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Ludwig Winder (* 7. Februar 1889 in Schaffa, Österreich-Ungarn; † 16. Juni 1946 in Baldock, Großbritannien) war ein österreichischer und tschechoslowakischer deutschsprachiger Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker.

Ludwig Winder, ca. 1920
Ludwig Winder, ca. 1920

Leben


Winder wurde als Sohn einer jüdischen Familie im südmährischen Schaffa (Šafov) geboren und ist im nahegelegenen Holleschau (Holešov) aufgewachsen.[1] Unter der Rigorosität seines Vaters, eines streng orthodoxen Juden, hatte der Junge schwer zu leiden. Er besuchte die Handelsakademie.[2] 1906 veröffentlichte er auf eigene Kosten seinen ersten Gedichtband und im Sommer 1907 trat Winder nach seiner Reifeprüfung in die Redaktion der Wiener Zeitung Die Zeit ein. Er gehörte dem so genannten Prager Kreis von Literaten an und war eng befreundet mit dem Journalisten und Philosophen Felix Weltsch und mit den Schriftstellern Oskar Baum, Max Brod und Johannes Urzidil.

Er arbeitete bei verschiedenen Zeitungen als Redakteur, Literaturkritiker, Lokaljournalist und Theaterreferent. Für die Prager deutschsprachige Tageszeitung Bohemia schrieb er zwischen 1915 und 1938 über 2.500 Feuilletonbeiträge. Gleichzeitig veröffentlichte er zahlreiche Bücher bei Verlagen in Wien, Berlin, Leipzig und Zürich, aber auch ein Theaterstück, Die Frau ohne Eigenschaften, das Robert Musil zur Vorlage für sein Opus Magnum Der Mann ohne Eigenschaften verwendet hat. 1934 erhielt der Autor den Tschechoslowakischen Staatspreis für deutschsprachige Literatur. Im österreichischen Ständestaat hingegen wurde der Roman Der Thronfolger. Ein Franz-Ferdinand-Roman 1937 kurz nach seinem Erscheinen auf der Grundlage des Traditionsschutzgesetzes[3] verboten.[4] In seinen Romanen (Die nachgeholten Freuden von 1927, Der Kammerdiener von 1943, vollständig erst 1988 veröffentlicht) setzte Winder sich immer wieder mit Herrschaft, Macht und Unterdrückung auseinander.

Nach der deutschen Okkupation der Tschechoslowakei floh Ludwig Winder am 29. Juni 1939 mit seiner Frau und der älteren Tochter Marianne[5] über Polen und Skandinavien nach England. Die jüngere Tochter blieb freiwillig in Prag zurück. Gegen Kriegsende starb sie im KZ Bergen-Belsen.

In England arbeitete Winder ebenfalls bei Zeitungen mit und schrieb weiter Romane. Unter den zwei Pseudonymen Herbert Moldau und G. A. List wurden je ein Werk veröffentlicht, unter letzterem One Man’s Answer beim Londoner Verlag George G. Harrap (1944). 1941 wurde ein Herzleiden festgestellt, dem Ludwig Winder am 16. Juni 1946 in England (Baldock) erlag. Seine Asche wurde in London beigesetzt. Postum wurde 1949 der Roman Die Pflicht veröffentlicht.[6]

2014 schrieb Peter Roos anlässlich der von Ulrich Weinzierl herausgegebenen Neuausgabe von Der Thronfolger. Ein Franz-Ferdinand-Roman über den „bis heute mäßig bekannte[n] Literat[en]“, dieser sei „nicht nur Dichter“ gewesen: „Er war Wahrnehmer von Beruf und direkt am Impuls der Information. Produktiv als Kulturjournalist, 25 Jahre in Prag, 3000 publizierte Texte, immer am Herzschlag seiner Zeit.“[7] Der Thronfolger wurde auch in den Feuilletons von Neue Zürcher Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung und Die Welt wahrgenommen und durchwegs positiv als Neu- oder Wiederentdeckung des Romans wie auch seines Autors gewürdigt.


Werke (Neuauflagen)



Literatur





Einzelnachweise


  1. Ludwig Winder, Encyclopaedia Judaica, 2008.
  2. Peter Becher: Schriftsteller Ludwig Winder. Unbeirrt an der deutschen Sprache festgehalten. Deutschlandfunk Kultur, 16. Juni 2016.
  3. Bundesgesetz zum Schutze des Ansehens Österreichs. Bundesgesetzblatt 1935 PDF
  4. Franz Haas: Viele Feinde und wenig Ehre. Psychogramm des Thronfolgers und seiner Epoche – Ludwig Winders Franz-Ferdinand-Roman von 1937 ist von stupender Unterhaltsamkeit. In: Neue Zürcher Zeitung, 7. Juni 2014, S. 53.
  5. Nigel Allan: Marianne Winder 1918-2001, an appreciation, bei Wellcome Library, London, PMC 1044426 (freier Volltext)
  6. Siehe dazu Jörg Thunecke: 'Das fehlende Kapitel – Anmerkungen zur vollständigen Fassung von Ludwig Winders Roman "Die Pflicht"', in: Exil 26 (2006), 2, S. 50–66; der Text wurde abgedruckt in: 'Das fehlende Kapitel – Anmerkungen zur vollständigen Fassung von Ludwig Winders Roman "Die Pflicht"', in: Galerie. Revue Culturelle et Pedagogique [Luxemburg] 24 (2006), 2, S. 241–292, hier S. 270–292. Leider fehlt dieses Kapitel in der Neuausgabe des Wuppertaler Arco Verlages.
  7. Peter Roos: Der erfundene Thronfolger, Der Standard, 10. Oktober 2014.
Personendaten
NAME Winder, Ludwig
ALTERNATIVNAMEN Moldau, Herbert; List, G. A.
KURZBESCHREIBUNG tschechoslowakischer Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker
GEBURTSDATUM 7. Februar 1889
GEBURTSORT Schaffa, Österreich-Ungarn
STERBEDATUM 16. Juni 1946
STERBEORT Baldock, Großbritannien

На других языках


- [de] Ludwig Winder

[en] Ludwig Winder

Ludwig Winder (7 February 1889 in Šafov – 16 June 1946 in Baldock) was an Austrian-Czech German-language writer, journalist and literary critic. He escaped Nazi persecution at the start of World War II when he and his family moved to the UK where he spent his last years.



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