Murray Melvin (* 10. August 1932 in London) ist ein britischer Charakterdarsteller in Theater, Film und Fernsehen. 1962 gewann er die Goldene Palme in der Kategorie Bester Darsteller bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes für seine Rolle in dem britischen Filmdrama Bitterer Honig.
Leben und Karriere
Murray Melvin, 1932 als Sohn von Hugh Victor Melvin und Maisie Winifred Driscoll in London geboren, hat seinen Weg als Schauspieler von der Pike auf gelernt. Noch als Student trat Melvin dem von Joan Littlewood geleiteten Theatre Workshop innerhalb des Theaters Royal Stratford East im Londoner Stadtteil Stratford bei. Hier war er zunächst, da er keine Schauspielschule besucht hatte, zunächst Angestellter und servierte Tee, bis er erste Rollen bekam. Ab Ende der 1950er-Jahre stand er auch für Film und Fernsehen vor der Kamera, unter anderem 1961 in der allerersten Folge von Mit Schirm, Charme und Melone.
Bekannt wurde Melvin 1961 für seine Rolle als Rita Tushinghams homosexueller Freund in Tony Richardsons Adaption von Shelagh Delaneys Drama Bitterer Honig.[1] 1962 erhielt er in Cannes für diese Darstellung die Goldene Palme in der Kategorie Bester Darsteller bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes. Er hatte diese in der damaligen Zeit ebenso riskante wie bahnbrechende Rolle, als Homosexualität in Großbritannien noch illegal war, bereits ab 1958 in der Bühnenversion gespielt.[2]
Murray Melvin, mit einer hochgewachsenen Statur und markanten Gesichtszügen ausgestattet, fand sich in der Folge meist in exzentrischen und kontroversen Charakterrollen wieder.[3] Weitere Filmauftritte übernahm er in Lewis Gilberts Historienfilm Die Rebellion (1962)[4] und seiner erfolgreichen Kinoproduktion Der Verführer läßt schön grüßen (1966), des Weiteren 1966 als leicht skurriler Polizei-Gehilfe Aimes in Jack Smights Gaunerkomödie Der Gentleman-Zinker, neben Warren Beatty, Susannah York, Clive Revill und Eric Porter. Bekannt wurde Melvin auch für seine regelmäßigen Auftritte in den Filmen des Regisseurs Ken Russell,[5] mit dem er auch privat bis zu dessen Tod befreundet war.
Melvin hatte 1975 eine wichtige Nebenrolle als Reverend Samuel Runt in Stanley Kubricks Romanadaption von William Makepeace Thackerays Barry Lyndon.[6] Er erschien häufig in Literaturverfilmungen, Abenteuerfilmen und Historienstoffen. Melvin spielte auch in drei Filmproduktionen von Regisseur Peter Medak: in A Day in the Death of Joe Egg (1970), Die Krays (1990) und Gib’s ihm, Chris! (1991). Im Jahr 1998 erschien er in einer Weihnachts-Special Episode der BBC von Jonathan Creeks The Black Canary. Im Jahr 2004 trat er als Monsieur Reyer in der Verfilmung des Musicals Das Phantom der Oper von Regisseur Joel Schumacher auf. Auch mit weit über 80 Jahren steht Melvin noch vor der Kamera, so 2016 für eine Nebenrolle im Kinofilm Die versunkene Stadt Z.
Neben seiner Filmkarriere blieb Melvin ein produktiver Theaterschauspieler, der viele klassische Rollen spielte und in der Originalproduktion des Musicals Oh! What a Lovely War mitspielte. Melvin kehrte in späteren Jahren zum Theatre Royal als Treuhänder und Archivar zurück. Neben der Schauspielerei ist er auch als gelehrter und beliebter Filmhistoriker bekannt – zum Beispiel auf der BFI-DVD-Veröffentlichung der „Bill Douglas Trilogy“, einer autobiografischen Filmtrilogie des Regisseurs Bill Douglas. Als Autor veröffentlichte Melvin zwei Bücher: The Art of Theatre Workshop (2006) und The Theatre Royal, A History of the Building (2009).
Auszeichnungen
1962: Goldene Palme in der Kategorie Bester Darsteller bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes für Bitterer Honig
Filmografie (Auswahl)
1960: Die Spur führt ins Nichts (The Criminal)
1961: Mit Schirm, Charme und Melone (The Avengers; Fernsehserie, Folge Hot Snow)
1961: Bitterer Honig (A Taste of Honey)
1962: Die Rebellion (H.M.S. Defiant)
1966: Der Verführer läßt schön grüßen (Alfie)
1966: Der Gentleman-Zinker (Kaleidoscope)
1967: Smashing Time
1968: Ein Mann wie Hiob (The Fixer)
1970: Zwei Haudegen kommen selten allein (Start the Revolution Without Me)
1970: Die Teufel (The Devils)
1973: Sir Gawain und der grüne Ritter (Gawain and the Green Knight)
1975: Lisztomania
1975: Barry Lyndon
1976: Brüll den Teufel an (Shout at the Devil)
1976: Vagabund in tausend Nöten (The Bawdy Adventures of Tom Jones)
1977: Gullivers Reisen (Gulliver's Travels)
1977: Die Abenteuer des Joseph Andrews (Joseph Andrews)
1977: Der Prinz und der Bettler (Crossed Swords)
1985: Sacred Hearts
1986: Comrades
1988: Charles Dicken's Klein Dorrit (Little Dorrit)
1988: Zeugenaussage (Testimony)
1989: Slipstream
1990: Die Krays (The Krays)
1991: Gib’s ihm, Chris! (Let Him Have It)
1994: Prinzessin Caraboo (Princess Caraboo)
2000–2001: Starhunter (Fernsehserie)
2004: Das Phantom der Oper (The Phantom of the Opera)
2007: Torchwood (Fernsehserie, 2 Episoden)
2010: Hepzibah – Sie holt dich im Schlaf (Fernsehfilm)
Murray Melvin. In: James Michael Welsh, John C. Tibbetts: The cinema of Tony Richardson: essays and interviews. SUNY Press, 1999, S. 102. (books.google.de)
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