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Kurt Martin Kießig (* 27. März 1907 in Gautzsch;[1] † 11. Februar 1994 in Tübingen)[2] war ein deutscher Pädagoge, Germanist, Literaturkritiker, Autor und Publizist.[3]


Familie


Kießig wurde als siebtes Kind des Journalisten Leopold Paul Kießig (* 7. Februar 1861 in Leipzig; † 25. Juli 1942 in Baiersbronn) und dessen Ehefrau Minna Emma, geborene Graul (* 12. November 1872 in Rudelsdorf; † 24. April 1955 in Markkleeberg), geboren. Von seinen Geschwistern verstarben jedoch fünf bereits im Kleinkindalter vor Martin Kießigs Geburt.[4] Deshalb erlebte er lediglich seinen älteren Bruder, den späteren Wirtschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung,[5][6][7] Fritz Werner Kießig (* 14. September 1905 in Gautzsch; † 22. April 1991 in Gilching).[4]


Schule und Studium


Königin-Carola-Gymnasium
Königin-Carola-Gymnasium
Das Augusteum der Universität Leipzig
Das Augusteum der Universität Leipzig

Kießig besuchte als Schüler zunächst Volksschulen in Gautzsch und Leipzig, danach bis zu seinem 14. Lebensjahr das Leipziger Königin-Carola-Gymnasium. Anschließend erhielt er eine fünfjährige zeitungsfachliche Ausbildung und arbeitete im Sächsischen Nachrichtenbüro seines Vaters. Dieser firmierte als „Schriftleiter Paul Kießig, Handelsjournalist, Sonder-Berichterstatter der Berliner Börsenblätter [Berliner Börsen-Zeitung, Berliner Börsen-Courier], der Frankfurter Zeitung, des Hamburger Fremdenblattes, der Kölnischen Zeitung, der Münchner Neuesten Nachrichten“.[8]

Martin Kießig entschloss sich im Alter von 19 Jahren, das Abitur nachzuholen und zu studieren. Dafür bereitete er sich an der privaten Möhring'schen Unterrichtsanstalt in Leipzig auf die Reifeprüfung vor. Die Unter- und Oberprima absolvierte er dann an der Deutschen Oberschule in Grimma, wo er Ostern 1931 das Abitur bestand.[9]

Danach studierte Kießig von Ostern 1931 bis Ostern 1935 an der Universität Leipzig. Zunächst orientierte er sich auf das Lehramt und belegte Germanistik, Geschichte und Pädagogik bei Hermann August Korff und Theodor Litt. Schließlich wechselte er jedoch aus Neigung zu Kunstgeschichte bei Theodor Hetzer und zu Philosophie, wodurch er auf das Staatsexamen und somit auf die Befähigung für das Lehramt verzichtete. Schon während seines gesamten Studiums arbeitete Kießig nebenbei als Rezensent bzw. Literaturkritiker.

Bei Hermann August Korff promovierte er 1936 über den Reformpädagogen, Barden, Theaterschaffenden und Schriftsteller Martin Luserke.[9] Kießig fuhr daher um 1935 zeitweise auf dessen schwimmender Dichterwerkstatt Krake mit, nahm dort an Lesungen und Erzählabenden teil und dokumentierte dies.[10]

Auch nach seiner ordnungsgemäßen Exmatrikulation am 15. April 1935 besuchte Kießig für weitere drei Semester philosophische und kunstgeschichtliche Übungsveranstaltungen der Leipziger Universität.[9]


Berufliches Wirken


Kießig beschäftigte sich ab seiner Studienzeit mit Ludwig Klages, einem Forschungsgebiet, mit dem er sich dann zeitlebens befasste.[11]

Während der NS-Zeit, durch die er sich aus politischen Gründen in seinem beruflichen Anspruch und Fortkommen ebenso behindert fühlte wie in seiner christlichen Einstellung, wirkte Kießig als Literaturkritiker, Rezensent und Herausgeber, z. B. für Heinrich Ellermanns Reihe Das Gedicht – Blätter für die Dichtung, bis er während des Zweiten Weltkrieges als Soldat zur Wehrmacht eingezogen wurde.[11]

Kießig besuchte die Schriftstellerin Else Ernst, die Witwe des 1933 verstorbenen Schriftstellers Paul Ernst, auf Schloss St. Georgen an der Stiefing in der Steiermark.[11] Aus der Zeit zwischen 1938 und 1945 sind zahlreiche Briefe bzw. Feldpostbriefe Kießigs an Else Ernst mit Beilagen erhalten. Der Großteil dieser Korrespondenz, Else Ernsts Antwortbriefe, fiel allerdings dem Luftkrieg zum Opfer,[12][13][14][15] als das Wohnhaus von Kießig durch Bombeneinwirkung zerstört wurde.

