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Raymond Federman (geboren 15. Mai 1928 in Montrouge, Frankreich; gestorben 6. Oktober 2009[1] in San Diego, Kalifornien) war ein französisch-amerikanischer Schriftsteller und Gelehrter.

Raymond Federman, Köln 2008
Raymond Federman, Köln 2008

Leben


Raymond Federman war jüdischer Herkunft und wuchs in Frankreich auf. Als die französische Polizei im Auftrag der deutschen Besatzungsmacht am 16. und 17. Juli 1942 bei der groß angelegten Razzia, die unter dem Namen „Rafle du Vélodrome d’Hiver“ bekannt wurde, in Paris fast 13.000 jüdische Bürger verhaftete, drangen Polizisten auch in die Wohnung der Familie Federman ein. Federmans Mutter versteckte ihren 14-jährigen Sohn spontan in einem Schrank. Während Federmans Eltern und seine beiden Schwestern in Auschwitz ermordet werden, überlebte Raymond Federman. Nach seiner Emigration in die USA 1947 lebte er dort anfänglich als Gelegenheitsarbeiter und Jazz-Saxofonist. 1951 meldete er sich aufgrund der Aussicht, danach ein Stipendium für ein Studium zu erhalten, zum Militärdienst in der US Army und sollte als Fallschirmjäger im Korea-Krieg eingesetzt werden. Dazu kam es jedoch nicht, da er wegen seiner Französisch-Kenntnisse in Tokio bei einer Übersetzerkompanie der Armee blieb. 1953 wurde er amerikanischer Staatsbürger und nahm 1954 an der Columbia University ein Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft auf. Dieses schloss er 1958 mit einem Master of Arts ab und unterrichtete in den folgenden Jahren (1959 bis 1964) an der Universität von Santa Barbara. 1963 promovierte er an der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) mit einer Dissertation über Samuel Beckett, dem er freundschaftlich verbunden war. Von 1964 an arbeitete Federman als Dozent an der State University of New York in Buffalo. Auch als er später als freier Schriftsteller leben konnte, hatte er mehrfach Gastprofessuren inne und hielt Vorlesungen an amerikanischen wie europäischen Hochschulen.[2]

Raymond Federman verstarb nach langem Krebsleiden am 6. Oktober 2009.


Werk


Für Raymond Federman blieb das Überleben des Holocaust ein zentraler Impuls für seine literarische Praxis. Insbesondere in seinem Roman La voix dans le cabinet de débarras (deutsch: Die Stimme im Schrank) thematisierte er seine „wirkliche Geburt“ (Federman). Doch auch die Vielzahl seiner anderen Werke kreist um das Lebensthema von Schuld und Verlassenheit – warum ausgerechnet er (und nicht seine Schwestern) von der Mutter versteckt wurde und er daher den Holocaust überlebte, aber auch seine Lust am Leben, die er als seine Antwort auf den deutschen Faschismus verstand, der ihn im Rahmen der Judendeportationen des Jahres 1942 in Paris wie seine Familie vernichten wollte. Raymond Federman verfasste seine Werke (Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays) in Französisch wie Englisch und übersetzte sie gelegentlich auch selbst. Raymond Federman, der erst mit 20 Jahren Englisch lernte, empfand seine Zweisprachigkeit als Bereicherung für sein literarisches Schaffen. Obwohl er das Englische zunächst als Literatursprache bevorzugte, verfasste er im Rahmen seiner Versuche, auch in Frankreich als Dichter Fuß zu fassen und Anerkennung zu finden, einige seiner Texte zunächst auf Französisch und übersetzte einige anschließend ins Englische: Amer Eldorado (1974, Roman, inspiriert an Double or Nothing, ohne engl. Übersetzung), Amer Eldorado, 2001 (2001, ohne engl. Übersetzung), La Fourrure de ma tante Rachel (1996, Roman, engl.: Aunt Rachel’s Fur), Mon corps en neuf parties (2002, Kurzprosa). An der Übersetzung von La Fourrure de ma tante Rachel arbeitete er zwei Jahre lang intensiv mit der Übersetzerin Patricia Privat-Standley zusammen, wie er in einem Interview mit Alyson Waters 2001 erläuterte. Federman veröffentlichte zudem bilinguale Werke wie The Voice in the Closet / La voix dans le cabinet de débarras (1979), von dem auch eine trilinguale Ausgabe in Englisch, Französisch und Deutsch existiert, oder 99 hand-written poems (2001) mit englischen und französischen Gedichten. In seiner dichterischen Zweisprachigkeit orientierte er sich an seinem Freund Samuel Beckett.

Federman erhielt 1986 den American Book Award für sein Werk Smiles on Washington Square. Unmittelbar mit seinem Roman-Erstling Double or Nothing (deutsch: Alles oder Nichts) wurde Federman international bekannt. In diesem Werk verband der Autor konkrete Poesie und Prosa. In den 1970er Jahren kreierte Federman den Begriff der „Surfiction“, den er auch seinen Poetik-Vorlesungen 1990 in Hamburg zugrunde legte. Mit diesem Begriff bezeichnete er Literatur, welche die Frage von konstruierter bzw. imaginierter Wirklichkeit thematisiert. Mit Texten, die Federman zu dieser Gattung zählte, arbeitete er von 1993 an über viele Jahre hinweg eng mit dem Aachener Jazz-Ensemble ART DE FAKT zusammen.


Schriften



Hörspiele



Literatur



Einzelnachweise


  1. Artikel in der „The Buffalo News“ (Memento vom 13. Oktober 2009 im Internet Archive)
  2. Tonspuren: Ich habe keine Geschichte. Die Geschichte ist mein Leben., Eine Hommage von Wolfgang Ritschl zum 80. Geburtstag von Raymond Federman, 2. Mai 2008
  3. BR Hörspiel Pool – Federman, Playtextplay I (Memento vom 25. April 2016 im Internet Archive)
  4. BR Hörspiel Pool – Federman, Die Kadaver.


Personendaten
NAME Federman, Raymond
KURZBESCHREIBUNG US-amerikanischer Schriftsteller und Kritiker
GEBURTSDATUM 15. Mai 1928
GEBURTSORT Montrouge
STERBEDATUM 6. Oktober 2009
STERBEORT San Diego, Kalifornien

На других языках


- [de] Raymond Federman

[en] Raymond Federman

Raymond Federman (May 15, 1928 – October 6, 2009)[1] was a French–American novelist and academic, known also for poetry, essays, translations, and criticism. He held positions at the University at Buffalo from 1973 to 1999, when he was appointed Distinguished Emeritus Professor. Federman was a writer in the experimental style, one that sought to deconstruct traditional prose. This type of writing is quite prevalent in his book Double or Nothing, in which the linear narrative of the story has been broken down and restructured so as to be nearly incoherent. Words are also often arranged on pages to resemble images or to suggest repetitious themes.

[fr] Raymond Federman

Raymond Federman, né le 15 mai 1928 à Montrouge et mort le 6 octobre 2009 à San Diego (États-Unis), est un écrivain et poète franco-américain. Il écrit aussi bien en anglais qu'en français.



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