Und morgen die ganze Welt ist ein deutsch-französischer Spielfilm aus dem Jahr 2020 von Julia von Heinz mit Mala Emde. Die Premiere erfolgte am 10. September 2020 im Rahmen der 77. Internationalen Filmfestspiele von Venedig,[2] wo der Film in den Wettbewerb um den Goldenen Löwen eingeladen wurde.[3] In Deutschland wurde der Film im September 2020 als brancheninterner Eröffnungsfilm der Filmkunstmesse Leipzig[4] gezeigt und eröffnete am 20. Oktober 2020 die Internationalen Hofer Filmtage.[5][6] Der deutsche Kinostart war am 29. Oktober 2020.[3] Anfang Mai 2021 wurde der Film auf Netflix veröffentlicht.[7] Auf Arte wurde der Film am 10. Juni 2022 ausgestrahlt.
Der Titel des Films ist der Zeile „Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt“ aus dem nationalsozialistischen Propagandalied „Es zittern die morschen Knochen“ entnommen.[8][9][10][11][12]
Luisa ist eine junge Mannheimer Jurastudentin aus einer wohlhabenden Familie. In Deutschland kommt es zu einem Rechtsruck, es finden Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und gewaltsame Übergriffe statt. Rechte Parteien wie die „Liste 14“ (deren Polit-Design eine Anspielung auf die AfD darstellt)[13] finden zunehmend Akzeptanz in der Bevölkerung. Luisa will dabei nicht tatenlos zusehen, sondern etwas dagegen unternehmen.
Daher schließt sie sich einer Antifa-Gruppe an, in der sich ihre Freundin Batte engagiert. Zu den Mitgliedern der Gruppe gehören auch Alfa und Lenor. Sie möchten militant gegen Rechtsextreme vorgehen und deren Aufmärsche verhindern. Auch für Luisa wird Gewalt zunehmend ein akzeptables Mittel.[14][6]
Bei einem Aufmarsch rechtsextremer Gruppen in einer Provinzstadt erweist sich die Bedrohungskulisse als so beängstigend, dass die eigentlich zu einer Gegendemonstration angereiste Antifa-Gruppe sich lieber zurückzieht und zunächst darauf beschränkt, die abseits geparkten Autos der Rechtsextremen zu demolieren. Nachdem sich längere Zeit weiter nichts ereignet, entschließt sich die Antifa, auf die Rückkehr der Rechtsextremen zu warten, um sie körperlich anzugreifen. Der Überfall eskaliert, und Luisa wird schwer am Bein verletzt. Ihre Freunde bringen sie zu einem allein lebenden Altlinken mit kriminellem Hintergrund aus dem Umfeld der Revolutionären Zellen, der über das erforderliche medizinische Können verfügt, um ihre Verwundung zu versorgen.
Die Gruppe bringt einen aus den 1980er Jahren gerichtsnotorischen Rechtsextremen durch eine Finte dazu, in seiner Wohnung lagernde Beweismittel durch Gleichgesinnte auslagern zu lassen. Dies führt die Gruppe zu einem abseits gelegenen Basislager der Rechten, in dem sich weitere Beweismittel einer rechtsextremen Verschwörung finden. Luisa motiviert dies dazu, immer radikaler auf militante Einsätze gegen die Rechten zu insistieren, was sie zunehmend in eine Außenseiterrolle innerhalb der Antifa treibt.
Schließlich mündet die Handlung in eine verschärfte polizeiliche Überwachung des linksautonomen Zentrums im Mannheimer Stadtteil Jungbusch.
