Ruth Leuwerik (* 23. April 1924 als Ruth Leeuwerik in Essen; † 12. Januar 2016 in München)[1] war eine deutsche Schauspielerin. Sie war einer der großen deutschen Kinostars der 1950er Jahre und bildete mit Dieter Borsche ein populäres Leinwandpaar.
Leben
Sie kam als Tochter des Kaufmanns Julius Martin Leeuwerik und dessen Frau Luise, geb. Sokolowski, in Essen zur Welt und besuchte dort die Viktoriaschule[2] und in Münster das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium.[3] Später arbeitete sie als Stenotypistin und nahm privaten Schauspielunterricht.
Ihre ersten Engagements erhielt sie am Westfälischen Landestheater Paderborn und an den Städtischen Bühnen Münster. Von 1947 bis 1949 spielte sie am Theater Bremen und am Theater Lübeck, von 1949 bis 1953 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. In der Spielzeit 1950/51 trat sie im Stück Intermezzo von Jean Giraudoux auch am Hebbel-Theater in Berlin auf. Ihre letzte Bühnenrolle spielte sie 1955 als Eurydike in dem gleichnamigen Stück von Jean Anouilh am Düsseldorfer Schauspielhaus.
Ihr Leinwanddebüt gab sie 1950 in der Filmkomödie Dreizehn unter einem Hut, in der sie an der Seite von Volker von Collande und Inge Landgut eine der Hauptrollen spielte. Sie war für eine erkrankte Kollegin eingesprungen.[4] 1951 synchronisierte Ruth Leuwerik Maureen O’Hara in Riff-Piraten. Durch die Vermittlung eines Bekannten wurde sie Dieter Borsche vorgestellt, der ihr 1952 zu ihrer ersten großen Rolle als Filmpartnerin in der Komödie Vater braucht eine Frau verhalf. Aufgrund des Erfolgs an den Kinokassen drehten beide im Anschluss den Film Die große Versuchung, der auf einem populären Fortsetzungsroman einer deutschen Illustrierten basierte. Dank des Erfolgs beider Filme wurden Ruth Leuwerik und Dieter Borsche, die später auch in Königliche Hoheit und Königin Luise gemeinsam vor der Kamera standen, neben Sonja Ziemann/Rudolf Prack und Maria Schell/O. W. Fischer zu einem der Leinwandpaare der 1950er Jahre.
Ihren Durchbruch hatte Leuwerik 1953, als sie in vier Produktionen im Kino präsent war. Neben dem Melodrama Ein Herz spielt falsch, in dem sie erstmals mit O. W. Fischer zu sehen war, spielte sie die Hauptrolle in der Komödie Muß man sich gleich scheiden lassen?, der Literaturverfilmung Königliche Hoheit nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Mann und der Familiensaga Geliebtes Leben, die die Entwicklung einer Frau über verschiedene Dekaden hinweg schildert. Für ihre darstellerische Leistung in diesem Film wurde sie 1954 mit dem Filmband in Silber als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Die Schauspielerin wirkte zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere so oft in Kostümfilmen wie Geliebtes Leben und Ludwig II mit O. W. Fischer mit, dass ihre Auftritte in Krinoline und Reifrock bald zu einer Art Markenzeichen wurden. Häufig stand sie auch für Adaptionen literarischer Stoffe wie Theodor FontanesEffi Briest, der unter dem Titel Rosen im Herbst mit Leuwerik in der Hauptrolle verfilmt wurde, sowie in der Titelrolle von Dorothea Angermann nach dem gleichnamigen Schauspiel von Gerhart Hauptmann vor der Kamera.
Ruth Leuweriks Karriere, die Mitte der 1950er Jahre etwas an Schwung verloren hatte, erhielt dank der äußerst populären Filme Die Trapp-Familie und Die Trapp-Familie in Amerika von Wolfgang Liebeneiner um die Baronin Maria Augusta von Trapp neuen Auftrieb. Ebenfalls unter der Regie von Liebeneiner entstand das Kriegsgefangenendrama Taiga, in dem sie eine couragierte Ärztin in einem Kriegsgefangenenlager in Sibirien spielt. Ein Teil ihrer Beliebtheit gerade bei weiblichen Kinobesuchern lag wohl auch darin begründet, dass Leuwerik häufig unabhängige, beruflich erfolgreiche Frauen mit eigenen Ideen und Vorstellungen vom Leben darstellte, wie in der Komödie Die ideale Frau aus dem Jahr 1959.
