Bones and All ist ein romantisches Horror-Drama von Luca Guadagnino, das im September 2022 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig seine Premiere feierte, am 23. November 2022 in die US-Kinos und am darauffolgenden Tag in die deutschen Kinos kommen soll. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Jugendbuch von Camille DeAngelis. Im Film begibt sich eine junge Frau namens Maren Yearly auf eine Reise quer durch die USA, um ihre Mutter zu suchen, die sie nie kennengelernt hat. Sie will verstehen, warum sie das Bedürfnis verspürt alle Menschen zu töten und zu essen, die sie liebt.
Maren Yearly will bei einer Klassenkameradin übernachten, doch ihr Vater erlaubt dies nicht und sperrt sie in ihrem Zimmer ein. Er nagelt die Fenster ihres Zimmers zu. Er weiß, dass sie immer wieder das Bedürfnis verspürt, Menschen zu verletzen, zu töten und zu essen, die sie liebt. Dennoch gelingt es dem Teenager, sich an dem Abend aus dem Wohnwagen zu schleichen, doch bei der Begegnung mit ihrer Freundin beißt sie ihr beim Liebesspiel in den Finger, bis das Blut spritzt. Ihr Vater ist nur wenig überrascht, als er von dem Vorfall hört, und sagt ihr, sie solle das Haus verlassen, bevor die Polizei kommt.
An Marens 18. Geburtstag wacht sie auf und muss feststellen, dass ihr Vater verschwunden ist. Er hat ihr ihre Geburtsurkunde und eine Kassette hinterlassen, auf der er erklärt, warum er dies getan hat. Aus ihrer Geburtsurkunde erfährt Maren, wer ihre Mutter sein könnte. Die junge Frau begibt sich auf eine Reise quer durch die USA, um ihre Mutter zu suchen, die sie nie kennengelernt hat, um zu verstehen, warum sie so ist, wie sie ist. Sie glaubt, dieser Hunger in ihr, könne vielleicht von ihr stammen. Sie durchquert die Great Plains und Great Lakes, um sie zu finden. Unterwegs lernt sie beim Warten auf den Greyhound-Bus einen anderen Kannibalen namens Sully kennen, der behauptet, ihr Geheimnis zu kennen und sie mitnimmt zu dem, was er sein Zuhause nennt. Sully ist ein Exzentriker und trägt einen langen geflochtenen Pferdeschwanz und einen Hut mit einer Feder.
Später in Indiana lernt sie Lee kennen, ebenfalls ein „Eater“, in den sie sich verliebt. Zurück in Kentucky lernt sie ihre jüngere Schwester kennen.[2][3]
„Penny Wilson wanted a baby of her own in the worst way. That’s what I figure, because she was only supposed to watch me for an hour and a half, and obviously she loved me a little too much. She must have hummed a lullaby, fondled each tiny finger and toe, kissed my cheeks and stroked the down on my head, blowing on my hair like she was making a wish on a dandelion gone to seed. I had my teeth but I was too small to swallow the bones, so when my mother came home she found them in a pile on the living room carpet.“
Der Film basiert auf dem Roman Bones & All von Camille DeAngelis aus dem Jahr 2015.[5] Die 1980 geborene DeAngelis arbeitete als Redaktionsassistentin für Sachbücher und als Reiseautorin, bevor sie sich dem Schreiben von Belletristik zuwandte. Sie lebt in New Jersey.[6] Für Bones & All wurde sie mit dem Alex Award ausgezeichnet. Der Titel bezieht sich auf die „höchste Stufe des Kannibalismus“, bei der alles gegessen wird, einschließlich der Knochen.[7]
Regie führte Luca Guadagnino, während David Kajganich das Buch von DeAngelis adaptierte. Beide arbeiteten bereits für den 2018 erschienenen Film Suspiria zusammen. Anders als im Buch lebt Maren im Film bei ihrem Vater und begibt sich auf die Suche nach ihrer Mutter.[8]
Die Kanadierin Taylor Russell spielt in der Hauptrolle Maren Yearly. Zuletzt war sie in größeren Rollen in Waves, Escape Room und Falling Skies zu sehen. Mark Rylance spielt Sully, den ersten anderen Kannibalen, dem sie begegnet. Timothée Chalamet übernahm die Rolle von Lee. André Holland spielt Marens Vater. Er ist am Anfang des Films und in Rückblenden zu sehen und auf der Tonbandaufnahme, die er seiner Tochter hinterlassen hat, immer wieder zu hören.[2] Jessica Harper spielt Marens Großmutter. Sie war bereits in Guadagninos Suspiria zu sehen. Anna Cobb spielt Marens jüngere Schwester, die in Kentucky lebt.[8] Chloë Sevigny spielt ihre geisteskranke Mutter.[7][9] Der Regisseur David Gordon Green hat im Film einen Cameo-Auftritt und spielt Brad.[5]
Russell trägt in der Rolle von Maren die meiste Zeit geblümte Sommerkleider.[2] Chalamet trägt in der Rolle von Lee im Stil der 1980er Jahre einen Vokuhila mit kupferorangen Strähnen, einen Fedora mit Krempe, eine weißer Halskette, Jeans mit Löchern an den Knien und gemusterte Hemden, die er aufgeknöpft trägt.[7]
Die Dreharbeiten wurden Ende Mai 2021 begonnen.[10] Nach anfänglichen Aufnahmen im Juni 2021 in Cincinnati in Ohio, drehte man später in der Gegend um Chillicothe.[11] Als Kameramann fungierte Arseni Khachaturan, der zuletzt mit Arie und Chuko Esiri für Eyimofe zusammenarbeitete.
