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Juliette Gréco (* 7. Februar 1927 in Montpellier; † 23. September 2020 in Ramatuelle) war eine französische Chansonsängerin und Schauspielerin. Sie wurde als „grande dame de la chanson“[1] bezeichnet und galt als Muse der französischen Existentialisten.

Juliette Gréco (2006)
Juliette Gréco (2006)
Juliette Gréco (1956)
Juliette Gréco (1956)

Leben


Über ihre Mutter, die während des Zweiten Weltkriegs in der französischen Résistance aktiv war, berichtete Gréco: „Meine Mutter war niemals eine richtige Mutter zu mir. Sie war ihr ganzes Leben lang Soldat. An ihrer Brust hingen unzählige Auszeichnungen und Medaillen der französischen Widerstandskämpfer … sie war eine Frau, die man achten mußte, aber nicht lieben konnte. Ich habe niemals eine richtige Familie gehabt.“[2] Ihr Vater war ein korsischstämmiger Polizist. Bevor sie nach Paris zog, lebte sie einige Zeit bei ihrer Großmutter in Bordeaux.

Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte Gréco 1937 im Alter von zehn Jahren auf einem schulinternen Talentwettbewerb. Sie wurde 1943 mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester von der Gestapo verhaftet und zuerst in ein Lager, dann in das Gefängnis Fresnes gebracht, woraus man sie nach drei Wochen wieder entließ. Ihre Mutter und ihre Schwester überlebten das KZ Ravensbrück. Grécos Verhältnis zu Deutschland blieb distanziert. 1959 trat sie erstmals in der Bundesrepublik auf. In einem Interview mit dem Fernsehsender ARTE bekannte sie 2012, junge deutsche Journalisten hätten sie damals gefragt, ob sie keinen Hass gegen die Deutschen hege, darauf habe sie geantwortet: „Nein, warum sollte ich Sie hassen, Ihre Väter vielleicht, aber nicht Sie.“ Dennoch habe sie bei ihren ersten Auftritten in Deutschland Tränen in den Augen gehabt, da sie an das abgezehrte Gesicht, das ihre Mutter und ihre Schwester bei der Rückkehr aus dem Konzentrationslager gehabt hatten, denken musste.

Nach dem Krieg blieb Gréco in Paris. Sie hielt sich mit kleineren Gesangseinlagen über Wasser und zählte bald zur Bohème der Weltstadt. In dieser Zeit kam sie mit kommunistischem Gedankengut in Berührung. 1946 eröffnete sie im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain des Prés die Kellerdiskothek „Tabou“, die zu einem legendären Treffpunkt der Existenzialisten wurde. Boris Vian spielte hier Trompete, zu ihren Stammgästen zählten Jean-Paul Sartre, Orson Welles und Marlene Dietrich. Im Kellerlokal wurde sie vom Philosophen Sartre entdeckt und gefördert: Eines Nachts, nach einer Theatervorstellung, stieg sie im Tabou auf einen Tisch und sang den Künstlern und Literaten Chansons vor. Tags darauf bestellte Sartre sie in seine Wohnung und gestand ihr, er sei davon überzeugt, dass sie bald eine der großen Chansonsängerinnen sein werde. Juliette Gréco durfte sich zwei Sartre-Gedichte aussuchen, die der Dichter dann vom Komponisten Joseph Kosma vertonen ließ. Wenig später, im Juni 1949, sang sie Sartres Chansons und vier weitere von ihm ausgesuchte Texte im Existentialistenlokal „La rose rouge“.[2]

Ron Kroon: Juliette Gréco (1966)
Ron Kroon: Juliette Gréco (1966)

Ihre Chansons wie „Si tu t’imagines“ oder „L’Éternel féminin“ wurden Ende der 1940er Jahre zu Hits. Schriftsteller wie Sartre, Françoise Sagan, Jacques Prévert, Francois Mauriac und Albert Camus schrieben für sie Texte. Gleichzeitig wurde sie als Schauspielerin bekannt. Sie nahm verschiedene Rollen am Theater an und betätigte sich in einer Poesiesendung des französischen Rundfunks. Mit der Revue „April in Paris“ ging sie 1952 auf Tournee in die Vereinigten Staaten und nach Brasilien. Ihre Anhänger feierten sie als „Königin der Existenzialisten“ und „Muse von Saint-Germain-des-Prés“.

