Felix Mitterer (* 6. Februar 1948 in Achenkirch, Tirol) ist ein österreichischer Dramatiker und Schauspieler. Er ist als Theater-, Hörspiel- und Drehbuchautor tätig.
Felix Mitterer (Wien 2008)
Leben
Felix Mitterer wurde als dreizehntes Kind der verwitweten Landarbeiterin Adelheid Marksteiner und eines unbekannten, vermutlich rumänischen Flüchtlings geboren und von einem mit der Mutter damals befreundeten, ebenfalls unterprivilegierten Landarbeiterehepaar adoptiert. Er wuchs in Kitzbühel und Kirchberg auf und ging ebenda zur Schule. Danach besuchte er die Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck, an der er seine Ausbildung nach drei Jahren frühzeitig abbrach; er riss aus und kam mit dem Zug bis nach Rotterdam.[1]
Ab 1966 arbeitete er über zehn Jahre am Innsbrucker Zollamt. 1970 wurden seine ersten Beiträge im ORF und in Zeitschriften, z.B. im Fenster, gebracht. 1977 machte er sich, nachdem er mit Schießen einen ORF-Fernsehspielwettbewerb gewonnen hatte, als freier Autor selbständig. Seither war er als Autor von Volksstücken und Fernsehfilmen in Innsbruck tätig. Neben seiner literarischen Tätigkeit tritt er auch immer wieder, wie in seinem ersten Theaterstück Kein Platz für Idioten, als Schauspieler auf.[1] Felix Mitterer arbeitete und lebte von 1995 bis 2010 in Castlelyons (Caisleán Ó Liatháin), Irland. 2010 kaufte er zwecks Übersiedlung nach Österreich in Ravelsbach im Weinviertel einen Bauernhof, den er seit 2011 auch bewohnt.[2][3] Im Juli 2020 übersiedelte Mitterer wieder nach Schwaz in Tirol.
Felix Mitterer war mit der Künstlerin Chryseldis Hofer-Mitterer verheiratet, das Paar hat eine Tochter, Anna.[4] Anna Mitterer ist als Künstlerin tätig[5] und illustrierte beispielsweise das Kinderbuch Die Jagd nach dem hohen C ihres Vaters.[6] Heute ist Mitterer mit Agnes Beier verheiratet.[7]
Mitterer wird oft als Tiroler Heimatdichter und Volksautor gesehen.[8] Er führt mit seinen Werken, die sich oft einer mundartlichen Kunstsprache bedienen, die Tradition des Volksstücks in Inhalt und Form fort. Dabei greift er meist problematische und kontroverse Themen auf, die sich häufig kritisch mit Herrschaftsverhältnissen, Außenseiterschicksalen und gesellschaftlich-kulturellen Missständen auseinandersetzen. Das erste Bühnenstück Mitterers, Kein Platz für Idioten (1977), behandelt etwa das Leben eines behinderten Buben in einem Dorf; im Stück Kein schöner Land wird das Eindringen des Faschismus in die ländliche Gemeinschaft thematisiert. In seinen viel beachteten Dramen In der Löwengrube (1998) und Der Patriot (2008) setzt sich Mitterer mit dem Nationalsozialismus in Österreich auseinander, der gleichzeitig eines seiner Grundthemen darstellt.[8]
Das Verhältnis von Deutschen und Österreichern kommt am Beispiel des Tourismus in Tirol in der satirischen "Komödie einer vergeblichen Zuneigung" Die Piefke-Saga zur Sprache. Sie wurde vom ORF als mehrteilige Fernsehserie ausgestrahlt und war beim Erscheinen 1991 höchst umstritten. Vor allem die Werke Die Piefke-Saga und Verkaufte Heimat (ebenfalls vom ORF ausgestrahlt) verhalfen Felix Mitterer Ende der 1980er Jahre zum großen Durchbruch. Seine Protagonisten sind oft sozial isolierte Außenseiter, wie in Kein Platz für Idioten oder Die wilde Frau.[8]
In Anlehnung an die Geschichte von Pius Walder schrieb er Drehbücher für mehrere in Österreich spielende Tatort-Folgen.[9]
Erstmals seit 1983 stand Felix Mitterer 2012 wieder als Schauspieler auf der Bühne. Bei den Tiroler Volksschauspielen in Telfs spielte er den Affen Rotpeter in der Dramatisierung der Erzählung Ein Bericht für eine Akademie von Franz Kafka.
