Die Saat ist ein Film von Mia Maariel Meyer, der im Juni 2021 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin seine Premiere feierte und im April 2022 in die deutschen Kinos kam.
Rainer Matschek, seine Frau Nadine und ihre Tochter haben gerade ein renovierungsbedürftiges Häuschen am Stadtrand bezogen. In Folge der Gentrifizierung und dadurch gestiegener Mieten war ihnen ihre Wohnung in der Stadt zu teuer geworden. Jetzt, wo Rainer nach Jahren bei Klose Bau die Bauleitung für die Arbeiten an Musterwohnungen übertragen bekam und Klose Junior ihm garantierte, bei erfolgreichem Geschäftsabschluss mit Investoren diese Position behalten zu können, verfügt der gelernte Fliesenleger über das nötige Einkommen für die Hypothek, zudem auch Nadine dazuverdient. Ihre 12-jährige Tochter Doreen trifft der Umzug hart. Sie vermisst ihre Freundinnen in der Stadt, besonders Frieda, und fürchtet, keine neuen Freunde zu finden. Dann jedoch macht sie die Bekanntschaft von Mara aus der Nachbarschaft.
Rainer wird auf der Arbeit unter Druck gesetzt, und obwohl er eine pünktliche Fertigstellung verspricht, setzt man dem Bautrupp Herrn Kleemann vor die Nase, weil die Investoren hierauf bestehen würden, so Klose Junior. Auch Rainers Kollegen können die Entscheidung nicht verstehen, dass der Rainers Job übernehmen soll, besonders weil der sich immer für seine Mitarbeiter stark gemacht hat. Mit dem Verlust seiner gerade erworbenen Position verliert Rainer auch einen Teil seines Lohns. Rainer, der mit Klose Junior befreundet ist, besucht ihn in dessen schickem Haus. Als Freund und Chef verspricht er ihm die Bauleitung beim nächsten Projekt.
Die schwangere Nadine will zum Ausgleich bis dahin mehr Stunden im Krankenhaus übernehmen, doch als es in ihrer Schwangerschaft zu Komplikationen kommt und sie selbst ins Krankenhaus muss, kann sie gar nicht mehr arbeiten. Sein neuer Chef zeigt kein Verständnis dafür, dass er an diesem schwierigen Tag nicht arbeiten kann, Rainer jedoch sind die ihm angedrohten Konsequenzen egal, auch weil er ohnehin einen Jobwechsel plant. Seine Suche nach einem neuen Job gestaltet sich schwierig. Ohne Erfahrungen will ihm keiner die Chance geben, sich als Bauleiter zu beweisen. Von Existenzängsten geplagt, beginnt Rainer sogar, seine Tochter anzubrüllen, die in ihrer Einsamkeit schon völlig verzweifelt ist. Zudem hat Mara sie zu Dingen angestiftet, bei denen Doreen nicht wirklich wohl war.[2]
Regie führte Mia Maariel Meyer, die gemeinsam mit Hanno Koffler auch das Drehbuch schrieb. Koffler spielt im Film zudem Rainer Matschek. Meyer ist seine Lebensgefährtin, und Koffler war bereits in ihrem Spielfilmdebüt Treppe aufwärts in der Hauptrolle zu sehen.[3] Anna Blomeier spielt Rainers Ehefrau Nadine, die Nachwuchsschauspielerin Dora Zygouris ihre Tochter Doreen.
