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Peter Härtling (* 13. November 1933 in Chemnitz; † 10. Juli 2017 in Rüsselsheim am Main[1]) war ein deutscher Schriftsteller, Herausgeber und Journalist.[2]

Peter Härtling im 80. Lebensjahr (2013)
Peter Härtling im 80. Lebensjahr (2013)

Leben


Peter Härtling (2011 beim Kinder- und Jugendprogramm des Internationalen Literaturfestivals Berlin)
Peter Härtling (2011 beim Kinder- und Jugendprogramm des Internationalen Literaturfestivals Berlin)

Peter Härtling verbrachte seine Kindheit zunächst in Hartmannsdorf bei Chemnitz, wo sein Vater eine Rechtsanwaltskanzlei unterhielt. Während des Zweiten Weltkriegs zog die Familie nach Olmütz in Nordmähren, gegen Ende des Kriegs floh sie vor der Roten Armee nach Zwettl in Niederösterreich. Im Juni 1945 starb der Vater in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.[3] Nach dem Krieg übersiedelte Härtling nach Nürtingen, besuchte dort das Max-Planck-Gymnasium und wurde Volontär bei der Nürtinger Zeitung. 1946 nahm sich seine Mutter das Leben. Deren Vergewaltigung durch russische Soldaten hatte Härtling 1945 mitansehen müssen.[4]

1948 lernte er in Nürtingen den Bildhauer Fritz Ruoff kennen, der zu seinem Mentor wurde. 1959 heiratete er die Psychologin Mechthild Maier.[5] Das Paar hat vier gemeinsame Kinder.[6]

1954/1955 war Härtling Redakteur bei der Heidenheimer Zeitung, von 1956 bis 1962 bei der Deutschen Zeitung und von 1962 bis 1964 bei der Zeitschrift Der Monat, deren Mitherausgeber er daraufhin bis zum Jahr 1970 war. In den 1960er Jahren beteiligte sich Härtling an Wahlkämpfen für die SPD, später wandte er sich von ihr ab und unterstützte die Friedensbewegung.[7]

Härtling war 1967 als Cheflektor und von 1968 bis Ende 1973 in der Geschäftsleitung des S. Fischer Verlags in Frankfurt am Main tätig. Seit 1974 arbeitete er als freier Schriftsteller. Im Wintersemester 1983/84 hielt Härtling die Frankfurter Poetik-Vorlesungen, in deren Verlauf die Erzählung Der spanische Soldat nach einer Fotografie von Robert Capa entstand. Von 1985 bis 1991 war er Mitglied der Synode der EKD.[8]

Von 1998 bis 2006 war Härtling Präsident der Hölderlin-Gesellschaft. Er war Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz,[9] der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Akademie der Künste Berlin und des PEN-Zentrums Deutschland. Ihm wurden darüber hinaus viele Literaturpreise und Auszeichnungen anderer Art zuteil, wie z. B. im Jahr 2004 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Nürtingen, in der auch ein privates Gymnasium nach ihm benannt wurde. Rund 20 Schulen wurden bislang nach ihm benannt.[10] Ab 2012 war Härtling ehrenamtlich als „Botschafter“ für die Deutsche Lungenstiftung tätig.

Peter Härtling lebte von 1973 bis zu seinem Tod im hessischen Mörfelden-Walldorf.[7]


Wirken


Arbeitszimmer von Schriftsteller Peter Härtling in seinem Wohnhaus in Mörfelden-Walldorf (März 2019)
Arbeitszimmer von Schriftsteller Peter Härtling in seinem Wohnhaus in Mörfelden-Walldorf (März 2019)

