Ijoma Alexander Mangold (Aussprache: [ˈɪːdʒoˌmaː …] geb. 2. März 1971 in Heidelberg) ist ein deutscher Literaturkritiker und Autor.
Ijoma Mangold wuchs bei seiner Mutter, einer in Schlesien geborenen Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, in Dossenheim auf. Seinen Vater, einen nigerianischen Kinderchirurgen und Chief eines Dorfes, und dessen zweite Familie lernte er erst als Zweiundzwanzigjähriger kennen.[1] Er versteht sich, so schreibt er ironisch, als „gänzlich unfundamentalistischer Schlesienvertriebener der zweiten Generation“. Sein Aussehen, mit dem er „erkennbar das Klassenziel der Nürnberger Rassengesetze verfehlt hätte“, habe er nur einmal zum Gegenstand eines anekdotisch gehaltenen Zeitungsartikels gemacht. „Es war in der Zeit, als die Parteien über die deutsche Leitkultur diskutierten.“[2] Als Jugendlicher las er sich dank des Bücherschranks seiner Mutter durch die Weltliteratur. Seine Lieblingslektüre wurde Marcel Prousts Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.[3] Zudem machte ihn seine Mutter mit Theaterstücken und Opern bekannt. Während seiner Jugend gehörte der Sänger Kofi „Linguist“ Yakpo von der Heidelberger HipHop-Gruppe Advanced Chemistry zu Mangolds entfernterem Bekanntenkreis.[4]
Nach dem Besuch des Kurfürst-Friedrich-Gymnasiums Heidelberg studierte Mangold ab 1991 Literaturwissenschaft und Philosophie in München und Bologna.[5][6][7] Als Student arbeitete er in einem Callcenter für den Abonnement-Service der Süddeutschen Zeitung.[8] Von 2000 bis 2001 war er Redakteur bei der Berliner Zeitung, ab 2001 Feuilletonredakteur der Süddeutschen Zeitung.[9][3] Ab 2009 war Mangold stellvertretender Leiter des Feuilletons der Wochenzeitung Die Zeit und dort verantwortlich für Literatur.[10] Nach fünf Jahren als Literaturchef wurde er kulturpolitischer Korrespondent.[11]
Für die Serie Das war meine Rettung des Zeit Magazins war er neben der Fotografin Herlinde Koelbl und dem Psychologen Louis Lewitan einer der regelmäßigen Interviewer.[12] 2012 wurden die Interviews in Buchform veröffentlicht. Für die Neuausgabe des Romans Cécile (2006) von Theodor Fontane und des Schauspiels Die Räuber (2009) von Friedrich Schiller schrieb Mangold Vor- bzw. Nachworte.
Er gehörte zur Jury des Deutschen Buchpreises 2007 sowie mehrfach des Ingeborg-Bachmann-Preises und ist Jury-Mitglied der Literatur-Bestenliste des SWR.[6]
2008 übernahm er am Seminar für Deutsche Philologie der Georg-August-Universität Göttingen einen Lehrauftrag für Literaturkritik. Seine Antrittsvorlesung hielt er zum Thema Die Beteiligung des moralischen Ich an der Literaturkritik.[13][14] 2014/15 hatte er eine einjährige Gastprofessur im amerikanischen St. Louis inne.
In der Nachfolge von Elke Heidenreich moderierte er gemeinsam mit Amelie Fried von Juli 2009 bis Dezember 2010 die ZDF-Literatursendung Die Vorleser.[15] Mit Thea Dorn, Denis Scheck und Felicitas von Lovenberg gehörte er seit 2013 zum Moderatoren-Quartett der Literatursendung lesenswert des SWR-Fernsehens.[16] Seit der Neufassung des Konzepts zählte Mangold neben dem Moderatoren Denis Scheck und der Literaturkritikerin Insa Wilke zum festen Team der Sendung.
Seit Juli 2020 moderiert Mangold gemeinsam mit Lars Weisbrod und Nina Pauer den Feuilleton-Podcast Die sogenannte Gegenwart bei der Zeit.[17] Im Oktober 2021 wurde Mangold von Kulturstaatsministerin Monika Grütters für den Zeitraum 2022 bis 2024 als Literaturexperte in die Jury der Villa Massimo berufen.[18]
Mangold lebt in Berlin-Moabit[19] und in der Uckermark.[20] Er ist konfessionslos.[21]
2017 veröffentlichte Mangold das autobiografische Buch Das deutsche Krokodil. Meine Geschichte. Der Titel spielt auf das Krokodil als Bezeichnung einer in Deutschland und der Schweiz eingesetzten Lokomotive an, die ein beliebter Gegenstand von Modelleisenbahnen ist, andererseits auf seine afrikanische Herkunft. Alexander Solloch wünschte sich im NDR unter der Überschrift Mit der Katastrophe rechnen, die nicht kommt, Mangold solle noch viele Bücher jenseits der Literaturkritik veröffentlichen.[22] Ulrich Gutmair schrieb eine Buchbesprechung für Die Tageszeitung unter dem Titel Autobiografie eines Journalisten. Zwei zu eins für Deutschland. Keine Opfergeschichte: (…) der Journalist Ijoma Mangold (erzählt) von Fremdheit bei totaler Assimilation.[23] In der Süddeutschen Zeitung ging Kristina Maidt-Zinke von Mangolds Frage aus: „War ich überassimiliert?“ und hebt seine Distinktionsleidenschaft hervor.[24] „(…) ‚Blut kann sehr dick sein.‘ (…) Vater Nigerianer, Mutter aus Schlesien: Der Literaturkritiker Ijoma Mangold erzählt die Geschichte seiner Herkunft“ titelte Gerrit Bartels im Tagesspiegel.[25] In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung äußerte sich Jan Wiele zu Mangolds Autobiografie und nennt das Buch, das man auch als Roman bezeichnen könne, „eindrucksvoll“. Der Autor lehne die Psychoanalyse ab, analysiere sich aber selbst. Der Titel sei „genial gewählt“.[26] Mangold erklärte in der Fernsehsendung Sternstunde Philosophie des Schweizer TV-Senders SRF im Februar 2018:
„Erst im Schreiben ging mir auf, dass es zum Beispiel Verhaltensweisen von mir gibt, die eindeutig eine Reaktion sind auf mein Aussehen. Quasi eine prophylaktische Reaktion, wenn man so möchte. Also dieses etwas übertriebene gestochene Hochdeutsch, das ich so schnell anschlage und spreche, ist glaube ich auch der Versuch immer gewesen: Ich sehe nicht aus wie ein Deutscher, aber lasst mich nur einen Satz sagen, dann werdet ihr keinen Zweifel mehr an meinem Pass haben.“[27]
2007 erhielt Mangold den Berliner Preis für Literaturkritik. Die Jury würdigte damit „die Genauigkeit und Empathie“, mit der Mangold die Literaturkritik als literarische Gattung gestaltet.[28] Im Herbst 2020 wurde Mangold ein Stipendium in der Villa Aurora zuerkannt.
Personendaten | |
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NAME | Mangold, Ijoma |
ALTERNATIVNAMEN | Mangold, Ijoma Alexander |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Literaturkritiker |
GEBURTSDATUM | 2. März 1971 |
GEBURTSORT | Heidelberg |