Peter Stephen Paul Brook CH CBE (* 21. März 1925 in London, England; † 2. Juli 2022 in Paris) war ein britischer Theater- und Filmregisseur, der zu den wichtigsten Vertretern des zeitgenössischen europäischen Theaters gezählt wird. Berühmt sind seine Vorträge über modernes Theater, als Buch herausgegeben 1968 unter dem Titel „Der leere Raum“, die eine ganze Generation von Regisseuren beeinflussten.
Peter Brook (2009)
Leben
Peter Brook wurde 1925 in London als Sohn von Simon Brook und seiner Ehefrau Ida Brook, geb. Jansen, geboren. Seine Eltern waren jüdische Einwanderer aus Lettland. Er besuchte die Westminster School, die Gresham’s School in Norfolk und das Magdalen College, Oxford. Bereits als Schüler beschäftigte er sich mit dem Medium Theater. Erste Engagements als Regisseur hatte er ab 1945 in Birmingham, Stratford-upon-Avon und London, wo er hauptsächlich Dramen von Shakespeare inszenierte. Er galt schnell als „Wunderkind“ der britischen Theaterszene und war etwa von 1947 bis 1949 am Royal Opera House als Regisseur tätig, wo er Aufmerksamkeit dafür erhielt, die Kostüme für eine Produktion von Richard Strauss’ Oper Salome von Salvador Dali entworfen lassen zu haben. Die Produktion war wegen ihrer sexuellen Tabubrüche ein aufsehenerregender Skandal. Das kostete Brook zwar die Verlängerung seines Vertrages bei der Royal Opera, aber er wurde umso gefragter.[1]
In den folgenden Jahrzehnten folgten Inszenierungen von Stücken von Jean-Paul Sartre, Friedrich Dürrenmatt, Peter Weiss und Jean Genet. 1962 inszenierte er Shakespeare erstmals auf leerer Bühne. Die Theorie dazu lieferte er in seinem Buch Der leere Raum.[2] Brook rückte in seinen teils asketisch wirkenden Inszenierungen die körperlichen Ausdrücke und das gesprochene Wort in den Vordergrund, Bühnenbilder oder optische Effekte waren hingegen nicht oder nur gezielt eingesetzt; er gilt damit als Einflussgeber des modernen Theaters.[3]
Mit 27 Jahren drehte Brook als Filmregisseur seinen ersten Film Die Bettleroper (erschienen 1953) und wandte sich auch in den folgenden Jahrzehnten neben dem Theater immer wieder dem Medium Film zu. Die wohl bekanntesten Filme unter seiner Regie sind Herr der Fliegen (1963) nach dem gleichnamigen Roman von William Golding sowie die Peter-Weiss-Adaption Marat/Sade (1966) mit Patrick Magee und Ian Richardson in den Hauptrollen. Außerdem inszenierte er mehrere Shakespeare-Verfilmungen für die BBC.
Brook setzte sich thematisch oftmals mit außereuropäischen Kulturkreisen auseinander etwa in dem 1985 uraufgeführten Stück Mahabharata, das sich mit der indischen Mythologie befasst und er in einer insgesamt rund neunstündigen Inszenierung auf die Bühne brachte[4], oder seinem 1979 gedrehten Film Gurdjieff – Begegnungen mit bemerkenswerten Menschen. Dennoch blieben insbesondere Shakespeare-Stücke wie Hamlet sein Fokus, die er aber immer wieder auf innovative Weise zu inszenieren suchte. Brook inszenierte bis ins hohe Alter und veröffentlichte auch weitere Bücher für die Theatertheorie, zuletzt The Quality of Mercy: Reflections on Shakespeare (2013); Tip of the Tongue: Reflections on Language and Meaning (2017) und Playing by Ear: Reflections on Music and Sound (2019).[5]
1970 gründete er in Paris das Centre International de Recherche Théâtrale (CIRT), aus dem das Théâtre des Bouffes du Nord hervorging, welches heute noch existiert, und lebte seit den 1970er Jahren in Frankreich. In seinem Heimatland England wurde er 1998 in den Order of the Companions of Honour aufgenommen, in Frankreich zum Kommandeur der Ehrenlegion ernannt.