Viele von Mitterers Werken, wie das 1977 an der Volksbühne Blaas in Innsbruck uraufgeführte Stück Kein Platz für Idioten,Besuchszeit und Sibirien (1989 Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs / ORF-Aufzeichnung und Verfilmung) werden immer wieder aufgeführt.
2020 veröffentlichte er den Roman Keiner von Euch über Angelo Soliman.[10][11]
Mit Märzengrund entstand 2020 der erste Kinofilm, der auf einem Stück von Felix Mitterer beruht. Die Regie führt Adrian Goiginger; zu sehen sind u.a. Johannes Krisch, Gerti Drassl oder Harald Windisch.[12] Außerdem kündigte Mitterer an, er wolle einen fünften Teil der Piefke-Saga produzieren, u.a. aufgrund der COVID-19-Vorfälle rund um Ischgl.[13]
"Ich werde differenzieren müssen, zwischen jenen Hoteliers, die ihre Angestellten auch während der Krise versorgen und jenen, die sie auf die Straße setzen und zur Kündigung zwingen. Ich weiß, dass der Tourismus Tirol aus der Armut erlöst hat, aber irgendwann muss man doch auf die Menschen und die Landschaft schauen. Was soll man auf Leute draufhauen, die am Boden liegen? Man darf nicht vergessen, allen geht es jetzt schlecht, alle haben Sorgen."[14]
Der Vorlass Felix Mitterers wird vom Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck erschlossen, dokumentiert und verwaltet.[15]
Auszeichnungen
1978: Kunstpreis der Stadt Innsbruck für Dramatische Dichtung
1980: Walter-Buchebner-Preis
1987: Peter-Rosegger-Literaturpreis
1988: Tiroler Landespreis für Kunst
1988: Fernsehpreis der Österreichischen Volksbildung
1990: Preis des Festival Internazionale Film della Montagna in Trient
1991: Gerhard-Freund-Ehrenring
1991: Österreichischer Würdigungspreis für Literatur
1991: Adolf-Grimme-Preis mit Silber (zusammen mit Dietrich Mattausch) und Romy für Die Piefke-Saga
1985: Besuchszeit (Uraufführung Theater Die Tribüne Wien, RAI/BR/ORF Aufzeichnung, ZDF/BBC-Verfilmung)
1986: Drachendurst (Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs am 11. August 1986)
1986: Die wilde Frau (Uraufführung Altinnsbrucker Bauerntheater / Innsbrucker Kellertheater am 16. September 1986, ORF-Verfilmung)
1986: Drachendurst oder Der rostige Ritter (Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs)
1987: Kein schöner Land (Uraufführung Kammerspiele des Tiroler Landestheaters Innsbruck am 12. April 1987, ORF-Aufzeichnung)
1987: Verlorene Heimat (Uraufführung Zillertaler Volksschauspiele Stumm am 27. Juni 1987, ORF-Aufzeichnung) über das Schicksal der Zillertaler Inklinanten
1987: Heim (Uraufführung Kammerspiele des Landestheaters Linz am 26. September 1987)
1989: Die Kinder des Teufels (Uraufführung Theater der Jugend der Schauburg München am 8. April 1989) zu den Salzburger Zauberbubenprozessen im Umfeld des Schinderjackls, auch Zaubererjackl genannt
1989: Sibirien (Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs am 6. August 1989, ORF-Aufzeichnung und Verfilmung)
1990: Munde. Das Stück auf dem Gipfel (Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs am 4. August 1990)
1991: Ein Jedermann (Uraufführung Theater in der Josefstadt Wien am 10. Januar 1991)
1991: Das Spiel im Berg. Eine Reise durch die Unterwelt (Uraufführung Salzbergwerk Bad Aussee)