Schon kurz nach dem Beginn ihrer Gesangskarriere kamen ab 1948 die ersten kleineren Filmrollen, 1953 die erste Hauptrolle in Jean-Pierre Melvilles Film noir „Quand tu liras cette lettre“. 1957 holte Darryl F. Zanuck sie für die Hemingway-Verfilmung „The Sun Also Rises“ mit Tyrone Power, Ava Gardner, Mel Ferrer und Errol Flynn erstmals nach Hollywood. Weitere größere Rollen in von Zanuck produzierten Filmen sollten folgen (1958 „The Roots of Heaven“ unter der Regie von John Huston, 1960 „Crack in the Mirror“ mit Orson Welles unter der Regie von Richard Fleischer, 1961 „The Big Gamble“), ebenso Rollen in europäischen Filmproduktionen. 1965 spielte Gréco eine Hauptrolle in der vor allem in Frankreich, aber auch in Deutschland sehr erfolgreichen Fernsehserie „Belphégor oder das Geheimnis des Louvre“; in der Neuverfilmung des zu Grunde liegenden Romans von Arthur Bernède mit Sophie Marceau, „Belphégor“, hatte sie im Jahr 2001 einen Cameo-Auftritt, nachdem sie seit 1975 nicht mehr schauspielerisch tätig gewesen war.

Gréco entdeckte und förderte neue Talente für das französische Chanson, so etwa Serge Gainsbourg und Leo Ferré. 1982 erschien ihre Autobiografie mit ihrem von Juliette abgeleiteten Kosenamen „Jujube“ als Titel.

Trotz ihrer Erfolge erreichte Gréco nicht die Popularität einer Édith Piaf. Diese war volkstümlich, sang mit Pathos und voller Lebenskraft. Grécos Lieder hingegen wurden meist in leisem Ton mit wohlkalkulierter Gestik vorgetragen, im kunstvollen Stil einer Diseuse, sie galten als intellektuell und waren zuweilen auch politisch. Grécos Zielgruppe war somit von vornherein kleiner.

Im deutschsprachigen Raum trat Gréco zuletzt vereinzelt mit ihrem letzten Ehemann, dem Pianisten Gérard Jouannest, auf, so am 13. November 2007 in Berlin (Admiralspalast), am 16. November 2007 in München (Prinzregententheater), am 19. Juni 2010 in Pirmasens (Festhalle) und am 1. Juli 2010 im Rahmen des Jazzfests in Wien (Staatsoper) auf. Am 5. Februar 2012 wurde anlässlich ihres 85. Geburtstags ein Interview bei ARTE ausgestrahlt, gefolgt von Aufnahmen eines Auftritts im Pariser Olympia von 2004. Am 14. April 2012 trat sie im Theaterhaus in Stuttgart vor ausverkauftem Haus auf.

Gréco war dreimal verheiratet. Aus ihrer ersten Ehe (1953 bis 1956) mit dem Schauspieler Philippe Lemaire ging eine Tochter, Laurence Marie, hervor, die 2016 gestorben ist[3]. Von 1966 bis 1977 war Gréco mit dem Schauspieler Michel Piccoli verheiratet, und 1989 heiratete sie den Pianisten Gérard Jouannest, der für sie zahlreiche Chansons komponierte und sie bei ihren Bühnenauftritten an seinem Instrument begleitete. In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit,[4] bekannte sie, dass sie auch sexuelle Kontakte zu Frauen hatte. Diesbezüglich sagte sie: „Ich wollte schließlich nicht als Idiotin sterben … Warum sollte man nicht die gleiche sinnliche und intellektuelle Liebe für eine Frau empfinden können wie für einen Mann? Seit der Antike, seit dem Bestehen der Welt liebten die Frauen Frauen. Also, wo ist das Problem?“

Gréco erlitt 1989 einen Schlaganfall und zog sich zeitweise von der Bühne zurück.[5] Bei einem Auftritt in Montpellier erlitt sie im Mai 2001 einen leichten Herzinfarkt. Mit ihrem dritten Ehemann, Gérard Jouannest, lebte sie auf einem Bauernhof in der Nähe von Paris. Ein Konzert, das Gréco im Rahmen ihrer Abschiedstournee im Januar 2017 in der Zürcher Oper geben wollte, wurde aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Jouannest starb am 16. Mai 2018 in Ramatuelle an der Côte d’Azur, wo Gréco ein Haus besaß.

