Abel Ferrara (* 19. Juli 1951 in New York) ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor und Regisseur.
Leben
Abel Ferrara wurde in der Bronx in New York geboren. Seine ersten Amateurfilme drehte er als Teenager auf Super 8. Er ist Absolvent der State University of New York at Purchase.
Seinen Ruf erarbeitete er sich mit seinen schonungslosen Porträts des Bronxer Straßenlebens. 1979 drehte er The Driller Killer. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein Maler, der auf Mordtour geht. Dieser Film, in dem er unter dem Pseudonym Jimmy Laine auch die Hauptrolle spielte, wurde sein erster kommerzieller Erfolg. Gute Kritiken für Ms. 45 (dt. Die Frau mit der 45er Magnum), einen Film über eine stumme Frau, die nach einer Vergewaltigung zur Selbstjustiz greift, halfen ihm, einen gewissen Kultstatus zu erlangen. Mit größeren Budgets und der Unterstützung der Filmindustrie gelang es ihm nun, auch namhafte Darsteller zu verpflichten. Dennoch nahm er seine Kamera weiter mit in die Abgründe New Yorks, wie sein von Robert Bresson beeinflusster[1] Low-Budget-Film Bad Lieutenant (1992) zeigte. Einen großen Einfluss auf Ferrara übte nach eigenen Angaben auch der deutsche Filmemacher Rainer Werner Fassbinder aus.
Oft nimmt sich der in den Medien als „zweifelnder Katholik“[2] bekannte Filmregisseur seines Glaubens beziehungsweise religiöser Fragen an. „In meinen Filmen ist die Religion mehr als eine Metapher“,[3] so Ferrara, der lange Zeit mit dem Drehbuchautor Nicholas St. John zusammenarbeitete, einem gläubigen Katholiken.[3] In Bad Lieutenant (Co-Autorin: Zoë Lund) deckt Harvey Keitel als Titelfigur die Vergewaltigung an einer Nonne auf, während in Das Begräbnis die Totenwache von Johnny Tempio, dem Jüngsten des katholischen Tempio-Clans, in den Mittelpunkt gerückt wird. 2005 zog Ferrara nach Rom[2], wo er Juliette Binoche die Rolle einer von Maria Magdalena besessenen Schauspielerin in dem preisgekrönten Drama Mary spielen ließ. 2013 verfilmte er die Affäre Strauss-Kahn und hat für die Hauptrollen Gérard Depardieu als Dominique Strauss-Kahn und Jacqueline Bisset als dessen Frau gewinnen können.[4] Der Film kam in vielen Ländern nicht ins Kino, sondern wurde über Streaming-Dienste vertrieben, weil man den „Voyeurismus der Filmpiraten“ fürchtete.[5] Dem Film und damit Ferrara wurden in verschiedenen Medien antisemitische Tendenzen vorgeworfen, insbesondere in der fiktionalisierten Darstellung der realen Anne Sinclair.[6]
2020 erhielt Ferrara für den Spielfilm Siberia eine Einladung in den Wettbewerb der 70. Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Ferrara, der auch eine Zeit lang am San Francisco Art Institute studiert hatte, bezog sich im Rahmen seiner Meisterklasse bei den Hofer Filmtagen 2021 auf seinen ehemaligen Dozenten Rosa von Praunheim als wichtigen künstlerischen Einfluss.
Filmografie
1971: Nicky’s Film
1972: The Hold Up
1973: Could This Be Love?
