Moritz Johann Bleibtreu[1] (* 13. August 1971 in München) ist ein deutscher Schauspieler, Synchronsprecher und Regisseur österreichischer Abstammung. Seinen Durchbruch hatte er 1997 als Gangster Abdul in dem Roadmovie Knockin’ on Heaven’s Door. Seitdem spielte er in über 90 Film- und Fernsehproduktionen, etwa in Kinofilmen wie Lola rennt, Das Experiment, Lammbock – Alles in Handarbeit, Elementarteilchen und Der Baader Meinhof Komplex.
Leben
Herkunft und frühe Jahre
Moritz Bleibtreu wurde 1971 als Sohn österreichischer Eltern in München geboren. Er wuchs im Hamburger Stadtteil St. Georg auf. Seine Mutter war die Schauspielerin Monica Bleibtreu (1944–2009), sein Vater der Schauspieler Hans Brenner (1938–1998). Bleibtreus Großvater war der Schriftsteller Renato Attilio Bleibtreu. Seine Urgroßmutter Maximiliane Bleibtreu, ihre Schwester Hedwig Bleibtreu sowie deren Eltern Amalie Bleibtreu und Sigmund Bleibtreu waren ebenfalls Schauspieler. Moritz Bleibtreu ist durch seinen Vater der Halbbruder der Schauspielerin Cilli Drexel. Die Bleibtreustraße in Berlin, auf die er im Zusammenhang mit seinem Nachnamen immer wieder angesprochen wird, ist nach dem Schlachtenmaler Georg Bleibtreu benannt, der ein entfernter Vorfahre ist.[2]
Bereits als Kind stand er vor der Kamera, so vor allem in der von seiner Mutter und Rainer Boldt geschriebenen Kinderserie Neues aus Uhlenbusch mit Hans Peter Korff, der zu dieser Zeit mit Monica Bleibtreu verheiratet war. Es folgte eine weitere Rolle in Boldts Ich hatte einen Traum, wiederum mit Korff. Seine dritte Rolle hatte er 1986 an der Seite seiner Mutter im Fernseh-Dreiteiler Mit meinen heißen Tränen.
Bleibtreu besuchte die Jahnschule (heute Ida-Ehre-Schule) in Hamburg-Harvestehude,[3] damals eine Gesamtschule. Diese Schule verließ er mit dem Realschulabschluss in der elften Klasse – wegen Nichterscheinens erhielt er keine Bewertung mehr. Er ging anschließend nach Paris, wo er eineinhalb Jahre als Au-Pair arbeitete und Französisch lernte. Nach einem weiteren Jahr in Italien ging er nach New York, wo er an kleineren Schauspielschulen Unterricht nahm. Ein Vorsprechen am Actors Studio blieb erfolglos, er fand dort jedoch eine Beschäftigung als Faktotum, wodurch er die Schauspieler bei den Proben beobachten konnte.
Schauspielkarriere
Nach vierjährigem Auslandsaufenthalt setzte Bleibtreu seine Karriere mit 21 Jahren am Thalia Theater und am Schauspielhaus in Hamburg fort. Es folgten Rollen in kleineren Fernsehproduktionen. 1993 spielte er in Schulz & Schulz eine Nebenrolle, die schon seine große Wandelbarkeit zeigte.[4]
In den 1990er-Jahren spielte er einige große Fernsehrollen. 1994 spielte er in Rainer Kaufmanns ZDF-Fernsehkrimi Unschuldsengel an der Seite von Christian Näthe und Jürgen Vogel den schwulen Kneipenwirt Thorsten aus der Hamburger Stricherszene, der einen 16-jährigen Jungen hilft, die Unschuld seines Vaters, der einen jungen Mann aus dem Hamburger Rotlichtviertel getötet haben soll, zu beweisen. Kaufmann besetzte ihn auch der Kinoleinwand in seiner Liebeskomödie Stadtgespräch als homosexueller, naiver Tischler Karl in einer ähnlich gelagerten Rolle. 1998 entschied er für sich, „keine Fernsehfilme mehr zu machen, weil Kino eine aktive Form des Zuschauens ist, Fernsehen hingegen eine passive“.[5][6] Vor allem durch seine Kinofilmrollen in Knockin’ on Heaven’s Door, Lola rennt, Das Experiment und Der Baader Meinhof Komplex wurde er bekannt. Mit dem Filmemacher Fatih Akin drehte er die Filme Im Juli, Solino, Soul Kitchen und Chiko.
