Andreas Dresen (* 16. August 1963 in Gera) ist ein deutscher Filmregisseur. Seit November 2012 ist er außerdem für zehn Jahre einer von neun Richtern des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg.
Leben und Werk
Andreas Dresen ist Sohn des Theaterregisseurs Adolf Dresen und der Schauspielerin Barbara Bachmann. Nach der Trennung seiner Eltern wurde der Theaterregisseur Christoph Schroth sein Ziehvater.[1]
Von 1979 bis 1982 besuchte er in Schwerin die Erweiterte Goethe-Oberschule. Dort drehte er seine ersten Amateurfilme und führte bei Schultheaterstücken Regie.[2] Nach seinem Wehrdienst in der NVA arbeitete er 1984/85 als Tontechniker am Schweriner Theater. 1985 und 1986 absolvierte er ein Volontariat im DEFA-Studio für Spielfilme und war Regieassistent bei Günter Reisch. Darauf folgte 1986 bis 1991 ein Regiestudium an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg, das er mit einem Diplom abschloss. Sein Diplomfilm war Jenseits von Klein Wanzleben.[3] Sein Studentenfilm So schnell es geht nach Istanbul (1990) lief auch auf der Berlinale und erhielt den Prix Europa. Mit seinem ersten Kinofilm Stilles Land (1991/92) reflektierte Dresen in ironischer Weise die Wirren der Wende in einem Kleinstadttheater.[4] Seit 1992 ist Dresen als freier Autor und Regisseur tätig. Nachdem er zunächst für das Fernsehen gearbeitet hatte, drehte er seit seinem zweiten Kinofilm Nachtgestalten (1999) vor allem Kinofilme. Dresen setzt seit Nachtgestalten häufig auf Improvisation und Handkamera, wodurch seine Filme einen sehr realistischen und halbdokumentarischen Charakter erhalten.[5]
Von 1990 an arbeitete er vorrangig mit Kameramann Andreas Höfer zusammen, mit dem er gemeinsam in Babelsberg studiert hatte, seit 2000 auch mit Michael Hammon. Für drei seiner Kinofilme arbeitete Dresen mit Wolfgang Kohlhaase als Drehbuchautor: Sommer vorm Balkon (2005), Whisky mit Wodka (2009) und Als wir träumten (2015). Kohlhaase schätzt an Dresen eine „freundliche“, „beinahe zärtliche“ Sicht- und Umgangsweise mit den Schauspielern und ihren dargestellten Figuren.[6] Dresen bestätigte danach, dass Kohlhaase und er dieselbe „Sicht auf Welt und Menschen“ teilen.[7]
Seit 1996 arbeitet Dresen auch für die Bühne, so am Staatstheater Cottbus (Goethes Urfaust), am Schauspiel Leipzig sowie am Deutschen Theater in Berlin. Im Jahre 2006 inszenierte er an der Basler Oper MozartsDon Giovanni und am Deutschen Theater Berlin Ödön von Horváths Schauspiel Kasimir und Karoline mit der Musik der 17 Hippies.
2013 wurde er in die Wettbewerbsjury der 63. Internationalen Filmfestspiele von Berlin berufen. 2015 war Dresen mit seinem Film Als wir träumten nach 1999 (Nachtgestalten) und 2002 (Halbe Treppe) zum dritten Mal im Wettbewerb der Berlinale vertreten.[8] 2016 hatte Dresen einen Gastauftritt in der WDR-Sendung Zimmer frei! mit Christine Westermann und Götz Alsmann. Der Protagonist dieser Folge ist Axel Prahl.
2018 kam Dresens Spielfilm Gundermann in die Kinos, der insgesamt sechs Lolas beim Deutschen Filmpreis 2019 gewann, darunter den Preis für den Besten Film. Zusammen mit dem Hauptdarsteller Alexander Scheer und Pankow-Sänger Jürgen Ehle spielt Andreas Dresen in einer ursprünglich zu den Filmpremieren gegründeten Band, die u.a. bekannte Lieder von Gerhard Gundermann, David Bowie und Rio Reiser, wiedergibt.[9]
Der nächste Film von Dresen, In Liebe, eure Hilde, handelt von der Widerstandskämpferin Hilde Coppi. Zudem soll Dresen Die Weihnachtsgans Auguste neu verfilmen.
