Walter Adler (* 14. September 1947 in Dümpelfeld bei Adenau) ist ein deutscher Regisseur mit Schwerpunkt auf Hörspielen für die ARD. Zuletzt waren es vor allem opulente Großproduktionen von Hörspielen mit vielen Stunden Spieldauer.
Leben
Nach dem Studium an der Schauspielschule Bochum und der Schauspielschule Berlin arbeitete Adler von 1969 bis 1971 als Regieassistent beim Südwestfunk Baden-Baden. Seit 1971 ist er freier Autor und Regisseur für Hörspiel und Theater. Insgesamt hat er über zweihundert Hörspiele inszeniert. Adler arbeitete außerdem u. a. am Schauspiel Frankfurt, Schauspielhaus Köln und dem Staatstheater Karlsruhe.
Für sein Hörspiel Centropolis (1976)[1] erhielt er den Hörspielpreis der Kriegsblinden. Die unter Adlers Regie entstandenen Hörspiele Frühstücksgespräche in Miami (1978) und Oops, wrong planet! (2012) wurden ebenfalls mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Sein 1979 produziertes Hörspiel Richthofen nach einem Text von Gert Hofmann prangerte in einer kargen und absurden Inszenierung die Waffenbesessenheit des Kampffliegers und seiner Zeit an. Die Rolle des Manfred-von-Richthofen-Förderers Reichspräsident Paul von Hindenburg sprach eine Frau, das kameradschaftliche Lachen der Militärs wurde anmoderiert („kameradschaftliches Lachen“), die Klänge der Flugzeuge und des Winds sangen die Schauspieler im Studio.
1995 begann Adler, neue Wege mit umfangreicheren Produktionen zu beschreiten und inszenierte mit über 200 Sprechern für eine 14-stündige Sendung Walter Kempowskis Dokumentation Der Krieg geht zu Ende. Sein größtes Projekt Otherland, nach Tad Williams gleichnamiger Tetralogie, ist 24 Stunden lang und wurde zwischen dem 19. Januar 2004 und dem 9. September 2005 mit über 250 Schauspielern beim Hessischen Rundfunk (HR) in Frankfurt realisiert. Es ist die umfangreichste deutschsprachige Hörspielproduktion bisher. Zwischen 2006 und 2007 entstand unter Adlers Regie im WDR ein weiteres Großprojekt: Karl Mays ‘Orientzyklus’ als 12-Stunden-Hörspiel.[2] 2010 produzierte er in Stuttgart für den SWR und HR Das Geisterhaus von Isabel Allende in sechs Teilen und einer Gesamtlänge von neun Stunden. 2013 schrieb und inszenierte er für den SWR einen Radio-Tatort.
Walter Adler ist Mitglied der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und lebt in Köln.
Werke (Auswahl)
Als Regisseur von Hörspielen
1970–1979
Autokardiogramm von Steffen, SWF. Bei Nacht sind alle Katzen grau von Rainer Puchert, SWF
Centropolis von Walter Adler, WDR/SWF/BR 1975. Vier Zimmer, Küche, Bad von Walter Adler, SWF
Lauf, Nigger, lauf von Chester Himes, Bearbeitung: Adler, WDR. Frühstücksgespräche in Miami von Reinhard Lettau, Bearbeitung: Adler, SDR
Das kleine Ohrensausen von Steinwachs, NDR
Richthofen von Hofmann, HR/NDR/RIAS. Triptychon von Frisch, Bearbeitung: Adler, DLF.
1980–1989
Kollrott von Hubert Wiedfeld, WDR. Das bunte Leben und der schwarze Tod von Harald Mueller HR/BR/SFB
Der Kopf der Hydra von Fuentes, Bearbeitung: Adler (4 Teile), WDR. Octopus von Steinbach, SDR/NDR. Fliederduft von Hull, BR
Kohlhaas von Müller (2 Teile)
Der Verdächtige von Georges Simenon, Bearbeitung: Adler, WDR
Ein anarchistischer Bankier von Fernando Pessoa, Bearbeitung: Adler, WDR
Begräbnis erster Klasse von Rodriguez, SFB 1989. Hang up von Anthony Minghella, DLF. Blauer Adler - Roter Hahn von Christoph Buggert, WDR
1990–1999
Das Kraut im Taschentuch von Wehlack, SDR. Zur schönen Aussicht, WDR
Das Glück der Anderen von Stewart O'Nan, Bearb.: Adler, SWR
Cobains Asche von Agnieszka Lessmann, SWR
Orientzyklus 01-12 von Karl May, Bearb.: Adler, WDR
Basic Beliefs von Michael Esser, WDR
Der eigentliche Zweck des Krieges von Walter Adler, WDR
Das Treibhaus von Wolfgang Koeppen, HR/SWR/WDR
20.000 Meilen unter den Meeren von Jules Verne, MDR/Radio Bremen 2003
2010–
Verblendung (3 Teile) von Stieg Larsson, Bearb: Adler, WDR EinsLive.