Peter Brook war von 1951 bis zu ihrem Tod im Jahr 2015 mit der Schauspielerin Natasha Parry verheiratet. Der Ehe entstammen zwei Kinder. Brook starb am 2. Juli 2022 im Alter von 97 Jahren in Paris.[6]
1957: Tennessee Williams Die Katze auf dem heißen Blechdach
1957: Friedrich Dürrenmatt Der Besuch der alten Dame
1957: William Shakespeare Der Sturm
1957: P.I. Tschaikowski Eugen Onegin
1958: Friedrich Dürrenmatt Der Besuch
1959: Irma la Douce
1960: Jean Genet Der Balkon
1962: William Shakespeare Der Sturm
1963: William Shakespeare König Lear
1963: John Arden Der Tanz des Sergeanten Musgrave
1963: Friedrich Dürrenmatt Die Physiker
1963: Rolf Hochhuth Der Stellvertreter
1964: Das Theater der Grausamkeit 1. Teil nach: Ableman, Artaud, Robbe-Gillet, Jean Genet, John Arden, Margaretta d’Arcy, Charles Marowitz; 2. Teil nach: Jean Genet und Bernard Frechtman
1964: Peter WeissMarat/Sade (Royal Shakespeare Company)
1964: Jean Genet Die Wände
1965: Peter Weiss Die Ermittlung (Royal Shakespeare Company)
Das Stück „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspieltruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade“ von Peter Weiss gehört zu den zentralen dramatischen Werken des 20. Jahrhunderts. Brook führte 1967 bei der Verfilmung der Royal-Shakespeare-Company-Bühnenversion von „Marat/Sade“ Regie.
1968: Tell Me Lies. – Film über London zur Zeit des Vietnamkriegs
1971: King Lear.
1979: Gurdjieff – Begegnungen mit bemerkenswerten Menschen(Meetings with Remarkable Men)
Regie: Peter Brook – Drehbuch: Peter Brook; Jeanne de Salzmann – Darsteller: Dragan Maksimović, Terence Stamp, Athol Fugard u.a.
Der Film basiert auf der gleichnamigen Autobiografie von Georges I. Gurdjieff, einem kaukasischen Weisheitslehrer, mit dem sich Brook intensiv beschäftigt hat.
Darin beschreibt Gurdjieff seine Kindheit und Jugend am Fuße des Kaukasus und seine Begegnungen mit den Menschen, die den Ursprung seiner späteren Lehren formten. Höhepunkte des Filmes sind unter anderem die Reisen zu gewissen Sufi-Lehrern und die (original von Gurdjieff-Schülern aufgeführten) heiligen Tänze im verborgenen Kloster der geheimnisvollen Bruderschaft Sarmoung.
1983: La Tragédie de Carmen, nach Brooks Inszenierung der Oper von Bizet
1989: Mahabharata
2002: The Tragedy of Hamlet
Schriften und Gespräche
Peter Brook: Der leere Raum. Aus dem Englischen von Walter Hasenclever. Hoffmann & Campe, Hamburg 1969 (8. Auflage. Alexander Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-923854-90-0).
Peter Brook: Wanderjahre, Schriften zum Theater, Film & Oper 1946–1987. Alexander Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-923854-25-0.
Peter Brook: Vergessen Sie Shakespeare. Aus dem Französischen von Hans-Henning Mey. Alexander Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-89581-021-5.
Margaret Croyden: Conversations with Peter Brook 1970–2000. Faber and Faber, New York 2003, ISBN 0-571-21137-2.
Between Two Silences: Talking with Peter Brook. hg. von Dale Moffitt. Southern Methodist University Press.
deutsch: Dale Moffitt (Hrsg.): Zwischen zwei Schweigen. Gespräche mit Peter Brook. Aus dem Englischen von Petra Schreyer. Alexander Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-89581-094-0.
