Papst Albert IV. in Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde von João Bethencourt.
Insgesamt wirkte Heinrich Gretler in über 120 Filmen mit. Er war seit 1943 mit der Schauspielerin Marion Wünsche verheiratet und starb einen Tag vor seinem 80. Geburtstag. Die Grabstätte liegt auf dem Friedhof Zürich Enzenbühl (FG 84049).[3]
Anfang der achtziger Jahre wurde bekannt, dass das Ehepaar Gretler sein gesamtes Erbe von 400'000 Fr. der bewegten Zürcher Jugend vermacht hatte.[4]
Filmografie (Auswahl)
1924: Die Entstehung der Eidgenossenschaft
1927: Der geheimnisvolle Spiegel
1928: Der Kampf ums Matterhorn
1928: Der Mann mit dem Laubfrosch
1929: Menschen am Sonntag
1930: Die letzte Kompagnie
1930: Das Flötenkonzert von Sans-souci
1931: Voruntersuchung
1931: M
1931: Berlin Alexanderplatz
1932: Fünf von der Jazzband
1932: Die Gräfin von Monte Christo
1932: Der Orlow / Der Diamant des Zaren
1933: Ich und die Kaiserin
1933: Das Testament des Dr. Mabuse
1933: Wie d’Warret würkt
1935: Jä-soo!
1938: Füsilier Wipf
1939: Farinet (L’or dans la montagne)
1939: Wachtmeister Studer
1940: Die missbrauchten Liebesbriefe
1941: Gilberte de Courgenay
1941: Landammann Stauffacher
1942: Steibruch
1944: Marie-Louise
1947: Matto regiert
1949: Weißes Gold
1949: Swiss Tour
1950: Der Seelenbräu
1950: Föhn
1950: Vom Teufel gejagt
1951: Der fidele Bauer
1951: Der letzte Schuß
1952: Gefangene Seele
1952: Nachts auf den Straßen
1952: Herz der Welt
1952: Des Teufels Erbe (The Devil Makes Three)
1952: Heidi
1952: Der Weibertausch
1952: Die große Versuchung
1953: Das Dorf unterm Himmel
1953: Die Venus vom Tivoli
1953: Junges Herz voll Liebe
1953: Mit siebzehn beginnt das Leben
1953: Dein Herz ist meine Heimat
1954: Die Sonne von St. Moritz
1954: Rosen-Resli
1954: Uli der Knecht
1954: S’Vreneli vom Eggisberg
1955: Heidi und Peter
1955: Oberarzt Dr. Solm
1955: Ein Mann vergißt die Liebe
1955: Der Pfarrer von Kirchfeld
1955: Der Fischer vom Heiligensee
1955: Rosenmontag
1955: Sohn ohne Heimat
1955: Die Försterbuben
1956: Das Erbe vom Pruggerhof
1956: Der Glockengießer von Tirol
1956: Kleines Zelt und große Liebe
1956: Der Schandfleck
1956: Zwischen uns die Berge
1957: Robinson soll nicht sterben
1957: Der Jungfrauenkrieg
1957: Der König der Bernina
1957: Der 10. Mai
1957: Die Heilige und ihr Narr
1957: Der Pfarrer von St. Michael
1958: Es geschah am hellichten Tag
1958: … und nichts als die Wahrheit
1958: Der schwarze Blitz
1958: Ein wunderbarer Sommer
1958: Die Käserei in der Vehfreude
1959: Die ideale Frau
1959: Ich und die Kuh (La vache et le prisonnier)
1959: Hast noch der Söhne ja…?
1959: Alt Heidelberg
1960: Himmel, Amor und Zwirn
1960: Scheidungsgrund: Liebe
1960: Anne Bäbi Jowäger
1960: Immer will ich dir gehören
1960: Sabine und die 100 Männer
1961: Die Gejagten
1961: Via Mala
1961: Der Herr mit den Millionen (Le Cave se rebiffe)
Thomas Blubacher:Heinrich Gretler. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 1, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 750f.
Jörg Schöning: Heinrich Gretler – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 3, 1985.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S.390 f.
Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …’. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S.216f.
Werner Wollenberger: Heiri Gretler. Der grosse Schweizer Schauspieler. 2. Auflage. Pendo, Zürich 1978, ISBN 3-85842-024-7.
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