Peter Härtling widmete einen großen Teil seines literarischen Werkes – sowohl in der Lyrik als auch in der Prosa – der Aufarbeitung der Geschichte und der eigenen Vergangenheit. Der autobiografische Roman Zwettl (1973) beschäftigt sich mit der Zeit in Niederösterreich nach der Flucht der Familie vor der Roten Armee. Nachgetragene Liebe (1980) verarbeitet Härtlings Erinnerungen an den früh verstorbenen Vater. In seinem 1990 erschienenen mit Mein Roman bezeichneten Buch Herzwand beschreibt der Autor – ausgelöst durch eine Herzuntersuchung in einer Klinik – seinen Lebensweg von der Ankunft als Flüchtlingskind in Nürtingen über die Förderung in Schule und Ausbildungszeit bis zum Mitwirken an den Auseinandersetzungen um die Startbahn West des Frankfurter Flughafens.[11]

Thematisch prägend ist in Härtlings Gedichten, Essays und Kritiken auch die Heimat, die er in Württemberg gefunden hat.

Den Hintergrund für einen weiteren Schwerpunkt seines Schaffens bilden die Literatur und die Musik der Romantik. Härtling bereitete die Lebensgeschichten der Schriftsteller Friedrich Hölderlin, Wilhelm Waiblinger und E. T. A. Hoffmann sowie der Komponisten Franz Schubert und Robert Schumann in Romanbiografien auf. Mit Niembsch (= Nikolaus Lenau) leistete er einen frühen Beitrag zur Postmoderne.[12] Dem Liederzyklus Winterreise von Schubert kam eine besondere Bedeutung für Härtling zu, so dass er 1988 mit Der Wanderer ein eigenes Buch dazu veröffentlichte.[7]

„Wir gleichen dem namenlosen Wanderer. Wir wandern nicht mehr, um anzukommen, wir sind unterwegs in einer frostigen, auskühlenden Welt.“

Peter Härtling in Der Wanderer, 1988

Kinderbücher


Nachdem Härtling 1969 eine Laudatio auf den tschechischen Kinderbuchautor Jan Procházka gehalten hatte, begann er 1970, selbst Bücher für Kinder zu schreiben. Seine Kinder- und Jugendbücher behandeln meist soziale Probleme, die Kinder betreffen. In Das war der Hirbel (1973) geht es um ein geistig behindertes Heimkind und die damit verbundene gesellschaftliche Ausgrenzung,[13] Oma (1975) thematisiert das Altern und den Tod, Theo haut ab (1977) das Ausreißen von zu Hause und von den Eltern. In Ben liebt Anna (1979) verliebt sich ein deutscher Schüler in eine polnische Schülerin.


Hörfunk


Peter Härtling war langjähriger Moderator der Sendung Literatur im Kreuzverhör in hr2, dem Kulturprogramm des Hessischen Rundfunks. Von Januar 2016 bis zu seinem Tod moderierte er monatlich Das kleine Literaturquiz.


Werke


Autograph
Autograph

Gedichte



Romane, Erzählungen, Autobiografisches



Dramatik



Kinderbücher



Essays, Kritiken, Aufsätze, Reden, Interviews, Herausgaben



Ehrungen und Auszeichnungen (Auswahl)


Bei der Verleihung des Elisabeth-Langgässer-Literaturpreises mit dem Bürgermeister von Alzey Christoph Burkhard im Februar 2015
Bei der Verleihung des Elisabeth-Langgässer-Literaturpreises mit dem Bürgermeister von Alzey Christoph Burkhard im Februar 2015

Namenspate


Bislang (Stand: 2017) tragen bzw. trugen 20 Schulen in Deutschland seinen Namen.[17]