2001 erhielt er den Deutschen Filmpreis als bester Hauptdarsteller für Im Juli und Das Experiment. Für die Hauptrolle in Oskar Roehlers Elementarteilchen wurde er 2006 mit dem Silbernen Bären als bester Darsteller der Berlinale ausgezeichnet. Gelegentlich wirkt der Schauspieler in größeren Nebenrollen internationaler Koproduktionen mit, wie in Vijay und ich – Meine Frau geht fremd mit mir von Sam Garbarski. Auch in Kinder- und Jugendfilmen war Moritz Bleibtreu zu sehen, unter anderem 2004 als spanischer „Fakir“ Lombardo in dem dänischen Abenteuerfilm Der Fakir oder 2016 als Holländer-Michel in der Wilhelm-Hauff-Verfilmung Das kalte Herz von Johannes Naber.
Im Februar 2015 war er nach 17 Jahren wieder in einer Fernsehproduktion zu sehen. In der ZDF-Krimireihe SCHULD nach Ferdinand von Schirach übernahm er bis 2019 in drei Staffeln die Hauptrolle des Strafverteidigers Friedrich Kronberg. In der Musical-Verfilmung Ich war noch niemals in New York, die im Oktober 2019 in die deutschen Kinos kam, spielte er neben Heike Makatsch, Katharina Thalbach und Uwe Ochsenknecht als Axel Staudach in einer der Hauptrollen. Im September 2020 stellte Bleibtreu beim Filmfest Hamburg sein Regiedebüt Cortex, das im Oktober 2020 seine Kinopremiere hatte, vor. 2021 war er in der sechsteiligen RTL+-Dramaserie Faking Hitler als Kunstfälscher Konrad Kujau an der Seite von Lars Eidinger zu sehen.
Bleibtreu betätigt sich neben seiner Arbeit vor der Kamera auch als Synchronsprecher, u.a. lieh er in den Jahren 2004 und 2006 Jason Raize seine Stimme für den in den Walt Disney Studios entstandenen US-amerikanischen 44. abendfüllenden Zeichentrickfilm Bärenbrüder sowie in dessen Fortsetzung Bärenbrüder 2.
Moritz Bleibtreu war 2003 eines der Gründungsmitglieder der Deutschen Filmakademie. Seit Anfang 2010 ist eine Wachsfigur von Bleibtreu bei Madame Tussauds in Berlin ausgestellt.[7]
Kontroversen
Im Juni 2013 erregte Bleibtreu Aufmerksamkeit, als er mit Alexandra Maria Lara, Joko Winterscheidt, Christian Ulmen, Elyas M’Barek, Cro, Jürgen Vogel und anderen in einem Werbespot einer Fast-Food-Kette auftrat. Bleibtreu rechtfertigte sich damit, dass er sich mit dem Spot den Luxus ermögliche, klein-budgetierte Filme zu drehen, und er außerdem das beworbene Produkt (Cheeseburger) gelegentlich selbst konsumiere.
Bleibtreu beteiligte sich im April 2021 an der Aktion #allesdichtmachen, bei der rund 50 prominente Schauspieler in Einzelvideos diverse Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie kommentierten. Nach Intervention eines Werbepartners hat er auf die Veröffentlichung eines eigenen Video-Beitrages jedoch verzichtet.[8]
Privates
Bleibtreu, der in Reinbek bei Hamburg lebt,[9][10] wurde im November 2008 Vater eines Jungen.[11][12]
Am 21. Juli 2022 heiratete er Saskia de Tschaschell in der Maria-Magdalenen Kirche in Reinbek.[13]
Filmografie
Kinofilme
1994: Einfach nur Liebe
1995: Stadtgespräch
1996: Der kalte Finger
1997: Kabel und Liebe
1997: Knockin’ on Heaven’s Door
1998: Lola rennt
1998: Liebe deine Nächste!
