Angela Richter (* 1970 in Ravensburg) ist eine deutsche Regisseurin und Aktivistin. Sie war bei Beginn der Intendanz von Stefan Bachmann (Spielzeit 2013/2014) eine von vier Hausregisseuren am Schauspiel Köln.
Angela Richter (2016)
Richter engagiert sich für den in London in Auslieferungshaft sitzenden investigativen Journalisten und australischen Politaktivisten Julian Assange.[1]
Leben
Angela Richter studierte Theaterregie bei Jürgen Flimm an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, war von 1996 bis 2000 Mitglied der Hamburger Künstlergruppe Akademie Isotrop, u. a. zusammen mit Jonathan Meese, André Butzer, Birgit Megerle und Roberto Ohrt. Seit 2001 arbeitet Richter als Regisseurin. 2006 gründete sie das Theater Fleetstreet in Hamburg, das sie bis 2010 leitete.
Für ihre Inszenierung von Der Fall Esra, die auf dem verbotenen Roman Esra von Maxim Biller basiert, erhielt sie 2009 den Rolf-Mares-Preis.
Angela Richter lebt in Berlin und Köln[2] und war mit dem bildenden Künstler Daniel Richter verheiratet.
Richter ist, wie auch ihr Ehemann Daniel, Mitglied der 2016 gegründeten Bewegung Demokratie in Europa 2025 (DiEM25).[3]
2016 war sie am Kapitalismustribunal in Wien beteiligt.[4]
Theaterarbeit
Intensive Recherchen zu einem Thema sind Ausgangspunkt der Stückentwicklungen von Angela Richter. Die Textgrundlage ihrer Theaterabende bilden Gespräche und Interviews, die sie in der Vorbereitungszeit, aber auch noch bis kurz vor der Premiere während der Proben führt. Im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Recherchematerial entsteht mit den Schauspielern auf der Bühne ein Textkonzentrat, das sehr wohl durch einzelne Modulationen, Verschiebungen und Überlagerung geprägt ist: „Auch wenn ich mit großer Demut an diese Interviews herangehe, ist es doch so, dass ich sehr stark verändere, auch mal schummele und den Leuten etwas in den Mund lege, was mir in den Kram passt. Also keine Lügen, aber überspitzte Formulierungen, die dramaturgisch einfach passen.“[5] Im Hinblick auf die Vorgehensweise der Regisseurin schlägt der Kölner Intendant Stefan Bachmann als Gattungsbezeichnung Gonzo-Theater vor: In Erinnerung an Hunter S. Thompson, der Fiktion und Realität, Journalismus und Schriftstellerei rauschhaft vermengte.[5]
Kennzeichnend für ihre Stückentwicklungen ist ebenso deren variable Struktur: In Reaktion auf aktuelle gesellschaftspolitische Ereignisse bleiben diese noch weit über den Zeitpunkt der Premiere hinaus offen für Veränderungen. Diese Praxis wird besonders an ihrem Stück Assassinate Assange deutlich, das im September 2012 in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel uraufführt wurde und in dem sich Angela Richter mit dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange auseinandersetzt. Das Gerüst des Theaterstücks liefern Interviews, die Angela Richter über einen längeren Zeitraum mit Julian Assange geführt hat.[6]
Im November 2013 erarbeitete die Regisseurin anlässlich der Inszenierung Assassinate Assange – Reloaded am Schauspiel Köln eine aktuelle Fassung, für die sie Julian Assange erneut in der ecuadorianischen Botschaft in London besuchte, um mit ihm in längeren Gesprächsrunden u.a. über den NSA-Spionage-Skandal und über Edward Snowdens Flucht und sein Exil in Russland zu sprechen.[6]
Seither besucht die Regisseurin nicht nur regelmäßig den WikiLeaks-Gründer in London, sondern engagiert sich verstärkt auf Diskussionspodien (u.a. Netzkultur: Einspruch! Freundschaft zwischen Avantgarde und Nerdtum) sowie in diversen Printmedien (Der Spiegel, Monopol – Magazin für Kunst und Leben, Interview Magazine, Revue – Magazine for the Next Society) für Internetaktivisten und Hacktivisten.
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Für die Spielzeit 2014/2015 hat Angela Richter in Koproduktion mit dem WDR-Fernsehen ein großangelegtes Projekt angesetzt, das sich unter dem Titel Die Avantgarde der Supernerds[7] u.a. mit dem Leben und Wirken von digitalen Dissidenten beschäftigen wird.