Zuletzt lebte Gréco zurückgezogen und trat nicht mehr auf. Sie starb am 23. September 2020 in Ramatuelle.[6] Juliette Gréco wurde auf dem Cimetière du Montparnasse (7. Division) in Paris beigesetzt.[7]


Filmografie (Auswahl)



Diskografie



Studioalben


Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartplatzierungenChartplatzierungen[8]
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 FR  BEW
2003 Aimez-vous les uns les autres ou bien disparaissez... FR34
(13 Wo.)FR
Polydor/Universal
2006 Le Temps d’une chanson FR39
(15 Wo.)FR
Polydor/Universal
2009 Je me souviens de tout FR40
(8 Wo.)FR
BEW70
(1 Wo.)BEW
2012 Ça se traverse et c’est beau FR34
(6 Wo.)FR
2013 Gréco chante Brel FR57
(5 Wo.)FR
BEW125
(5 Wo.)BEW
2015 Merci FR189
(1 Wo.)FR
BEW186
(2 Wo.)BEW

Weitere Studioalben


Livealben



Kompilationen



Singles


deutsche Texte (Album Abendlied):


Videoalben



Orden und Auszeichnungen


OrdenStufeVerleihung
Ehrenlegion Ritter1984[9][10]
Offizier2002[9][11]
Kommandeur2012[9][12]
Ordre national du Mérite Ritter1999[9][10]
Offizier2006[9]
Komtur2015[9][13]
Ordre des Arts et des Lettres Ritter1990[14]
Offizier
Komtur2016[9][15]

Literatur




Commons: Juliette Gréco – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Juliette Gréco – Zitate

Einzelnachweise


  1. Bertrand Dicale: Juliette Greco. JC Lattès, 17. Oktober 2001, ISBN 978-2-7096-3181-5, S. 357.
  2. Zitiert nach der Rückseite der LP Juliette Gréco in Deutschland.
  3. https://www.journaldesfemmes.fr/people/magazine/2651657-juliette-greco-fille-deces/, zuletzt gesichtet am 22.3.2021.
  4. Petra Reski: Chanson: Ziehen Sie mich aus! In: Die Zeit. 46/2007, 8. November 2007, abgerufen am 7. Februar 2017.
  5. 1927–2020 : Juliette Greco ist tot orf.at, 23. September 2020, abgerufen am 24. September 2020.
  6. Véronique Mortaigne: La chanteuse Juliette Gréco est morte. lemonde.fr, 23. September 2020, abgerufen am 23. September 2020
  7. Klaus Nerger: Das Grab von Juliette Gréco. In: knerger.de. Abgerufen am 5. Januar 2021.
  8. Chartquellen: FR BEW CH
  9. Gréco Juliette. In: Les Ex-PCF – Le plus grand parti de France. Abgerufen am 22. Dezember 2021.
  10. Biographie Juliette Gréco. Highresaudio, abgerufen am 22. Dezember 2021.
  11. La promotion de Pâques. In: L'Obs. 2. April 2002, abgerufen am 22. Dezember 2021.
  12. Légion d'honneur: Simone Veil, Juliette Gréco, Michel Blanc promus le 14 juillet, online auf: nouvelobs.com/…
  13. Décret du 20 novembre 2015 portant élévation aux dignités de grand'croix et de grand officier, online auf: legifrance.gouv.fr/…
  14. Juliette Gréco. In: The International Who's Who of Women. Hrsg: Elizabeth Sleeman, 2002, abgerufen am 22. Dezember 2021.
  15. Nomination dans l'ordre des Arts et des Lettres janvier 2016, online auf: archive.wikiwix.com/…
Personendaten
NAME Gréco, Juliette
KURZBESCHREIBUNG französische Chansonsängerin und Schauspielerin
GEBURTSDATUM 7. Februar 1927
GEBURTSORT Montpellier
STERBEDATUM 23. September 2020
STERBEORT Ramatuelle

На других языках


- [de] Juliette Gréco

[en] Juliette Gréco

Juliette Gréco (French: [ʒyljɛt ɡʁeko]; 7 February 1927 – 23 September 2020) was a French singer and actress. Her best known songs are "Paris Canaille" (1962, originally sung by Léo Ferré), "La Javanaise" (1963, written by Serge Gainsbourg for Gréco) and "Déshabillez-moi" (1967). She often sang tracks with lyrics written by French poets such as Jacques Prévert and Boris Vian, as well as singers like Jacques Brel and Charles Aznavour. Her 60-year career came to an end in 2015 when she began her last worldwide tour titled "Merci".

[es] Juliette Gréco

Marie-Juliette Gréco (Montpellier, 7 de febrero de 1927-Ramatuelle, 23 de septiembre de 2020)[1] fue una cantante y actriz francesa. Fue apodada por la prensa como «La musa de los existencialistas».

[ru] Греко, Жюльетт

Жюльетт Греко́ (фр. Juliette Gréco, 7 февраля 1927 — 23 сентября 2020) — французская актриса и певица.



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