1976: Nine Lives of a Wet Pussy
1977: Not Guilty: For Keith Richards
1979: The Driller Killer – Der Bohrmaschinenkiller
1981: Die Frau mit der 45er Magnum (Ms. 45)
1984: Fear City – Manhattan 2 Uhr nachts (Fear City)
1984: Miami Vice (Episoden „The Dutch Oven“ und „The Home Invaders“)
1987: Krieg in Chinatown (China Girl)
1989: Cat Chaser
1990: King of New York – König zwischen Tag und Nacht (King of New York)
1992: Bad Lieutenant
1993: Body Snatchers – Angriff der Körperfresser (Body Snatchers)
1993: Dangerous Game (Snake Eyes)
1995: The Addiction
1996: California
1996: Das Begräbnis (The Funeral)
1997: The Blackout
1997: Subway Stories (Episodenfilm mit Beteiligung von Abel Ferrara)
1998: New Rose Hotel
2001: R Xmas (mit Drea de Matteo, Lillo Brancato, Lisa Valens, Ice-T)
1987: Deauville Film Festival – Critics Award (Nominierung) für Krieg in Chinatown (China Girl)
1998: Mystfest – Best Film (Nominierung) für Cat Chaser
1991: Mystfest – Best Direction für King of New York – König zwischen Tag und Nacht (King of New York)
1991: Mystfest – Best Film (Nominierung) für King of New York – König zwischen Tag und Nacht (King of New York)
1993: Cannes Film Festival – Goldene Palme (Nominierung) für Body Snatchers – Angriff der Körperfresser
1993: Intern. Fantasy Film Award – Fantasproto (Nominierung) für Bad Lieutenant
1993: Independent Spirit Awards – Independent Spirit Award (Nominierung) für Bad Lieutenant
1995: Berlinale – Goldener Bär (Nominierung) für The Addiction
1995: Gotham Awards – Filmmaker Award
1995: Mystfest – Critics Award für The Addiction
1995: Mystfest – Best Film (Nominierung) für The Addiction
1996: Independent Spirit Awards – Nominierung Independent Spirit Award – Bester Film für The Addiction
1996: Filmfestspiele von Venedig – OCIC Award für The Funeral
1996: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für The Funeral
1997: Independent Spirit Awards – Independent Spirit Award (Nominierung) für The Funeral
1997: Málaga Fantastic Cinema – Best Film für The Addiction
1998: New York Intern. Filmfestival – Feature Film Award für The Blackout
1998: Sitges, Catalonian Filmfest – Best Film (Nominierung) für New Rose Hotel
1998: Filmfestspiele von Venedig – Elvira Notari Prize – Special Mention für New Rose Hotel
1998: Filmfestspiele von Venedig – Filmcritica „Bastone Bianco“ Award für New Rose Hotel
1998: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für New Rose Hotel
2002: New York Intern. Filmfestival – Grand Jury Prize für ´R Xmas
2004: Flaiano International Prizes – Career Award
2005: Filmfestspiele von Venedig – Spezialpreis der Jury für Mary
2005: Filmfestspiele von Venedig – Mimmo Rotella Foundation Award für Mary
2005: Filmfestspiele von Venedig – SIGNIS Award für Mary
2005: Filmfestspiele von Venedig – Serio Trasatti Award für Mary
2005: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für Mary
2007: Montréal World Film Festival – Grand Prix des Amériques (Nominierung) für Go Go Tales
2007: eDIT Filmmakers´s Festival – Ehrenpreis für sein Gesamtwerk
2008: Sitges, Catalonian Filmfest – Time-Machine Honorary Award
2009: Miami Film Festival – Career Achievement Tribute
2011: Locarno Film Festival – Ehrenleopard für sein Gesamtwerk
2011: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für 4:44 – Last Day On Earth
2011: New York Film Festival – 4:44 – Last Day On Earth (Main Slate)
2014: Filmfestspiele von Venedig – Goldener Löwe (Nominierung) für Pasolini
2019: Film Festival Cologne – Hollywood Reporter Award für Tommaso
2020: Internationale Filmfestspiele Berlin – Goldener Bär (Nominierung) für Siberia
Literatur
[Artikel] Abel Ferrara. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl. 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 239–242 [mit Literaturhinweisen].
Angela Oster: „This is just a fucking movie. Also fahrt ab damit!“ Eine Rezensionsreise durch Abel Ferraras Film ‚Pasolini‘, anlässlich des 40. Todestages von Pier Paolo Pasolini, in: Romanische Studien, Nr. 2 (2015), S. 233–250, online: http://romanischestudien.de/index.php/rst/article/view/61
vgl. French, Philip: Art (Cinema): Casting a fly to catch a frontier Wasp In: The Observer, 21. February 1993, S. 58
vgl. Daniel Kothenschulte: Unter der Eisdecke. In: Frankfurter Rundschau, 8. September 2005, Feuilleton, S. 18
vgl. Selbstzerstörung hält mich am Leben. Ein Gespräch mit dem New Yorker Regisseur Abel Ferrara. In: Süddeutsche Zeitung, 24. Oktober 1996, Feuilleton
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