JahrOrtBundeslandSchultypBemerkungen
1991Langenfeld (Rheinland)Nordrhein-WestfalenGemeinschaftsgrundschuleseit dem 29. Oktober 1991
≤1995SchleswigSchleswig-HolsteinFörderzentrum für geistig und mehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche
≤1995WuppertalNordrhein-WestfalenFörderschule mit dem Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung
≤1995GaildorfBaden-WürttembergFörderschuleim Ortsteil Eutendorf[18]
≤1995SpringeNiedersachsenFörderschule[19]
1995FriedrichsdorfHessenGrundschule
1995RiedstadtHessenFörderschuleNeubau 2017 eingeweiht[20]
1995DüsseldorfNordrhein-WestfalenFörderschule Schwerpunkt Lernen Primarstufe und Sekundarstufe I2015 umbenannt in Alfred-Herrhausen-Schule[21]
1998WerlNordrhein-WestfalenFörderschule[22]im Ortsteil Sönnern
1998RemchingenBaden-WürttembergGrundschule
1998FaßbergNiedersachsenFörderschule[23]2013 aufgelöst[24]
1999WilferdingenBaden-WürttembergGrundschulevollständige Bezeichnung: „Peter-Härtling-Schule Wilferdingen“[25]
2003Mainz-FinthenRheinland-PfalzGrundschuleseit dem 27. Juni 2003
2007NürtingenBaden-WürttembergPrivates Gymnasium
2007Weil der StadtBaden-WürttembergFörderschule
 ?EstedtSachsen-AnhaltPrivat-Grundschule
 ?HülbenBaden-WürttembergGanztagesgrundschule[26]
 ?Mülheim an der RuhrNordrhein-WestfalenFörderschwerpunkt Emotionale u. soziale Entwicklungim Stadtteil Dümpten, 2015 geschlossen[27][28]
 ?Walheim (Aachen)Nordrhein-WestfalenFörderschule[29]Teil der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Walheim[30]
 ?WetzlarHessenGrundschule[31]
2018Berlin-SpandauBerlinGrundschuleZuvor Charlie-Rivel-Grundschule[32]
2018 Erkelenz Nordrhein-Westfalen Grundschule[33]

