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Wolfgang Kohlhaase (* 13. März 1931 in Berlin; † 5. Oktober 2022 ebenda) war ein deutscher Drehbuchautor, Regisseur und Schriftsteller. Er gilt als „einer der wichtigsten Drehbuchautoren der deutschen Filmgeschichte“.[1] Seinen „vielfältigen Sprachwitz“ und seine „genaue Beobachtungsgabe einzelner Milieus“ setzen Regisseure und Filmkenner mit dem Können von Erich Kästner und Billy Wilder gleich.[2]

Wolfgang Kohlhaase (2009)
Wolfgang Kohlhaase (2009)

Leben und Werk


Wolfgang Kohlhaase war ein Sohn des Maschinenschlossers Karl Kohlhaase und dessen Frau Charlotte.[3] Er wuchs in Berlin-Adlershof auf und besuchte die Volks- und Mittelschule. Schon während der Schulzeit begann er zu schreiben und wurde 1947 Volontär und Redakteur bei der Jugendzeitschrift Start. Er schrieb Kurzgeschichten und Porträts. Ein Exemplar von Start mit einem Artikel von Kohlhaase erreichte auch das sowjetische Kriegsgefangenenlager, in dem sich 1947 Kohlhaase senior befand. Sein Vater stieg damit bei der Gefängnisleitung im Ansehen; er erhielt sowohl mehr Essen als auch leichtere Arbeit und konnte so das Lager überleben.[4] Der Sohn wurde später Mitarbeiter der FDJ-Zeitung Junge Welt. Von 1950 bis 1952 arbeitete er als Dramaturgie-Assistent bei der DEFA in Potsdam-Babelsberg. Ab 1952 war Kohlhaase freischaffender Drehbuchautor und Schriftsteller.

Seine ersten Filme, die er vor allem mit seinem Freund Gerhard Klein umsetzte, orientierten sich am Stil des italienischen Neorealismus.[5] Dem Sozialdrama Berlin – Ecke Schönhauser… (1956/57) mit Ekkehard Schall als einem rebellischen und Orientierung suchenden Hauptdarsteller wurde von offizieller Seite allerdings eine „zu große Konzession“ an den Neorealismus und eine zu negative Sichtweise vorgeworfen.[6] 1965 wurde ihr Filmprojekt Berlin um die Ecke nach den Beschlüssen des XI. Plenums des ZK der SED vorzeitig beendet und verboten. In diesem Spielfilm war der Hauptspielort die Fabrik, wo Kohlhaases Vater als Reparaturschlosser gearbeitet hatte (1987 konnte der Film fertiggestellt werden). Danach zog er sich vorläufig vom Drehbuchschreiben zurück und verlegte sich auf schriftstellerische Arbeit.[7] Ab Ende der 1960er Jahre arbeitete er mit dem Regisseur Konrad Wolf zusammen. Aus ihrer gemeinsamen Arbeit gingen mehrere international prämierte Spielfilme hervor, darunter Ich war neunzehn (1968) und Solo Sunny (1980).

Nach 1990 blieb Kohlhaase im Filmgeschäft; unter anderem zeichnete er mit Volker Schlöndorff „das heikle Kapitel des Exils von RAF-Mitgliedern in der DDR auf eine sensible Weise nach“[8] (Die Stille nach dem Schuss, 2000). Nach der Jahrtausendwende arbeitete er dreimal mit dem Regisseur Andreas Dresen zusammen: Sommer vorm Balkon (2005), Whisky mit Wodka (2009), Als wir träumten (2015). An Dresen schätze er besonders seine „freundliche“, „beinahe zärtliche“ Sicht- und Umgangsweise mit den Schauspielern und ihren dargestellten Figuren.[9] Dresen wiederum bestätigte, dass Kohlhaase und er dieselbe „Sicht auf Welt und Menschen“ teilen.[10] Kohlhaases Kunst habe immer etwas mit Partnerschaft und Freundschaft zu tun.[10]

Seine Drehbücher handeln von Geschichten aus dem Alltag und zeigen sein Interesse an einer differenzierten, realistischen Darstellung der Protagonisten und ihrer jeweiligen Lebensumstände.[11] Am Stil seiner Drehbuchdialoge wird „ein knapper, lakonischer Ton“ geschätzt, ein „Dialogwitz“, der „lebensklug“ und „melancholisch, manchmal sogar bitter“ wirke.[1] Anlässlich der Verleihung des Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk auf der Berlinale 2010 lobte die Jury Kohlhaases „Gespür für Authentizität in seinen Figuren wie in seinen Geschichten, seine lakonische, sehr ökonomische Sprache und seine feine Ironie.“[12]

An verschiedenen Hochschulen gab er Kurse über das Schreiben von Drehbüchern.[13]

Wolfgang Kohlhaase (1971)
Wolfgang Kohlhaase (1971)

Ab 1970 war Kohlhaase Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland, 1972 wurde er Mitglied der Akademie der Künste der DDR und 1991 wurde er in die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg übernommen. Der Verband deutscher Drehbuchautoren (VDD) ernannte ihn auf der Berlinale 2011 zum Ehrenmitglied.

Am 8. April 2011 erhielt er von der Deutschen Filmakademie die Lola für sein Lebenswerk. In seiner Dankesrede sagte er: „Ich bin nicht nur erfreut, sondern auch ermutigt. Und das braucht man in jedem Alter.“[14]

Kohlhaase lebte in Berlin und Reichenwalde und war mit der Tänzerin und Choreografin Emöke Pöstenyi verheiratet. Ein Hobby von ihm war Boxen; über Jahrzehnte hin boxte er in der Seniorengruppe bei SG Narva.[15]


Filmografie


Drehbuch

Regie

Darüber hinaus basiert der Film Persischstunden (2020) auf einer Erzählung von Wolfgang Kohlhaase mit dem Titel Erfindung einer Sprache.