Mit Beginn der 1960er Jahre begann ihre Popularität jedoch zu schwinden: In Liebling der Götter über das Leben des UFA-Stars Renate Müller wusste Leuwerik zwar schauspielerisch zu überzeugen; die ambitionierte Filmbiographie blieb jedoch, was die Einspielergebnisse anbelangt, hinter den Erwartungen zurück. Die Käutner-Verfilmung Die Rote von 1962 nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Andersch vermochte hingegen weder Kritiker noch Publikum zu begeistern. Nach der Neuverfilmung Das Haus in Montevideo an der Seite von Heinz Rühmann zog sich Leuwerik 1963 für mehrere Jahre von der Leinwand zurück. Sie trat jedoch gelegentlich in Fernsehproduktionen auf, etwa in Franz Peter Wirths Fernsehmehrteiler Die Buddenbrooks, in dem sie die Konsulin Betsy Buddenbrook verkörperte. 1978 wurde sie für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film mit dem Filmband in Gold geehrt.
Anlässlich ihres 80. Geburtstags im Jahr 2004 widmete ihr das Filmmuseum Berlin eine große Werkschau unter dem Titel Die ideale Frau – Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre. Ihr Werk wurde dabei folgendermaßen gewürdigt:
„In ihren Filmrollen verstand sie es, gegen alte Stereotypen ein modernes Selbstverständnis zu verkörpern– anders als es das weit verbreitete Vorurteil über ‚Opas Kino‘ der Ära Adenauer will.“[5]
1949 war Ruth Leuwerik kurze Zeit mit dem Schauspieler Herbert Fleischmann verheiratet und von 1965 bis 1967 mit dem Sänger Dietrich Fischer-Dieskau. Bis zu ihrem Tod lebte sie mit ihrem dritten Ehemann, dem Augenarzt Dr. Heinz Purper (1920–2016), zurückgezogen in München-Nymphenburg (Zuccalistraße 31).
Dort starb sie am 12. Januar 2016 im Alter von 91 Jahren. An der Trauerfeier in der evangelischen Stephanus-Kirche in Nymphenburg nahmen neben der Familie auch der Schauspieler Rolf Kuhsiek, der Kulturreferent Hans-Georg Küppers und Thomas Goppel teil.[6] Sie fand ihre letzte Ruhestätte auf dem Nymphenburger Friedhof im Münchener Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg.[7]
1953: Bambi – Schauspielerin deutsch (gemeinsam mit Maria Schell)
1954: Filmband in Silber (Beste Hauptdarstellerin) für Geliebtes Leben
1956: Mitgliedschaft der Akademie der Darstellenden Künste Hamburg
1958: Golden Gate Award der Internationalen Filmfestspiele San Francisco für Taiga
1958: Preis des Bundes der Heimatvertriebenen für Taiga
1958: Bravo Otto in Gold und in Bronze
1959: Bravo Otto in Gold
1959–1962: Bambi – Schauspielerin deutsch
1960: Bravo Otto in Silber
1961: Blue Ribbon Award für Die Trapp Familie
1961/62: Bravo Otto in Gold
1963: Bravo Otto in Silber
1974: Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
1978: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film
1978: Bayerischer Verdienstorden
1980: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
1991: Bayerischer Filmpreis (Ehrenpreis)
2000: DIVA-Award
2004: Medaille München leuchtet in Gold
2010: Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin
2020: Im September 2020 hat der Münchner Stadtrat, zu Ehren Leuweriks, die Benennung einer Ruth-Leuwerik-Straße in München beschlossen.[9]
Literatur
Klaus Belli: Ruth Leuwerik (= Film-Porträts, Band 2). Olzog, München / Köln 1957, DNB 451562569.
Walter Grieder: Ruth Leuwerik. Große Karriere mit kleinen Hindernissen. Landschäftler / Böhringer, Liestal / Wunsiedel 1962, DNB 451659643.
Peter Mänz, Nils Warnecke (Hrsg.): Die ideale Frau. Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre. Anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Filmmuseum Berlin, 29. April bis 15. August 2004. Henschel, Berlin 2004[10], ISBN 3-89487-482-1.
Christoph Dompke: Ruth Leuwerik in: „Und Jimmy ging zum Regenbogen“ (1971), S. 131, in: Alte Frauen in schlechten Filmen: vom Ende großer Filmkarrieren. Erweiterte und vollständig überarbeitete Neuausgabe, Männerschwarm, Hamburg 2012 (frühere Ausgabe: Weil doch was blieb, 1998), ISBN 978-3-86300-114-8.
Jonathan Schilling: Noch einmal Preußen im Film. Zu Preußenbildern in Filmen mit Ruth Leuwerik, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N. F., 29. Bd., 2019, H. 1–2, S. 201–221.
Michael Wenk: Ruth Leuwerik – Schauspielerin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 24, 1994.
Weblinks
Ruth Leuwerik in der Internet Movie Database (englisch)
zitiert nach Angaben des Deutschen Filmmuseums (Mementodes Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/osiris2.pi-consult.de
Philipp Crone:Warmherzig, bescheiden, elegant. In: sueddeutsche.de. 2016, ISSN0174-4917 (sueddeutsche.de[abgerufen am 10.Februar 2018]).
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