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Egon Vietta (* 11. November 1903 in Bühl/Baden; † 29. November 1959 in Darmstadt; wirklicher Name: Karl Egon Fritz) war ein deutscher Reiseschriftsteller, Essayist, Dramatiker und Kritiker.


Prägung


Viettas zahlreiche Veröffentlichungen, darunter mehr als 20 Bücher, charakterisieren ihn als einen vielseitigen, leidenschaftlichen und polemischen Kulturmenschen, der von der Existenzphilosophie Martin Heideggers geprägt war. Seit Herbst 1935 war Vietta, damals Beamter in Karlsruhe, mit dem Maler Willi Baumeister (1889–1955) befreundet, der im Dritten Reich als „entarteter Künstler“ diffamiert wurde und trotz Berufsverbots heimlich arbeitete. Vietta erwarb in dieser Zeit mehrere Bilder Baumeisters, u. a. Mit Horizontlinie (heute Westfälisches Landesmuseum Münster). Er korrespondierte mit bedeutenden Zeitgenossen wie Gottfried Benn und Hermann Broch; der Briefwechsel mit Letzterem wurde 2012 veröffentlicht.[1]

Seinen Bühnenwerken war keine bleibende Resonanz beschieden. Die Veröffentlichungen als Theater- und Kunstkritiker, dahingegen, wirkten über sein Lebensende hinaus.


Wirken im Dritten Reich


Während des Dritten Reiches war Vietta ähnlich wie Rudolf Bach (Sizilische Tage, 1940), Werner Helwig (Raubfischer in Hellas, 1939; Im Dickicht des Pelion, 1941), Gustav René Hocke (Das verschwundene Gesicht, 1939), Erhart Kästner (Griechenland. Ein Buch aus dem Kriege, 1942) und Eckart Peterich (Die Götter und Helden der Griechen, 1938) einer literarischen Strömung zuzurechnen, die den Versuch unternahm, eine als zeitlos und ideal gedachte, in der antiken mittelmeerischen Kultur wurzelnde Humanität zu beschwören. Diese Haltung verstand sich als Abkehr vom Zeitgeist, obgleich auch die Ästhetik des Faschismus und des Nationalsozialismus sich auf die Antike berief. Vietta trat im Jahr 1937 der NSDAP bei.[2]

Ein Beispiel dieser literarischen Neoklassik ist Viettas 1943 veröffentlichte, in seltsam zeitloser Gegenwart angesiedelte Erzählung Corydon. Ihr Titel spielt auf Vergils II. Ekloge an, die von der Liebe des Hirten Corydon zu dem schönen Knaben Alexis handelt, und zitiert damit ein homoerotisches Motiv. Ebenfalls unter dem Titel Corydon hatte sich André Gide in seinen Quatres dialogues socratiques (1911, endgültige Fassung 1924) mit der Homosexualität auseinandergesetzt. Dennoch erweckt Viettas Erzählung eher den Eindruck eines Spiels mit gelehrten Zitaten als den eines „Schlüsselwerkes“ im engeren Sinn. Sie handelt vor griechischer Kulisse von der Freundschaft des Ich-Erzählers Eduard, eines deutschen Arztes, mit dem Maler Gil, der sich weigert, sesshaft zu werden und bürgerlichen Ansprüchen zu genügen. Eduard übernimmt die Erziehung von Gils Sohn Corydon.


Dramaturg


Als Theaterdramaturg in Darmstadt gewann Vietta nach dem Krieg seinen Freund Baumeister für Bühnenbilder und Kostümentwürfe. Auch gehörte Vietta zu den Organisatoren des Darmstädter Gesprächs 1955, anlässlich dessen Intendanten, Regisseure und andere Intellektuelle — unter ihnen Theodor W. Adorno und Friedrich Sieburg — die ersten zehn Jahre deutschen Nachkriegstheaters kritisch resümierten. Dort und in seiner Kampfschrift Katastrophe oder Wende des deutschen Theaters (1955) griff Vietta das System der subventionierten Staatstheater an, die lediglich eine „Funktion im öffentlichen Haushalt“ seien; demgegenüber trat er dafür ein, der Bühne ihren aus der Antike stammenden kultischen Charakter als „Ort der Offenbarung“ zurückzugeben. Viettas Haltung ist daher von Ernst Schumacher als reaktionär kritisiert[3] und — insofern gewiss überzogen — sogar in die Nähe der NS-Ideologie gerückt worden. Auch der Kritiker Friedrich Luft hat zwar die von Vietta und anderen formulierte „Umsturztheorie“ als radikal abgelehnt, aber darauf hingewiesen, dass die Kritik am „Repräsentations- und Subventionstheater“, in dem „nichts für uns und heute Zutreffendes“ geschehe, durchaus ihre Berechtigung hatte.[4]


Privatleben


Der Literaturwissenschaftler Silvio Vietta ist Egon Viettas Sohn.


Werke



Als Herausgeber



Briefwechsel





Siehe auch



Einzelnachweise


  1. Egon Vietta, Silvio Vietta, Roberto Rizzo: "Sich an den Tod heranpürschen -- ": Hermann Broch und Egon Vietta im Briefwechsel 1933-1951. Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-1088-9.
  2. Siehe Alexander Cammann, Adam Soboczynski: Es ist wieder da, in: Die Zeit, 23. Januar 2014
  3. Theater der Zeit — Zeit des Theaters, München 1960, S. 179.
  4. Theater in Deutschland oder das überfüllte Vakuum, in: Jahresring 55/56, Stuttgart 1955, S. 369 ff.
Personendaten
NAME Vietta, Egon
ALTERNATIVNAMEN Fritz, Egon (wirklicher Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Reiseschriftsteller, Essayist, Dramatiker und Kritiker
GEBURTSDATUM 11. November 1903
GEBURTSORT Bühl
STERBEDATUM 29. November 1959
STERBEORT Darmstadt



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