Bücher (Auswahl)



Hörspiele



Auszeichnungen


Wolfgang Kohlhaase (rechts) erhält den Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds, 1989
Wolfgang Kohlhaase (rechts) erhält den Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds, 1989
Stern von Wolfgang Kohlhaase auf dem Boulevard der Stars in Berlin
Stern von Wolfgang Kohlhaase auf dem Boulevard der Stars in Berlin

Dokumentarfilme



Literatur




Commons: Wolfgang Kohlhaase – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Interviews

Zeitzeugengespräch


Einzelnachweise


  1. Susanne Beyer; Martin Wolf: Ein Mann der Zwischengröße. (PDF; 362 kB) In: Der Spiegel, 31. August 2009, Nr. 36, S. 132–134, hier S. 132; (online).
  2. Torsten Hilscher: Begnadeter Mann des Worts: Wolfgang Kohlhaase. Zum 80. Geburtstag. In: Potsdamer Neueste Nachrichten, 12. März 2011: „Nach Ansicht von Cineasten, Filmwissenschaftlern und Regisseuren verfügten in der deutschen Filmgeschichte nur noch zwei Drehbuchautoren über einen solch vielfältigen Sprachwitz und eine so genaue Beobachtungsgabe einzelner Milieus: Billie (Billy) Wilder (1906–2002), der das Land 1933 verlassen musste, und Erich Kästner (1899–1974).“
  3. fe: Wolfgang Kohlhaase. In: Munzinger-Archiv, 4. August 2015, aufgerufen am 7. April 2016.
  4. Regine Sylvester: Wie ein Berliner Drehbuchautor und Erzähler seit seiner Jugend Filme und sich einen Namen gemacht hat. In: Berliner Zeitung , 13. März 2001.
  5. In: Leben in Geschichten – Wolfgang Kohlhaase. (Memento vom 21. Juli 2012 im Webarchiv archive.today). In: arte / rbb, 18. August 2007.
  6. Berlin – Ecke Schönhauser. Spielfilm DEFA 1957. In: ARD, 7. August 2010 und Inhaltsangabe von RBB (gekürzt). (Memento vom 25. Januar 2015 im Webarchiv archive.today).
  7. Wolfgang Kohlhaase am 1. Juli 1994 über seine Hörspielarbeit und den Dramaturgen Wolfgang Beck, Sendung: 19. Juli 1994 auf MDR Kultur.
  8. Pressemitteilung: Ehrenpreis für Wolfgang Kohlhaase beim Deutschen Filmpreis 2011. In: Deutscher Filmpreis, 22. Februar 2011, Video der Preisverleihung 2011.
  9. Audiointerview zu Whisky mit Wodka. In: drehbuchautoren.de, 38:32 Min. (Äußerungen zu Dresen gegen Ende des Interviews)
  10. Andreas Dresen: Liebe, Tod und Wetter. Eine Hommage. In: Die Zeit, 11. Februar 2010, Nr. 7.
  11. Ines Walk: Wolfgang Kohlhaase. Defa-Stiftung, abgerufen am 24. Dezember 2019.
  12. vgl. Pressemitteilung. In: berlinale.de, 3. Dezember 2009, aufgerufen am 19. September 2018.
  13. Wolfgang Kohlhaase. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 7. April 2016.
  14. Foto: Deutscher Filmpreis 2011. In: SZ, 8. April 2011 und in faz.net.
  15. Dirk Moldt: NARVA Berlin – Ein Name, der noch existiert. In: Friedrichshainer ZeitZeiger. Abgerufen am 6. Oktober 2022.
  16. nach seinem Hörspiel Fragen an ein Foto, Rundfunk der DDR 1969, Abdruck in: Neue Deutsche Literatur, 1970, Nr. 1.
  17. nach seinem Hörspiel Die Grünstein-Variante, Rundfunk der DDR, 1976
  18. Diese Version erhielt in Venedig den Prix Italia for radio drama 1977.
  19. Cay Dobberke: Ausgezeichnete Berliner. In: Der Tagesspiegel, 5. Oktober 2007.
  20. Liste der Träger des Landesverdienstordens 2011, ehrenamt-in-brandenburg.de, abgerufen am 7. Oktober 2022
  21. dpa: Ehrenpreis des Filmkunstfests MV für Drehbuchautor Kohlhaase. In: Die Welt, 25. Februar 2015.
Personendaten
NAME Kohlhaase, Wolfgang
KURZBESCHREIBUNG deutscher Drehbuchautor, Schriftsteller und Regisseur
GEBURTSDATUM 13. März 1931
GEBURTSORT Berlin
STERBEDATUM 5. Oktober 2022
STERBEORT Berlin

На других языках


- [de] Wolfgang Kohlhaase

[en] Wolfgang Kohlhaase

Wolfgang Kohlhaase (13 March 1931 – 5 October 2022) was a German screenwriter, film director, and writer. He was considered "one of the most important screenwriters in German film history",[1] and was one of the GDR's most well-known and prolific film screenwriters.[2] Kohlhaase was awarded the Honorary Golden Bear at the 2010 Berlin International Film Festival.[3]

[ru] Кольхаазе, Вольфганг

Во́льфганг Ко́льхаазе (нем. Wolfgang Kohlhaase; 13 марта 1931, Берлин, Германия — 5 октября 2022, там же) — немецкий сценарист, драматург и режиссёр. Член Академии искусств ГДР.



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