Engagements und Mitgliedschaften
Andreas Dresen gehörte 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Er ist außerdem Mitglied der Europäischen Filmakademie und der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Zudem führte Dresen von 2013 bis 2019 das Amt des Stiftungsratsvorsitzenden der DEFA-Stiftung aus.[11]
Im Oktober 2012 wurde er auf Vorschlag der Fraktion Die Linke als juristischer Laie zum Verfassungsrichter im Land Brandenburg gewählt. Im November 2012 stimmte er der Wahl zu.[12]
Seit 2016 unterstützt Andreas Dresen das „Bündnis für Brandenburg“, eine Initiative des Bundeslandes Brandenburg, die dafür sorgen möchte, dass die Integration von Flüchtlingen gelingt.[13]
Seit dem Sommersemester 2018 hat er die neu eingerichtete Professur für Filmschauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Rostock inne.
Er war Erstunterzeichner in der Zeitschrift Emma veröffentlichten Offenen Briefs an Bundeskanzler Scholz vom 29. April 2022 in der Zeitschrift Emma, der sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ausspricht.[14]
2006: Ödön von Horváth: Kasimir und Karoline (Deutsches Theater Berlin)
Auszeichnungen
Nationale Preise
Preis der deutschen Filmkritik
1999: Bester Spielfilm für Nachtgestalten
2003: Bester Spielfilm für Halbe Treppe
Bayerischer Filmpreis
2003: Regiepreis für Halbe Treppe
2006: Regiepreis für Sommer vorm Balkon
Hessischer Filmpreis
1992: für Stilles Land
Grimme-Preis
2001: Adolf-Grimme-Preis in Gold für Die Polizistin
2011: Grimme-Preis, Sektion Information & Kultur/Spezial, für die künstlerische Leitung bei 20 × Brandenburg
Fernsehfilmfestival Baden-Baden
2000: Hauptpreis für Die Polizistin
Deutscher Filmpreis
1999: Nominierung Filmpreis in Gold für Außergewöhnliche Leistung in Regie für Nachtgestalten
2002: Filmpreis in Silber für Halbe Treppe
2002: Nominierung Filmpreis für Außergewöhnliche Leistung in Regie für Halbe Treppe
2009: Beste Regie für Wolke Neun
2012: Nominierungen in den Kategorien Regie und Drehbuch für Halt auf freier Strecke
2012: Preis in der Kategorie Regie für Halt auf freier Strecke
2019: Beste Regie für Gundermann
Deutscher Fernsehpreis
2001: Preis für beste Regie in einem Fernsehfilm für Die Polizistin
Internationales Filmfest Emden Aurich Norderney
1999: Nominierung für den Filmpreis Emden für Nachtgestalten
William-Dieterle-Filmpreis
2002: Hauptpreis für Halbe Treppe
1992: Deutscher Kritikerpreis
2001: Preis zur Förderung der deutschen Filmkunst der DEFA-Stiftung
2007: Bundesverdienstkreuz am Bande
2011: Douglas-Sirk-Preis des Hamburger Filmfests
2012: Verdienstorden des Landes Brandenburg
2012: Regine-Hildebrandt-Preis
2014: Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin
2019: Berliner Bär (B.Z.-Kulturpreis)
2020: Theodor-Heuss-Preis
2020: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
Internationale Preise
Internationales Filmfestival Berlin
Berlinale 1999: Nominierung Goldener Bär für Nachtgestalten
Berlinale 2002: Preis der Gilde Deutscher FimkunsttheaterKunstkinos für Halbe Treppe
Silberner Bär der Jury für Halbe Treppe
Nominierung für den Goldenen Bären für Halbe Treppe
Internationale Filmfestspiele von Cannes
2008: Coup de cœur du jury für Wolke Neun
2011: Prix Un Certain Regard für Halt auf freier Strecke