Im Kontext von Paul Ernsts Werk führte Kießig auch eine Korrespondenz mit dem Bonner Privatgelehrten und Publizisten Karl August Kutzbach (1903–1992), der neben seiner Forschung zu Paul Ernst auch dessen Nachlass verwaltete.[16][17]

Wohnhaft in Markkleeberg,[18] unterrichtete Kießig nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1945 in Leipzig an der Gaudig-Oberschule und nach deren politisch bedingter Schließung ab 1951 an der Leibniz-Oberschule. Parallel zu dieser Tätigkeit qualifizierte er sich hinsichtlich seiner Lehrbefähigung.

In den 1950er Jahren sah sich Kießig aufgrund politischer Anfeindung gezwungen, die DDR zu verlassen, ein Schritt, den er jedoch erst 1958 nach dem Tod seiner im hohen Alter pflegebedürftigen Mutter Emma vollzog.[19]

Die DDR-Lehrbefähigung wurde jedoch in der Bundesrepublik nicht für staatliche Schulen anerkannt, so dass er dort nur an privaten Bildungseinrichtungen lehren konnte. Den Einstieg dazu hatte ihm um 1956 sein Freund Wilhelm Hausenstein vermittelt,[20][21] durch den er sich in Bayern ansiedelte.[11] In der Folge war Kießig als Pädagoge in Altötting und Stein an der Traun, Ende der 1960er Jahre im Evangelischen Landschulheim auf Schloss Schwarzenberg bei Scheinfeld im Steigerwald tätig.[19]

Seine Vorkriegstätigkeit als Rezensent nahm Kießig wieder auf, u. a. für die Wochenzeitung Die Zeit.[22][23] Als Publizist legte er ausgewählte Werke von Paul Alverdes, Hermann Hesse und Christian Morgenstern auf, außerdem die Anthologie Dichter erzählen ihre Träume.[24] Auch als Lyrik-Autor trat Kießig hervor.[11]

Er war u. a. Klassenlehrer des Physikers und Philosophen Dietrich Koch und dessen Bruders, des Physikers Eckhard Koch.[25][26] Beide zählten später zu den DDR-Dissidenten um den Stasi-Fall, der sich aus den Protestaktionen gegen die Sprengung der Leipziger Paulinerkirche 1968 entwickelt hatte.[27][28] In dessen Kontext suchte Dietrich Koch bei seinem ehemaligen Lehrer Kießig Rat.[29]

Kießig lebte zuletzt in Filderstadt-Bonlanden[30] und verstarb im Alter von 86 Jahren während eines Klinikaufenthaltes in Tübingen an den Folgen einer Operation.[11]


Werke (Auszug)



Mitgliedschaften (Auswahl)