1992: Das wunderbare Schicksal. Aus dem Leben des Hoftirolers Peter Prosch (Uraufführung Tiroler Volksschauspiele Telfs am 13. August 1992)
1993: Abraham. Ein Stück über die Liebe (Uraufführung Landestheater Linz am 23. September 1993, ORF-Aufzeichnung)
1993: Die Geierwally. Theaterstück. (Uraufführung Geierwally-Freilichtspiele Elbigenalp)
1993: Das Fest der Krokodile (Uraufführung Theater Schrille Stille Wien), Kindertheater
1994: Krach im Hause Gott (Uraufführung Theater für Vorarlberg Bregenz am 2. August 1994)
1998: In der Löwengrube (Uraufführung Volkstheater Wien am 24. Januar 1998), inspiriert von Leo Reuss’ Lebensgeschichte
1998: Die Frau im Auto (Uraufführung Landestheater Linz)
1999: Tödliche Sünden. Sieben Einakter (Uraufführung Kammerspiele des Tiroler Landestheaters Innsbruck am 25. Februar 1999)
1999: Die drei Teufel (Uraufführung Brixentaler Volkstheater Hopfgarten)
2014: Der Flaschengeist. Ein Singspiele aus Ozeanien (Musiktheater, Uraufführung Staatstheater am Gärtnerplatz München am 23. Januar 2014)
2015: Der Boxer (Uraufführung Theater in der Josefstadt Wien am 29. Januar 2015), über den deutschen Sinto-Boxer Trollmann[21]
2015: Glanzstoff (Bürgertheater in und über die Glanzstoff Austria Fabrik, Landestheater Niederösterreich, ausgezeichnet mit dem Spezialpreis beim Nestroy-Theaterpreis[22])
2016: Märzengrund (Uraufführung Festival Stummer Schrei Stumm am 6. Juni 2016)
2017: Galápagos (Uraufführung Theater in der Josefstadt am 16. März 2017)
1999: Albert Uderzo / René Goscinny: Obelix undʼs groaße Gschäft. Da Goscinny und der Uderzo frein si gonz narrisch, daß sie enk den erschtn Asterix auf tirolarisch zan lesen und unschaugn übareichn derfn. Egmont, Stuttgart 1999. (= Asterix Mundart 30, Tirolerisch 1), ISBN 978-3-7704-2265-4
Roman
2020: Keiner von euch, Haymon Verlag, Innsbruck 2020, ISBN 978-3-7099-3495-1
Autobiografie
2018: Mein Lebenslauf, Haymon Verlag, Innsbruck 2018, ISBN 978-3-7099-3425-8
Literatur
Ursula Schneider/Annette Steinsiek: Felix Mitterers „Zettel“-Werk. Über das Exzerpt als literarische Vorstufe. In: Marcel Atze/Volker Kaukoreit (Hrsg.): „Gedanken reisen, Einfälle kommen an“. Die Welt der Notiz. Praesens, Wien 2017, S. 324–335.
Joachim Gatterer: Das Leben eines Volksschriftstellers. Felix Mitterers Autobiografie. In: Literatur und Kritik, Nr. 525–526/2018, S. 85–87.
Felix Mitterer will nach NÖ ziehen.@1@2Vorlage:Toter Link/noe.orf.at(Seite nicht mehr abrufbar, Suche inWebarchiven)Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: ORF Niederösterreich. 11. November 2010, abgerufen am 17. Oktober 2016.
Kristina Pfoser-Schewig, Stefan Alker:Mitterer, Felix, * 6.2.1948 Achenkirch/Tirol. – Dramatiker, Hörspiel- u. Drehbuchautor. In: Wilhelm Kühlmann [u.a.] (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraums. 2., vollst. überarb. Auflage. Band8: Marq – Or. De Gruyter, Berlin 2010, S.261.
Felix Mitterer: Der Boxer. Theaterstück, frei nach dem Schicksal des Sinto-Boxers Johann „Rukeli“ Trollmann (=Haymon-Taschenbuch. Nr.194). Mit einem Nachwort von Marie-Luise Ramos-Farina. Haymon-Taschenbuch, Innsbruck/Wien 2015, ISBN 978-3-7099-7819-1.
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