Chicago International Film Festival
2002: Silberner Hugo – Beste Regie für Halbe Treppe
Europäischer Filmpreis
2002: Nominierung Regiepreis für Halbe Treppe
2008: Nominierung Regiepreis für Wolke Neun
Flanders International Film Festival Ghent
2002: Silver Spur für Halbe Treppe
Nominierung Golden Spur für Halbe Treppe
Montreal World Film Festival
2000: Nominierung Grand Prix für Die Polizistin
Internationales Kinder- und Jugend-Filmfestival Lucas
1998: Lucas für Altersklasse 12- und 13-Jährige für Raus aus der Haut
Filmfestival Max Ophüls Preis
1995: Förderpreis Langfilm für Mein unbekannter Ehemann
Internationales Filmfestival Karlovy Vary
2009: Regiepreis für Whisky mit Wodka
Berlin & Beyond Film Festival
2019: Ehrenpreis für seine Filmkarriere
Literatur
Jörn Glasenapp: Prenzlberger Nächte sind lang. Tragikomischer Alltag in Andreas Dresens „Sommer vorm Balkon“. In: Jörn Glasenapp und Claudia Lillge (Hrsg.): Die Filmkomödie der Gegenwart. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2008, ISBN 978-3-7705-4495-0, S.289–308.
Jörn Glasenapp: Am Rand, am Ufer. Frankfurt an der Oder und die deutsch-polnische Grenze in Andreas Dresens „Halbe Treppe“ und Hans-Christian Schmids „Lichter“. In: Rundfunk und Geschichte 33 (2008), H. 3/4, S.50–55, ISSN1434-4408.
Manfred Hobsch, Ralf Krämer, Klaus Rathje: Filmszene D. Die 250 wichtigsten jungen deutschen Stars aus Kino und TV. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-511-2, S.103 ff.
David Lode: Abenteuer Wirklichkeit. Die Filme von Andreas Dresen. Schüren Verlag, Marburg 2009, ISBN 978-3-89472-690-4.
Kurzbiografie zu:Dresen, Andreas. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band1. Ch.Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Hans-Dieter Schütt: Andreas Dresen. Glücks Spiel. Gespräche. Bebra-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-89809-105-3.
Bernd Stiegler: "Im Kino sieht man nicht das wirkliche Leben". Ein Gespräch, Schüren Verlag, Marburg 2021, ISBN 978-3-7410-0210-6.
Jörg Schweinitz (Hrsg.): Andreas Dresen (= Film-Konzepte, Bd. 64), edition text+kritik, München 2022, ISBN 978-3-96707-580-9.
Dokumentarfilme über Andreas Dresen
Der Regisseur Andreas Dresen – Auf halber Strecke. Dokumentarfilm, Deutschland, 2013, 29:45 Min., Buch und Regie: Katrin Teubner, Kamera: Ferdinand Teubner, Produktion: MDR, Reihe: Lebensläufe, Erstsendung: 15. August 2013 bei MDR, von MDR, u.a. mit Lothar Bisky, Wolfgang Kohlhaase und Axel Prahl.[15]
Andreas Dresen – Mein Leben. Dokumentarfilm, Deutschland, 2008, 43 Min., Regie: Cordula Kablitz-Post, Produktion: avanti media, ZDF, Erstsendung: 14. Februar 2009, Inhaltsangabe von arte
Ines Walk: Biographie Andreas Dresen. (Memento vom 6. Januar 2015 im Internet Archive) In: film-zeit.de, März 2008, aufgerufen am 5. Januar 2015, hier mit Literaturliste (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive) der DEFA-Stiftung.
Schulgeschichte. (Memento vom 17. Juli 2014 im Internet Archive) In: Goethe-Gymnasium Schwerin – Allgemeinbildendes und Musikgymnasium, (archiviert).
Audiointerview zu Whisky mit Wodka. (Memento vom 14. September 2009 im Internet Archive) In: stichwortdrehbuch.de, 31. August 2009, 38:32 Min., Äußerungen zu Dresen gegen Ende des Interviews.
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