Literatur




Commons: Peter Härtling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. dpa/fas: Schriftsteller: Peter Härtling mit 83 Jahren gestorben. In: welt.de. 10. Juli 2017, abgerufen am 10. Juli 2017.
  2. cbu/cpa/dpa: Romancier und Kinderbuchautor: Peter Härtling ist tot. In: Spiegel Online. 10. Juli 2017, abgerufen am 10. Juli 2017.
  3. Internetseite von P. Härtling, abgerufen am 1. Oktober 2011.
  4. Mitleid für das eigene »Kind in mir«.
  5. Lebensdaten von Peter Härtling. In: haertling.de. Abgerufen am 10. Juli 2017.
  6. Ilka Scheidgen: Peter Härtling zum 80sten Geburtstag – Ein Porträt. (PDF)
  7. Vor 80 Jahren wurde der Dichter Peter Härtling geboren. Christian Lindner im Deutschlandradio Kultur vom 13. November 2013, abgerufen 13. November 2013.
  8. EKD: unter Punkt 4.7 Vermögensübersicht. (Memento vom 15. Januar 2014 im Internet Archive)
  9. Mitgliedseintrag von Peter Härtling bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, abgerufen am 11. Oktober 2017.
  10. Schriftsteller Peter Härtling gestorben. In: sueddeutsche.de. 10. Juli 2017, abgerufen am 10. Juli 2017.
  11. Peter Härtling: Herzwand – Mein Roman. Luchterhand, Hamburg 1990, ISBN 3-630-86737-5.
  12. Markus Bücker: Kontrafakturen der Moderne. Erinnerung als Intertextualität in der frühen Postmoderne (1964/1981). Philologie und Kulturgeschichte Band 1. Aisthesis, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8498-1074-0.
  13. Heike Rundnagel: Peter Härtling: Das war der Hirbel (Memento vom 12. Juni 2007 im Internet Archive), 7/2006, online über agprim.uni-siegen.de
  14. Christel Lauterbach: Ehrendoktor der Universität Gießen für Peter Härtling. Justus-Liebig-Universität Gießen, Pressemitteilung vom 19. Januar 2001 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 10. Juli 2017.
  15. Helmut Glück, Walter Krämer, Eberhard Schöck (Hrsg.): Kulturpreis Deutsche Sprache. Reden und Ansprachen (2012). IFB Verlag im Institut für Betriebslinguistik, Paderborn 2012, ISBN 978-3-931263-50-8 (Online als PDF, 1,3 MB), S. 40–57.
  16. Pressemitteilung der Stadt Alzey vom 25. Nov. 2014.
  17. Thomas Ehlke: Er hat sich eingemischt, zornig, engagiert. In: Allgemeine Zeitung Mainz vom 2. März 2015; S. 17.
  18. Reinhold Haring: Ihr ging’s um das Wohl der Kinder. In: swp.de. 8. Juli 2017, abgerufen am 11. Juli 2017.
  19. Homepage der Peter-Härtling-Schule in Springe, abgerufen am 11. Juli 2017
  20. Anke Mosch: Lernen im großen „T“. In: echo-online.de. 13. Juli 2016, abgerufen am 11. Juli 2017.
  21. Teilstandorte Website der Alfred-Herrhausen-Schule, abgerufen am 11. Juli 2017
  22. Kreis Soest: Die Welt mit anderen Farben sehen. In: hsk-aktuell.de. 19. Juli 2013, abgerufen am 11. Juli 2017.
  23. Udo Genth: Cellesche Zeitung – Eine Feier zur Schulschließung. (Nicht mehr online verfügbar.) In: cellesche-zeitung.de. 21. Juni 2013, ehemals im Original; abgerufen am 11. Juli 2017.@1@2Vorlage:Toter Link/www.cellesche-zeitung.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  24. Peter-Härtling-Schule, Faßberg / Feierlichkeiten für einen traurigen Anlass (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive)
  25. Peter-Härtling-Schule Wilferdingen, Homepage, online unter peter-haertling-schule-wilferdingen.de
  26. PHS-Hülben, Homepage, online unter huelben.de
  27. Annette Lehmann: Von vier Förderschulen bleiben nur zwei. In: derwesten.de. 11. November 2014, abgerufen am 11. Juli 2017.
  28. Flüchtlinge kommen in Dümptener Schule unter. In: lokalkompass.de. 10. September 2015, abgerufen am 11. Juli 2017.
  29. Margot Gasper: Was wird aus der Förderschule Am Rödgerbach? In: aachener-nachrichten.de. 8. April 2015, abgerufen am 11. Juli 2017.
  30. Geografische Lage Homepage der GGS Aachen-Walheim, abgerufen am 11. Juli 2017
  31. PHS-Wetzlar, Homepage, online unter phs-wetzlar.de
  32. Neuer Name für die Charlie-Rivel-Grundschule In: www.berlin.de, 2. August 2018, abgerufen am 2. August 2018.
  33. Neuer Name, neues Konzept In: rp-online.de, 14. Dezember 2018, abgerufen am 15. Dezember 2018.
Personendaten
NAME Härtling, Peter
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller
GEBURTSDATUM 13. November 1933
GEBURTSORT Chemnitz
STERBEDATUM 10. Juli 2017
STERBEORT Rüsselsheim am Main

На других языках


- [de] Peter Härtling

[en] Peter Härtling

Peter Härtling (German: [ˈpeːtɐ ˈhɛʁtlɪŋ] (listen); 13 November 1933 – 10 July 2017) was a German writer, poet, publisher and journalist. He received the Order of Merit of the Federal Republic of Germany for his major contribution to German literature.[1]

[es] Peter Härtling

Peter Härtling (Chemnitz, 13 de noviembre de 1933[1]-Rüsselsheim am Main, 10 de julio de 2017)[2] fue un poeta y escritor alemán. Fue distinguido con la Orden del Mérito de la República Federal de Alemania y recibió el Großes Verdienstkreuz por sus importantes contribuciones a la literatura alemana.[3]

[fr] Peter Härtling

Peter Härtling (né le 13 novembre 1933 à Chemnitz (Allemagne) et mort le 10 juillet 2017 à Rüsselsheim (Allemagne)[2]) est un romancier, poète et essayiste allemand.

[ru] Хертлинг, Петер

Петер Хертлинг (нем. Peter Härtling; 13 ноября 1933 года, Хемниц — 10 июля 2017 года) — немецкий поэт и прозаик.



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