Peter Brook: Das offene Geheimnis. Frankfurt am Main 1998. (Neuausgabe mit einem Nachwort von Hans-Thies Lehmann. Alexander Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-89581-266-8)
Peter Brook: Zeitfäden. (Autobiographie). Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-10-008308-3.
Peter Brook – Theater als Reise zum Menschen. Texte und Gespräche von und mit Peter Brook, Jean-Claude Carrière, Yoshi Oida u.a., hg. von Olivier Ortolani. Alexander Verlag, Berlin 2005.
Peter Brook, Jean-Claude Carrière, Jerzy Grotowski: Georg Iwanowitsch Gurdjieff. Aus dem Französischen von Hans-Henning Mey. Alexander Verlag, Berlin 2001, ISBN 978-3-89581-060-2.
La voie de Peter Brook – Peter Brook’s Journey. Documentation of the 2nd European Theatre Prize, hg. von Georges Banu und Alessandro Martinez. Alexander Verlag, Berlin (englisch/französisch).
Peter Brook: Mein Shakespeare (The Quality of Mercy). Alexander Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-89581-334-4.
Auszeichnungen
1965 Commander des Order of the British Empire
1970 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin
1986 Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
1989 Europäischer Theaterpreis
1991 Großoffizier des Ordens des heiligen Jakob vom Schwert
1995 Offizier der Ehrenlegion
1998 Order of the Companions of Honour
2005 Dan-David-Preis.
2008 wurde Brook mit dem Internationalen Ibsen-Preis ausgezeichnet.
2013 Kommandeur der Ehrenlegion
2019 Prinzessin-von-Asturien-Preis für Kunst (50.000 Euro Preisgeld)[7]
Literatur
John Heilpern:Conference of the Birds. The Story of Peter Brook in Africa. Faber & Faber, London 1977, ISBN 0-571-10372-3 (englisch).
Albert Hunt, Geoffrey Reeves:Peter Brook. Cambridge University Press, Cambridge 1996, ISBN 0-521-22662-7 (englisch).
Richard Helfer, Glenn Meredith Loney (Hrsg.):Peter Brook. Oxford to Orghast (=Contemporary Theatre Studies. Band27). Harwood Academy Publ., Amsterdam 1998, ISBN 90-5702-208-7 (englisch).
Andrew Todd, Jean-Guy Lecat:The Open Circle. Peter Brook’s Theatre Environments. Palgrave MacMillan, New York 2003, ISBN 1-4039-6362-2.
Arthur Horowitz:Prospero’s „True Preservers“, Peter Brook, Yukio Ninagawa, and Giorgio Strehler. Twentieth-Century Directors Approach Shakespeare’s the Tempest. University of Delaware Press, Newark 2004, ISBN 0-87413-854-X (englisch).
Olivier Ortolani (Hrsg.):Theater als Reise zum Menschen. Der Regisseur Peter Brook. Alexander-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89581-135-1.
Michael Kustow:Peter Brook. A Biography. Bloomsbury Publ, London 2006, ISBN 0-7475-7913-X (englisch).
Gerhard Stadelmaier:Das Glückskind als Gottesversucher. Er ist der König des Welttheaters, als Regisseur ein Zauberer, das Genie der größten Einfachheit: Heute wird das Wunder Peter Brook neunzig Jahre jung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 21.März 2015, S.11 (archive.org[abgerufen am 7.Juli 2022]).
Peter Kümmel: Der Meister des Doppellichts. Zum Tod des großen Theaterregisseurs und Menschenforschers Peter Brook. In: Die Zeit, Nr. 28, 7. Juli 2022, S. 54.
Peter Brook ist tot: Der britische Theatertitan ist mit 97 Jahren gestorben. In: Der Spiegel. 3.Juli 2022, ISSN2195-1349 (spiegel.de[abgerufen am 5.Juli 2022]).
Urs Jenny:Indiens Sommernachtstraum. In: Der Spiegel. 14.Juli 1985, ISSN2195-1349 (spiegel.de[abgerufen am 5.Juli 2022]).
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