Meyer und Koffler wollten mit ihrem Film nicht nur vom „Leben der Anderen“ erzählen, sondern ließen eigene Erfahrungen aus einem mittelschichttypischen Haushalt mit zwei Kindern in ihr Herzensprojekt einfließen.[4] Über den von ihm gespielten Rainer sagte Koffler, dieser wolle ein guter Mensch sein und auf beruflicher und privater Ebene alles richtig machen. Ihn habe dabei die Frage interessiert, "Warum ist es eigentlich so schwer, ein guter Mensch zu sein? [...] Wer zwingt uns denn dazu eigentlich, für den Wettbewerb in der Arbeitswelt härter zu sein? Warum müssen wir das tun?" Rainer wolle gar nicht Patriarch und Alleinversorger der Familie sein, komme aus dieser Rolle jedoch nicht raus.[3]
Als sie anfingen, an dem Drehbuch zu schreiben, wollten sie einen Film machen, in dem es um die Entstehung von Gewalt geht. Im kreativen Prozess hätten sie für sich herausgefunden, dass es in der Geschichte eigentlich um Druck geht. "Dieser enorme, allgegenwärtige Leistungsdruck führt zu einem Mangel an Empathie und schreit gleichzeitig nach einem Ventil. In unserer Gesellschaft wird es belohnt, wenn man Leistung bringt und funktioniert, das gilt für alle Schichten", so Koffler, der dieses System als "kapitalistisches Hamsterrad" beschreibt. Viele Menschen würden diesen Druck dann entweder weiter nachgeben oder daran zerbrechen.[5]
Koffler arbeitete in Vorbereitung auf seine Rolle auf einer Baustelle und war mit einer Truppe von Fliesenlegern unterwegs.[5]
Der Film erhielt von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg eine Produktionsförderung in Höhe von 500.000 Euro und vom Deutschen Filmförderfonds in Höhe von rund 216.000 Euro.[6][7]
Die Dreharbeiten fanden im Sommer 2020 zur Zeit der Coronavirus-Pandemie unter Federführung der Baden-Badener Filmproduktionsfirma kurhaus production statt.[8] Gedreht wurde von Ende Juli bis Anfang September 2020 in Baden-Württemberg, unter anderem auf einer Baustelle in Baden-Baden.[9][8] Als Kameramann fungierte Falko Lachmund.
Die Weltpremiere erfolgte am 10. Juni 2021 im Rahmen des Open Air stattfindenden Berlinale Summer Special, wo er in der Sektion Perspektive Deutsches Kino gezeigt wurde.[10][11] Im Oktober 2021 wird er beim Filmfest Emden-Norderney vorgestellt.[12] Im November 2021 wurde er beim Cambridge Film Festival gezeigt.[13] Der Kinostart in Deutschland erfolgte am 28. April 2022.[14] Von Ende Mai bis Mitte Juni 2022 wurde er beim German Film Festival in Melbourne gezeigt.[15]
Peter Gutting schreibt in seiner Funktion als Filmkorrespondent der Gilde deutscher Filmkunsttheater, Regisseurin Mia Maariel Meyer schildere ihre Geschichte vom unaufhaltsamen Abstieg eines Vorarbeiters mit präzisem Blick auf das Milieu. Sie interessiere sie sich für die Mechanismen der Arbeitswelt und die konkreten Bedingungen der Baubranche mit einer Souveränität im Detail, die selten sei im deutschen Kino. Mit eindringlichen akustischen und visuellen Mitteln erzeuge das Sozialdrama einen spannenden Sog, dem sich das Publikum kaum entziehen kann. In ihrer differenzierten Studie über die kapitalistische Leistungsgesellschaft seien Meyer und ihr Lebenspartner, Koautor und Schauspieler Hanno Koffler nicht auf Anklage und klare Lösungen aus: „Die Saat reißt mit und bietet Anknüpfungspunkte für sämtliche sozialen Milieus [...]. Vor allem aber ist der zweite Film von Mia Maariel Meyer auch eine Studie über Väter und Töchter. Beider Perspektiven halten sich die Waage und werden in eindrücklichen Parallelmontagen gegeneinander gestellt.“[4]
Sascha Westphal von epd Film erklärt in seiner Kritik, Meyer lasse in ihrem Film keinen Zweifel daran, dass die gehobene Mittelschicht eine geschlossene Gesellschaft ist, die ihre Privilegien rücksichtslos verteidigt. Doreen verstehe die Gesetze dieser für sie neuen Welt zu spät, und Rainer müsse erkennen, dass er sich über seine Zukunft Illusionen gemacht hat: "Wer wie Rainer glaubt, es allein durch Fleiß und Arbeit schaffen zu können, wird letzten Endes nicht nur scheitern, sondern innerlich und äußerlich zerstört werden." Es sei schmerzhaft, mitzuerleben, wie sich die Wut in ihm und Doreen immer mehr aufstaut, so Westphal, und aus zwei Sympathieträgern würden Menschen, die mit dem Rücken an der Wand stehen.[16]
Braunschweig International Film Festival 2021
Deutscher Schauspielpreis 2022
Exground Filmfest Wiesbaden 2021
Fernsehfilmfestival Baden-Baden 2021
Festival des deutschen Films 2021
Filmfest Emden-Norderney 2021