Die Musik komponierten die Filmkomponisten Trent Reznor und Atticus Ross. Der Soundtrack des Films wurde größtenteils aus Songs der 1980er Jahre zusammengestellt, unter anderem mit Liedern von Duran Duran und Kiss.[2] Das Soundtrack-Album mit insgesamt 24 Musikstücken, darunter der Song (You Made It Feel Like) Home, in dem sie gemeinsam mit Mariqueen Maandig Reznor auch singen, wurde am 18. November 2022 von The Null Corporation als Download veröffentlicht.[12]
Im März 2022 erwarb Metro-Goldwyn-Mayer die weltweiten Vertriebsrechte an dem Film und wird ihn über United Artists Releasing veröffentlichen. Es handelt sich bei Bones and All um den ersten Film, der von MGM nach seinem Fusionsvertrag mit Amazon am 17. März 2022 erworben wurde. Vision Distribution wird den Film in Italien veröffentlichen.[13] Anfang August 2022 wurde ein Teaser zum Film veröffentlicht.[14] Die Premiere erfolgte am 2. September 2022 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig.[15] Anfang September 2022 wurde er auch beim Telluride Film Festival gezeigt.[16] Ende September 2022 wurde er beim Zurich Film Festival gezeigt.[17] Zu dieser Zeit wurde auch der erste Trailer vorgestellt.[18] Im Oktober 2022 soll er beim New York Film Festival und beim London Film Festival gezeigt werden[19][20] und hiernach beim AFI Fest und bei der Viennale.[21][22] Am 23. November 2022 soll der Film in die US-amerikanischen und am darauffolgenden Tag in die deutschen Kinos kommen.[23][24] Der Kinostart in Österreich ist am 25. November 2022 geplant.[25]
In den USA erhielt der Film von der MPAA ein R-Rating, was einer Freigabe ab 17 Jahren entspricht.[23] In Deutschland wurde der Film von der FSK ab 16 Jahren freigegeben.
Dieter Oßwald beschreibt Bones and All in seiner Funktion als Filmkorrespondent der Gilde deutscher Filmkunsttheater als eine ungewöhnliche Mischung aus Coming-of-Age, Lovestory, Roadmovie und Horror und bezieht sich dabei auf die Splatter-Szenen, die Gewaltexzessen und die Bilder wie aus einer „Körperwelten“-Ausstellung oder einer Anatomie-Dokumentation. Die visuell famose Tour dieser „Fine Young Cannibals“ könne auch als Metaphorik für US-Kapitalismus, Drogensucht und Identitätssuche enträtselt werden.[26] Christoph Petersen von Filmstarts erklärt, wenn in dem Film das sommerlich-leichte Coming-of-Age-Liebesgefühl aus Call Me by Your Name auf den allegorischen Horror aus Suspiria treffe, sei Bones and All in gewisser Weise ein Destillat aus Luca Guadagninos zwei bekanntesten Filmen. Im Kern sei Bones and All schließlich ein ganz klassisches Außenseiter-Roadmovie, wie man es schon oft gesehen hat, bleibe dabei aber angenehm offen. Auch er erkennt in der Sucht nach Menschenfleisch einen möglichen allegorischen Platzhalter wahlweise für Drogen, den Kapitalismus oder den gesellschaftlichen Konformitätszwang.[27]
Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind 86 Prozent positiv bei einer durchschnittlichen Bewertung mit 7,9 von 10 möglichen Punkten.[28] Bei Metacritic erhielt der Film einen Metascore von 74 von 100 möglichen Punkten.[29]
Owen Gleiberman von Variety schreibt, auch wenn Bones and All irgendwie nach Horrorfilm klinge und auch als solcher verkauft werde, sei der Film ein mäandrierendes Roadmovie der Erinnerung, und die Aufnahmen hätten die Sinnlichkeit eines Reiseberichts, der Film erzähle dabei jedoch keine wirkliche Geschichte. Das Drehbuch von David Kajganich sei auch nicht großartig auf Logik oder Konsistenz ausgerichtet. Gleiberman beschreibt es als „Catch-as-catch-can“-Drehbuch, das den Film in völlig willkürliche Richtungen führt.[7]