Inszenierungen (Auswahl)
1999: Revolution Evolution Exekution Aufführung mit der Akademie Isotrop im Der Kunstverein in Kunstverein Bremen
2000: Bericht für meine Akademie nach Der grüne Kakadu von Arthur Schnitzler, aufgeführt im Rahmen des Festivals „Die Wüste Lebt“ in den Hamburger Kammerspielen
2001: Versaut nach dem Roman Truismes von Marie Darrieussecq, Diplom 2001 in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel, im Mai 2001 Gastspiel im Jungen Theater Göttingen
2001: Alles wird in Flammen stehen Inszenierung von Texten von Dirk von Lowtzow im Rahmen des Autorenfestivals Dramatik 01 am Schauspielhaus Hannover
2003: L’Amérique am Neuen Cinema des Deutschen Schauspielhauses Hamburg mit der Band Les Robespierres und Melissa Logan
2003: Lear – Ungehorsam, unfreiwillig nach William Shakespeare an den Sophiensaelen in Berlin
2004: Jetlag #1 im Rahmen von X-Wohnungen, einem Raumprojekt des Hebbel am Ufer
2005: Magic Afternoon von Wolfgang Bauer in der Kulturfabrik Kampnagel, Hamburg
2006: Ich gegen mich an der Fleetstreet Hamburg
2006: Verschwör dich gegen dich frei nach John Cassavetes an den Sophiensaelen in Berlin und den Deichtorhallen in Hamburg
2006: It's lonely at the top im Rahmen der Veranstaltung Der Berg am Volkspalast in Berlin
2006: Kennen Sie diesen Mann an der Fleetstreet in Hamburg
2007: Der Kirschgarten von Anton Tschechow in der Kulturfabrik Kampnagel, Hamburg
2008: Jeff Koons von Rainald Goetz am Hebbel am Ufer Berlin
2008: X-Wohnungen am Hebbel am Ufer Berlin
2009: Der Fall Esra, basierend auf dem verbotenen Roman Esra von Maxim Biller in der Kulturfabrik Kampnagel, Hamburg
2009: X-Wohnungen, brut Wien
2010: Vive la Crise an der Garage X Theater Petersplatz in Wien
2010: Tod in Theben von Jon Fosse bei den Salzburger Festspielen
2010: Liebe Deinen Untergang am Theater Oberhausen
2011: Berghain Boogie Woogie am Hebbel am Ufer Berlin
2011: Leiwand Empire an der Garage X Wien, Text: Angela Richter, Jens Dietrich
2012: Assassinate Assange in der Kulturfabrik Kampnagel, Hamburg
2013: Kippenberger! Ein Exzess des Moments am Schauspiel Köln
2013: Assassinate Assange – Reloaded am Schauspiel Köln
2014: Brain and Beauty. Eine Suche nach dem Gesicht der Zukunft am Schauspiel Köln
2015: Supernerds am Schauspiel Köln
2016: Silk Road, Ein Ausflug auf die tote Seitenstraße des Darknet am Schauspiel Köln
2019: Antigone von Slavoj Žižek am Kroatischen Nationaltheater in Zagreb
Auszeichnung
2009: Rolf-Mares-Preis
Publikationen
Angela Richter, Legenden: Lunch mit dem Staatsfeind, in Der Spiegel, H. 28 2011, S. 104–106.
Angela Richter, Sind Nerds die neue Avantgarde?, in Monopol – Magazin für Kunst und Leben 02/2014, S. 70–73.
Angela Richter, Inside Julian Assange, Interview Magazine Germany, H. 5 2014, S. 91–97.
Angela Richter, Interview mit Joseph Farrell, in REVUE – Magazine for the Next Society, H. 15 2014, S. 42–49.
Was die Künstler nicht mehr machen können, das machen wir jetzt. In: Haus Bartleby (Hg.): Das Kapitalismustribunal, Zur Revolution der ökonomischen Rechte (Das rote Buch). Herausgegeben von Alix Faßmann, Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp. Übersetzt von Corinna Popp, Viktor Kucharski, Anselm Lenz. Haus Bartleby e.V., Wien: Passagen Verlag 2016, ISBN 978-3-7092-0220-3, S. 29–33
Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) Kultur vom 26. September 2013: Kölner Schauspielhaus: „Wir sind da, wo die Mitte Kölns ist“, das Gespräch führten Christian Bos und Martin Oehlen, abgerufen am 19. Oktober 2013
Angela Richter: „Was die Künstler nicht mehr machen können, das machen wir jetzt“. In: Haus Bartleby (Hg.): Das Kapitalismustribunal, Zur Revolution der ökonomischen Rechte (Das rote Buch). Herausgegeben von Alix Faßmann, Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp. Übersetzt von Corinna Popp, Viktor Kucharski, Anselm Lenz. Haus Bartleby e.V., Wien: Passagen Verlag 2016, ISBN 978-3-7092-0220-3, S. 29–33.
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