Das Geisterhaus (6 Teile) von Isabel Allende, Bearb: Adler, SWR/HR
Der 8. Zwerg (2 Teile) von Ross Thomas, Bearb: Adler, WDR. Domino von Christoph Buggert, MDR/WDR. Oops, wrong planet von Gesine Schmidt, DLF/WDR. Tödliche Kunst von Katja Röder und Fred Breinersdorfer, SWR
Radio-Tatort Wilde Tiere von Walter Adler, SWR
Dshan Trolle nach Platonow SWR
Herz der Finsternis (5 Teile) nach einem nicht verfilmten Drehbuch von Orson Welles, nach der gleichnamigen Erzählung von Joseph Conrad, Bearb.: Adler, WDR.
Licht im August W Faulkner [4 Teile] Berb.: Adler, SWR
Brüder (26 Teile) von Walter Adler nach dem Roman von Hilary Mantel, WDR
Als Ich Im Sterben Lag W Faulkner [3 Teile] Bearb.: Adler, SWR
Imperium und Eurotrash von Christian Kracht, Bearb.: Adler, HR und SWR
Eurotrash Chr. Kracht, Bearb. Adler, SWR & HR
Originalhörspiele, als Autor
Tod eines Einzelhändlers, zusammen mit Bernd Lau, WDR/SWF 1973
Centropolis, WDR/BR/SWF 1975
Familienbande, zusammen mit Bernd Lau, WDR/SWF 1977
Kaspar Hans und Wurste Peter, HR 1977
Draußen im Land, HR 1978
Oberleisamplin, HR 1979
Wer sagt denn, daß es zeitgenössisch ist, in die Menge zu schießen, zusammen mit Bernd Lau, HR 1981
Rechtfertigung einer gewissen Traurigkeit, WDR 1983
Der Kipplinger-Report, HR/WDR 1984
Macuilxochitl, DLF 1985
Die Vollendung der Duldsamkeit, HR/SWF/BR 1991
Vier Zimmer Küche Bad, SWF
Der eigentliche Zweck des Krieges WDR 2008
Wilde Tiere, Radio-Tatort, SWR 2013
Theaterinszenierungen, als Regisseur
Der Vater von August Strindberg, Wallgrabentheater Freiburg
Da nahm der Himmel auch die Frau von Pohl, Schauspiel Frankfurt [1979]
Hamletmaschine von Heiner Müller, Schauspiel Frankfurt [1980]
Vor dem Ruhestand von Thomas Bernhard, Schauspiel Köln
Das Treibhaus von Harold Pinter, Theater Arnheim
The Mission von Heiner Müller, Soho Poly London
Sommer von Bond, Schauspiel Köln
Top Girls von Churchill, Schauspiel Köln
Zappzarapp von Deichsel, Schauspiel Köln
Dämonen von Noren, Schauspiel Köln
Tabula Rasa von Sternheim, Staatstheater Karlsruhe
Was Ihr wollt von William Shakespeare, Schauspiel Köln
Galileo Galilei von Bertolt Brecht, Düsseldorfer Schauspielhaus
Komödie im Dunkeln von Shaffer, Düsseldorfer Schauspielhaus
Orgie - Schweinestall von Pier Paolo Pasolini, Düsseldorfer Schauspielhaus
Lügengespinst von Shepard, Düsseldorfer Schauspielhaus
Unbeständigkeit auf beiden Seiten von Marivaux, Düsseldorfer Schauspielhaus
Ich, Feuerbach von Tankred Dorst, Düsseldorfer Schauspielhaus
Ärztinnen von Rolf Hochhuth, Schauspielhaus Zürich
Die kleinen Füchse von Hellman, Düsseldorfer Schauspielhaus
Das zweite Kapitel von Simon, Tourneetheater Kempf
Übersetzungen
Auf Brooklyns Dächern von Bob Leucie, im Original: Brooklyn Roofs, für ein WDR-Hörspiel
Dunkle Waise von David Zane Mairowitz, im Original: Dark Orphan, für ein NDR-Hörspiel
Preise
Förderpreis (Literatur) der Stadt Köln
Hörspielpreis der Kriegsblinden 1976 für Centropolis von Walter Adler (Autorenpreis)
Hörspielpreis der Kriegsblinden 1978 für Frühstücksgespräche in Miami von Reinhard Lettau (Bearbeitung und Regie)
Kurd-Laßwitz-Preis 2002 für Tokio liebt uns nicht mehr [Tokio ya no nos quiere] von Ray Loriga (Bearbeitung & Regie)
Deutscher Hörbuchpreis (Beste Fiktion) 2011 für Das Geisterhaus [Isabel Allende] (Bearbeitung & Regie)
Hörspielpreis der Kriegsblinden 2013 für Oops, wrong planet! von Gesine Schmidt (Regie)
Robert-Geisendörfer-Preis der Evangelischen Kirche, 2013 für Oops, wrong planet! (Regie)
Kurd-Laßwitz-Preis 2014 für FOXFINDER von Dawn King - SWR - (Regie)
Hörspiel des Jahres 2015 für Dshan von Lothar Trolle (Regie)
Literatur
Oliver Weilandt: Kämpfer im Formatland. In: Cut, Jg. 8, H. 12 (Winter 2004/2005). S. 18–23.
Michael K. Hageböck: Futuristisches Kopfkino. Interview mit dem Hörspiel-Regisseur Walter Adler. In: Quarber Merkur, 109/110, Franz Rottensteiners Literaturzeitschrift für Science Fiction und Phantastik, Passau 2009, ISBN 978-3-939914-13-6.
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