Produziert wurde der Film von Seven Elephants (Produzenten: Fabian Gasmia, Julia von Heinz) in Koproduktion mit Kings & Queens Filmproduktion (Produzenten: Julia von Heinz, John Quester) und Haïku Films (Produzenten: Thomas Jaeger, Antoine Delahousse) im Auftrag von SWR, WDR, Arte und dem Bayerischen Rundfunk.[14]
Unterstützt wurde die Produktion vom FilmFernsehFonds Bayern, der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, der Filmförderungsanstalt, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, Deutsch-französische Minitraité, CNC Centre national du cinéma et de l’image animée und dem Deutschen Filmförderfonds.[14][15][16] Die finanzielle Unterstützung der Filmförderungsanstalt betrug 310.000 Euro.[17]
Für das Kostümbild zeichnete Maxi Munzert verantwortlich, für das Szenenbild Christian Kettler, für den Ton Marcus Vetter und für die Maske Eva Schubert.[15][16] Die HipHop-Gruppe Neonschwarz steuerte Stücke bei.[12]
Nach der Veröffentlichung des Trailers veröffentlichte die Alternative Kultur Nürnberg e.V., der Träger eines Jugend- und Kulturzentrums namens „Projekt 31“ und Kulturpreisträger der Stadt Nürnberg, ein Statement, in dem der Trailer als rufschädigend für das Kulturzentrum kritisiert wurde. Zuvor hatte das Plenum des Zentrums eine angefragte Zusammenarbeit mit den Filmemachern aufgrund von aus seiner Sicht klischeehaften und heteronormativen Rollenbildern im Film abgelehnt.[18][19][20]
Tobias Kniebe attestierte dem Film in seinem anlässlich der Filmfestspiele in Venedig in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Beitrag, „schon in den ersten Bildern ein Gefühl der Dringlichkeit“ zu vermitteln. Dass Regisseurin und Autorin Julia von Heinz selber lange Zeit der Antifa angehörte, hebe den Film, so Kniebe, über die üblichen Versuche einer Milieustudie hinaus. Des Weiteren merkt der Autor an, dass der Film keine Antworten geben, sondern Erschrecken und Zweifel in den Zuschauern weiterbrennen lassen wolle.[21]
Im Beitrag des heute-journal heißt es, dass dies „ein packender, ein schmerzlich aktueller, aber auch ein erfrischend junger Film“ sei und dass vor allem Hauptdarstellerin Mala Emde zu überzeugen wisse.[22]
Barbara Schweizerhof schrieb in der Saarbrücker Zeitung, dass die Stärke des Films die Direktheit sei, mit der die Regisseurin auf der Seite der jungen Helden stehe. Aber gerade weil sie die Perspektive so einschränke und außerhalb des engen Kreises kaum richtige Charaktere entwickele, bleibe ihr Film am Ende doch sehr schematisch. Die rechte Szene verkomme zur bloßen Chiffre aus schwarz gekleideten, höhnisch lachenden Männern. Und die Gewaltfrage reduziere der Film schwammig auf die emotionale Ebene.[23]
Dietmar Dath meinte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass das Kinodrama parteilich sei, aber kein bisschen platt. Der Film zeige den rechten Feind fast nur von außen. Das brenzligste Thema des Films sei der Umstand, dass Antifaschismus an den Faschismus gefesselt sei wie der Schutzmann mit Handschellen an den festgenommenen Killer, dass es in diesem Kampf also eher gegen als für etwas gehe.[24]
In der linken Wochenzeitung Jungle World kritisierte Tobias Prüwer,[25] der Film komme allzu oft „nicht über jene Klischees hinaus, die er zu kritisieren vorgibt“. Die Militanzdebatte werde „drastisch verkürzt“, immer wieder stelle der Film unvermittelt Bezüge zum Terrorismus her und inszeniere letztlich eine extremismustheoretische Gleichsetzung von links und rechts. Der Film erzähle „eine typische Coming-of-Age-Geschichte, die plump in einem Umfeld angesiedelt wurde, das die Regisseurin unter Antifa versteht“, und erwecke den Eindruck, bei letzterer handele es sich „um einen Zusammenschluss verwöhnter Bürgerkinder, deren Herkunft es ihnen erlaubt, moralisch zu urteilen“. Um zu belegen, dass diese Darstellung Bildern entspreche, „die Ermittlungsbehörden nicht anders zeichnen würden“, verwies er auf die Analogie des Plots mit einer kürzlich erschienenen Darstellung von Linksextremismus im Magazin der Gewerkschaft der Polizei.[26]
In der Berliner Tageszeitung taz bescheinigte Andreas Fanizadeh dem Film hingegen eine gelungene und authentische Darstellung der Antifa-Szene.[27]
Im Zuge der Filmfestspiele von Venedig äußerten sich auch die internationalen Medien überwiegend positiv zum deutschen Wettbewerbsbeitrag. Wendy Ide von Screen Daily fand den Film “as timely as it is bracingly entertaining” (sowohl aktuell als auch spannend unterhaltsam).[28] Guy Lodge von Variety bezeichnete ihn als “an urgent German Thriller of anti-fascist youth in revolt” (ein eindringlicher deutscher Thriller antifaschistischer Jugend im Aufstand).[29] Und im britischen Guardian schrieb Xan Brooks: “proceeding along its stealthy course, Von Heinz’s tense, well-textured film treads a chilly, liminal country.”[30]
Internationale Filmfestspiele von Venedig 2020
Deutscher Kandidat für den besten internationalen Film für die Oscarverleihung 2021[33]
Biberacher Filmfestspiele 2020
Bayerischer Filmpreis 2020
Deutscher Schauspielpreis 2021
Deutscher Filmpreis 2021
Darüber hinaus gelangte der Film auch in die Vorauswahl für die Golden Globe Awards 2021 (Bester fremdsprachiger Film).