1999: Luna Papa
2000: Im Juli
2000: Fandango – Members Only
2001: The Invisible Circus (Videotitel Deadly Shadows)
1995: Evelyn Hamanns Geschichten aus dem Leben (Folge Völlig aus der Bahn)
1996: Die Gang (13 Folgen)
2005: Durch die Nacht mit … (Folge: Moritz Bleibtreu und Oliver Pocher)
2015–2019: SCHULD nach Ferdinand von Schirach (14 Folgen)
2016: Blockbustaz (Folge Versicherung)
2017: Die Protokollantin (5 Folgen)
2019: M – Eine Stadt sucht einen Mörder (6 Folgen)
2021: Blackout (6 Folgen)
2021: Faking Hitler (Miniserie)
Synchronrollen
2004: Bärenbrüder (Brother Bear) als Denahi für Jason Raize
2006: Bärenbrüder 2 (Brother Bear 2) als Denahi für Jason Raize
2010: Rapunzel – Neu verföhnt (Tangled) als Eugene Fitzherbert / Flynn Rider (Sprache) für Zachary Levi
Dokumentarfilm
Als Schauspieler geboren – Moritz Bleibtreu. Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 43 Min., Buch und Regie: Ulrike Bremer, Produktion: arte, Erstsendung: 26. August 2012 bei arte, Inhaltsangabe von ARD mit Fotos.
Auszeichnungen
1997: Deutscher Filmpreis – Bester Nebendarsteller für Knockin on Heaven’s Door
1997: Ernst-Lubitsch-Preis für seine Rolle in Knockin’ On Heaven’s Door
1999: Jupiter – Bester deutscher Darsteller für Lola rennt
1999: Deutscher Shooting Star des europäischen Films
2000: DIVA-Award
2001: Berliner Bär (B.Z.-Kulturpreis)
2001: Deutscher Filmpreis – Bester männlicher Schauspieler für seine Hauptrolle in Im Juli
2001: Nominiert für den Publikumspreis des Europäischen Filmpreises als Bester Darsteller für Das Experiment
2002: Jupiter – Bester deutscher Darsteller für Das Experiment
2002: Seattle International Film Festival – Golden Space Needle als bester Darsteller in Das Experiment
2005: Goldene Romy – Beliebtester Schauspieler
2006: Silberner Bär auf den Internationalen Filmfestspielen Berlin für die beste Hauptrolle in dem Film Elementarteilchen
2006: Goldene Romy – Beliebtester Schauspieler
2009: Nominierung für den Europäischen Filmpreis als Bester Darsteller für Der Baader Meinhof Komplex
2010: Preis für Schauspielkunst des Festival des deutschen Films
2011: Nominierung für den Österreichischen Filmpreis als Bester männlicher Darsteller für Jud Süß – Film ohne Gewissen
2017: Ehrung mit einem Stern auf dem „Walk of Fame“ des Oldenburger Filmfestes
Literatur
Heike Ebner: Moritz Bleibtreu – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 33, 2000.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 1: A – C. Erik Aaes – Jack Carson. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S.423.
Manfred Hobsch, Ralf Krämer, Klaus Rathje: Filmszene D. Die 250 wichtigsten jungen deutschen Stars aus Kino und TV. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-511-2, S.51 ff.
Tobias Rüster: Back to School - Gottschalks Klassentreffen, news.de, 12. Juni 2015. (Besprechung der 8. Folge der Sendung Back to School – Gottschalks großes Klassentreffen, Staffel 3, Sendung 1, Erstausstrahlung vom 12. Juni 2015)
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