Ingeborg Freifrau von Wangenheim (* 1. Juli 1912 als Ingeborg Franke in Berlin; † 6. April 1993 in Weimar) war eine deutsche Schauspielerin und Schriftstellerin.
Inge von Wangenheim, Moskauer Exil, 1930er JahreInge von Wangenheim, PrivatarchivVon links nach rechts: Inge von Wangenheim, Mary Schneider-Braillard, Annemarie Hasse, Angelika Hurwicz, Helene Weigel und Else Reuss (1949)
Leben und Werk
Inge von Wangenheim war die Tochter einer Konfektionsarbeiterin. Nach dem Besuch eines Lyzeums absolvierte sie eine Schauspielausbildung und spielte anschließend kleinere Rollen an verschiedenen Berliner Bühnen, u.a. am Theater am Schiffbauerdamm und in Inszenierungen Erwin Piscators. 1931 wurde sie Mitglied der von ihrem späteren Ehemann Gustav von Wangenheim geleiteten Truppe 1931, im gleichen Jahr trat sie der KPD bei. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung emigrierte sie 1933 über Belgien und Frankreich in die Sowjetunion. Sie verbrachte die ersten Jahre des Exils in Moskau, wo sie als Schauspielerin und Journalistin tätig war. Unter anderem spielte sie neben Bruno Schmidtsdorf die Hauptrolle des 1935/36 in Moskau gedrehten antifaschistischen Films Kämpfer unter der Regie ihres Mannes Gustav von Wangenheim. 1941 wurde sie nach Kasan und später ins usbekische Taschkent evakuiert. Ab 1943 hielt sie sich wieder in Moskau auf, wo sie als Redakteurin für das Nationalkomitee Freies Deutschland arbeitete.
1945 kehrte Inge von Wangenheim mit ihrem Mann nach Deutschland zurück. 1946 wurde sie Mitglied der SED. In den folgenden Jahren engagierte sie sich im Bund Deutscher Volksbühnen, gab die Zeitschrift Volksbühne heraus und arbeitete erneut als Schauspielerin und Regisseurin, unter anderem am Deutschen Theater in Ost-Berlin und für die DEFA, zum Beispiel im Film Und wieder 48. Seit Ende der 1940er-Jahre war sie vorwiegend schriftstellerisch tätig. Nach der Scheidung ihrer Ehe lebte sie ab 1961 in Rudolstadt und ab 1974 in Weimar, ab 1960 in einer lesbischen Beziehung.[1]
Inge von Wangenheims literarisches Werk umfasst Romane, Memoiren, Essays und Reiseberichte. Neben Romanen über die Aufbauphase der DDR (darunter mit Am Morgen ist der Tag ein Kind eine Schilderung des Aufstands vom 17. Juni 1953 aus SED-Perspektive) sind vor allem ihre Erinnerungen an die Zeit im sowjetischen Exil (Mein Haus Vaterland und Auf weitem Feld) erwähnenswert. Über die Schattenseiten des Exils schwieg sie beharrlich.[2] Seit den 1960er Jahren veröffentlichte Wangenheim auch Reportagen über ihre Reisen ins westliche Ausland. Sie war Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR, dessen Vorstand sie angehörte.
Inge von Wangenheim ist die Mutter des Schauspielers und Bühnenautors Friedel von Wangenheim und der Zwillinge Eleonora und Elisabeth von Wangenheim.
Ehrungen
1966: Kunstpreis des FDGB
1968: Heinrich-Heine-Preis des Ministeriums für Kultur der DDR
1972: Vaterländischen Verdienstorden in Silber
1977: Nationalpreis 2. Klasse
1982: Vaterländischen Verdienstorden in Gold
1987: Karl-Marx-Orden
1989: Ehrendoktortitel der Universität Jena
Zu Ehren der Schriftstellerin Inge von Wangenheim wurde am 9. Dezember 2010 in Rudolstadt ein Literaturinstitut mit ihrem Namen gegründet. Es soll regelmäßig einen Preis für besondere literarische Verdienste um Humanismus und Frieden sowie für das Lebenswerk von Autoren vergeben, von den Nazis verbotene Werke sammeln und wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen sowie Nachwuchsautoren ausbilden und deren Texte veröffentlichen.
Schriften
Die Aufgaben der Kunstschaffenden im neuen Deutschland, Berlin 1947
Mein Haus Vaterland, Berlin 1950
Zum 175. Todestag Konrad Ekhofs, Berlin 1953
Auf weitem Feld, Berlin 1954
Am Morgen ist der Tag ein Kind, Berlin 1957
Einer Mutter Sohn, Berlin 1958
Professor Hudebraach, Halle (Saale) 1961
Das Zimmer mit den offenen Augen, Halle (Saale) 1965
Die Geschichte und unsere Geschichten, Halle (Saale) 1966
Reise ins Gestern, Halle 1967
Die hypnotisierte Kellnerin, Rudolstadt 1968
Kalkutta liegt nicht am Ganges, Rudolstadt 1970
Die Verschwörung der Musen, Halle (Saale) 1970
Die Probe, Halle (Saale) 1973
Die tickende Bratpfanne, Rudolstadt 1974
Von Zeit zu Zeit, Halle/Saale 1975
Hamburgische Elegie, Halle (Saale) 1977
Spaal, Rudolstadt 1979
Die Entgleisung, Halle [u.a.] 1980
Genosse Jemand und die Klassik, Halle [u.a.] 1982
Mit Leib und Seele, Halle [u.a.] 1982
Weiterbildung, Halle [u.a.] 1983
Schauplätze, Rudolstadt 1983
Station 5, Halle [u.a.] 1985
Deutsch und Geschichte, Halle [u.a.] 1986
Der goldene Turm, Rudolstadt 1988
Auf Germanias Bärenfell, Bucha bei Jena 2002
als Herausgeberin: Sergei Michalkow: Ilja Golowin und seine Wandlung, Berlin 1950
Filmografie
Kämpfer (1935/36)
Und wieder 48 (1948)
Der Auftrag Höglers (1950)
Theater
Schauspielerin
1933: Gustav von Wangenheim: Die Mausefalle – Regie: Gustav von Wangenheim (Truppe 1931)
Regie
1949: Samuil Marschak: Die zwölf Monate – (Märchentheater der Stadt Berlin)
1950: Sergei Michalkow: Golowin und seine Wandlung – (Theater am Schiffbauerdamm Berlin)
Literatur
Ehrenpromotion Inge von Wangenheim, Jena 1990.
Maren Horn, Bernd-Rainer Barth:Wangenheim, Inge(borg) von. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band2. Ch.Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Kurt Fricke: Die Flanke von links – Inge von Wangenheim, in: Inge von Wangenheim: Die Entgleisung, S. 303–336, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2012, ISBN 9783898128643.
Laura von Wangenheim: In den Fängen der Geschichte. Inge von Wangenheim. Fotografien aus dem sowjetischen Exil 1933–1945. Rotbuch-Verlag, Berlin 2013, ISBN 9783867891905.
Kurt Fricke: Wangenheim, Ingeborg (Inge) Freifrau von, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 27: Vockerodt–Wettiner, S. 404–405. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-11208-1
Dieter Fechner:Persönliche Begegnungen mit Thüringer Autoren im 20./21. Jahrhundert. Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2014, ISBN 978-3-86777-718-6, Inge von Wangenheim (1912–1993), S.197–202.
Jens-Fietje Dwars: Aus dem Blickwinkel der Enkeltochter. In den Fängen der Geschichte. Ein neues Fotobuch zeigt die Künstlerin Inge von Wangenheim. Thüringische Landeszeitung, 12. Oktober 2013
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