Leila Latif von IndieWire erkennt in Bones and All vor allem eine eindeutige Hommage an Terrence Malicks Badlands, der Film gehe jedoch viel sanfter mit seinen Hauptdarstellern um. Am auffälligsten sei dies, als die beiden Liebenden in Nebraska sind und Timothée Chalamet seine nahezu unvergleichliche Fähigkeit zeigt, leise zu weinen. So beschenke Regisseur Luca Guadagnino den Zuschauer immer wieder mit mitreißender Romantik, der man sich schwer entziehen könne. Dies sei eine Liebesgeschichte von zwei Menschen, die durch eine Welt reisen, während ihnen gesagt wird: „Die Welt der Liebe will keine Monster in ihr“, so Latif. Bones and All sei im Grunde eine wunderschön umgesetzte, tragische Romanze, die in mehreren Momenten Tschechow selbst zum Weinen bringen würde. Anders als in Vampir-, Zombie- und Werwolffilmen mit ihren festgefahrenen Strukturen habe Guadagnino keine wirklichen Regeln in dieser Welt festgelegt, die über das hinausgehen, was sich die „Esser“ selbst auferlegen. So erfreuten sich manche am Töten und Verzehren ihrer Mitmenschen, und andere jagten nur die Sterbenden, Grausamen oder Besitzlosen.[2] „Bones and All ist ein extravaganter und empörender Film: gruselig, widerlich und erschreckend in seinem verschrobenen, romantischen Idealismus“ schreibt Peter Bradshaw, der Filmkritiker des Guardian, und gibt dem Film fünf Sterne.[30]
Brian Formo von collider.com schreibt in seiner Kritik, auch wenn die im Film angesprochenen Genres in ihrer Mischung nicht immer funktionierten, sei die Chemie zwischen Taylor Russell und Timothée Chalamet so stark, dass sich jeder Cameo-Auftritt bedeutungslos und störend anfühle. Von allen Cameos in Bones and All sei es der Auftritt von Jessica Harper in der Rolle von Marens Großmutter, die es nicht über sich bringt, offen über ihre Tochter zu sprechen, der heraussteche. Russell porträtiere Maren zurückhaltend, aber warmherzig, mit einem guten Gespür für andere.[3]
Thomas Schultze von Blickpunkt:Film bemerkt, Guadagnino habe keine Berührungsängste und zucke nicht, wenn es darum geht, Dinge zu zeigen, die man als geschmacklos empfinden könnte. Er habe dabei jedoch nicht mehr als die grobe Prämisse des Romans übernommen. Bones and All sei in seinen frühen Szenen ein Horrorfilm wie von David Lynch in seinen besten Tagen, besonders als Maren in einem gottverlassenen Kaff den bizarren Sully kennenlernt. Marens Reise und später die mit Lee sei Road Movie und Liebesgeschichte, Horrorfilm und Coming-of-Age-Story, Wild at Heart und Natural Born Killers, ganz zart und erschütternd hart, aber immer Luca Guadagnino durch und durch, der seine Geschichten immer so wunderbar eindringlich definiere durch die Räume, in denen sie spielen. Wenn sein Suspiria sein Blick auf Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg war, dann sei Bones and All sein Film über Amerika: „ein Trip ans Ende der Nacht, der das Land, Staat für Staat, mit Haut und Haar verschlingt, wie Maren und Lee ihre Zähne in menschliche Körper schlagen, ein schonungsloses Drama über Armut und Drogensucht, über Identitätssuche und Einsamkeit, ein Film, der ist, was er seine blutgetränkten Figuren essen lässt – bei aller Grausamkeit und Konsequenz zutiefst menschlich.“ Zu Russell bemerkt Schultze, diese löse nun das Versprechen ein, das sie drei Jahren zuvor in dem Film Waves von Trey Edward Shults gegeben habe: „Die Leinwand erstrahlt, wenn man sie sieht.“[31]
Gotham Awards 2022
Hollywood Music In Media Awards 2022
Internationale Filmfestspiele von Venedig 2022
| |
Spielfilme |
The Protagonists (1999) • Melissa P. – Mit geschlossenen Augen (2005) • Ich bin die Liebe (2009) • A Bigger Splash (2015) • Call Me by Your Name (2017) • Suspiria (2018) • Bones and All (2022) • Challengers (2023) |
Dokumentarfilme |
Mundo civilizado (2003) • The Love Factory #3 Pippo Delbono – Bisogna morire (2008) • Inconscio italiano (2011) • Bertolucci on Bertolucci (2013) • Salvatore – Shoemaker of Dreams (2020) |
Kurzfilme |
Qui (1997) • L'uomo risacca (2000) • Au revoir (2001) • Tilda Swinton. The Love Factory (2002) • Part deux (2007) • Chronology (2010) • Destinée (2012) • Here (2012) • One Plus One (2012) • Walking Stories (2013) • The Staggering Girl (2019) |