Einzelnachweise


  1. Als Geburtstag wird in seiner gedruckten Dissertation von 1936 der 27. März 1907 genannt, dies stimmt mit den amtlichen Angaben im Familienstammbuch und dem Reisepass überein.
  2. Sterbeort ist gemäß Nachruf in der Leipziger Volkszeitung vom April 1994 Filderstadt-Bonlanden, in anderen qualifizierten Quellen wird jedoch Tübingen genannt. Filderstadt-Bonlanden war Kießigs letzter Wohnort.
  3. Kießig, Martin, in: Deutsches Literaturarchiv Kallias, auf: kalliope-verbund.info, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  4. Standesamtliche Eintragungen im Familienstammbuch von Leopold Paul Kießig und Minna Emma Kießig.
  5. Werner Kießig: Die Großen wachsen zu Riesen heran. In: Süddeutsche Zeitung, 108 (1968), 4./5. Mai 1968, S. 25.
  6. Werner Kießig: Auslandsfonds im Schatten der Wall Street. In: Süddeutsche Zeitung, 254 (1969), Sonderbeilage Mehr Geld durch Geld, S. 25.
  7. Werner Kießig: Wolfsburg macht reinen Tisch: Audi-NSU ganz zu VW. In: Süddeutsche Zeitung, 265 (1971), 5. November 1971, S. 25.
  8. Angaben gemäß zeitgenössischer Visitenkarte Sächsisches Nachrichtenbüro, Paul Kießig.
  9. Martin Luserke. Gestalt und Werk. Versuch einer Wesensdeutung. Phil. Dissertation, Universität Leipzig. J. Särchen Verlag, Baruth/Mark 1936.
  10. Martin Kießig: Die alte ZK 14. Zu Besuch auf einer schwimmenden Dichterwerkstatt. In: Martin Luserke. Gestalt und Werk. Versuch einer Wesensdeutung. Phil. Diss., Universität Leipzig, J. Särchen Verlag, Baruth/Mark 1936, auf: luserke.net, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  11. Ralf Gnosa: Nachruf auf Dr. Martin Kießig, in: Mitteilungsblatt der Paul-Ernst-Gesellschaft e. V., Jahresanfang 1995, S. 66–69.
  12. 38 Briefe mit 6 Karten und Beilagen von Martin Kießig an Else Ernst, Signatur: 250/AM 95802 B8-5,9/1, Universitätsbibliothek Regensburg, Paul-Ernst-Archiv/Sammlung Kutzbach
  13. Nachlass von Paul Ernsts Witwe Else in rund 110 Kästen, Universitätsbibliothek Regensburg, Paul-Ernst-Archiv/Sammlung Kutzbach
  14. 25 Kästen Nachlass von Paul Ernsts Witwe Else, Universitätsbibliothek Regensburg, Paul-Ernst-Archiv/Sammlung Kutzbach
  15. Brief von Emma Kießig an Else Ernst, Signatur: 250/AM 95802 B8-5,9/2, Universitätsbibliothek Regensburg, Paul-Ernst-Archiv/Sammlung Kutzbach
  16. Paul-Ernst-Archiv/Sammlung Kutzbach, auf: uni-regensburg.de, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  17. Briefe von Martin Kießig an Karl August Kutzbach, Signatur: 250/AM 95805 B8-28,5/24, Universitätsbibliothek Regensburg, Paul-Ernst-Archiv/Sammlung Kutzbach
  18. Dr. Martin Kießig, wohnhaft Ring 46, Markkleeberg, in: Adressbuch Leipzig 1949, auf: adressbuecher.genealogy.net, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  19. EB/W.G.: Pädagoge und Autor Martin Kießig gestorben, in: Leipziger Volkszeitung, April 1994
  20. Brief von Wilhelm Hausenstein an Martin Kießig, Tutzing, 6. November 1945. In: Deutsches Literaturarchiv, Signatur: A: Hausenstein.
  21. Brief von Wilhelm Hausenstein an Martin Kießig, Herrenchiemsee, 4. Oktober 1956. In: Deutsches Literaturarchiv, Signatur: A: Hausenstein.
  22. Stefan George – Gedichte, in Die Zeit, Kritik in Kürze, 4. November 1983.
  23. Tötender Blick, in: Die Zeit, 14. Oktober 1983.
  24. Dichter erzählen ihre Träume, in: Die Zeit, Kritik in Kürze, 25. März 1977.
  25. Beschreibung eines Stasi-Falls um Dietrich Koch (Memento des Originals vom 8. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/f3.webmart.de, auf: webmart.de, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  26. Günter Fritzsch: Gesicht zur Wand: Willkür und Erpressung hinter Mielkes Mauern. Benno-Verlag, Leipzig 1994, ISBN 978-3746210698.
  27. Leserbriefe Dr. Dietrich Koch und Dr. habil. Eckhard Koch, auf: horch-und-guck.info, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  28. Dietrich Koch / Eckhard Koch: Kulturkampf in Leipzig: Denkschrift zur Wiederaufbaudebatte Universitätskirche St. Pauli. Forum Verlag, Leipzig 2006, ISBN 978-3931801205.
  29. Beschreibung eines Stasi-Falls um Dietrich Koch (Memento des Originals vom 8. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/f3.webmart.de, auf: webmart.de, abgerufen am 7. Oktober 2017.
  30. Imre Török, Birgit Grübl: Autoren in Baden-Württemberg. Silberburg-Verlag, Stuttgart 1991. ISBN 978-3925344947, S. 272, 579.
  31. Martin Kießig (Herausgeber): Dichter erzählen ihre Träume. In: Der Spiegel, 11 (1965), 10. März 1965, auf: spiegel.de
Personendaten
NAME Kießig, Martin
KURZBESCHREIBUNG deutscher Pädagoge, Germanist, Literaturkritiker, Autor und Publizist
GEBURTSDATUM 27. März 1907
GEBURTSORT Gautzsch
STERBEDATUM 11. Februar 1994
STERBEORT Tübingen



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