fiction.wikisort.org - Forscher

Search / Calendar

Walter Friedrich Höllerer (* 19. Dezember 1922 in Sulzbach; † 20. Mai 2003 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Literaturkritiker und Literaturwissenschaftler. Er war von 1959 bis 1988 Professor für Literaturwissenschaft an der TU Berlin. Höllerer war Mitglied der Gruppe 47, Gründer der Zeitschrift Akzente und des Literarischen Colloquiums Berlin.

Walter Höllerer bei der Verleihung des Fontane-Preises (1966)
Walter Höllerer bei der Verleihung des Fontane-Preises (1966)

Leben


Der evangelische Lehrersohn Höllerer absolvierte die Volksschule im oberpfälzischen Sulzbach und dann das humanistische Gymnasium in Amberg. Ab 1941 war er Soldat im Zweiten Weltkrieg und geriet anschließend in Gefangenschaft. Er studierte nach 1945 zunächst Theologie, dann Philosophie, Geschichte, Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft in Erlangen (u. a. bei Johannes Straub) und Göttingen (u. a. bei Nicolai Hartmann). Er legte 1949 in Erlangen die Lehramtsprüfung für höhere Schulen ab und promovierte im selben Jahr bei Helmut Prang mit einer Schrift über Gottfried Kellers Novellenzyklus „Die Leute von Seldwyla“. 1953 wurde er wissenschaftlicher Assistent an der Universität Frankfurt am Main bei Kurt May, bei dem er sich 1956 mit der Arbeit „Zwischen Klassik und Moderne. Lachen und Weinen in der Dichtung einer Übergangszeit“ habilitierte.[1]

Anschließend lehrte er in Frankfurt als Privatdozent für Deutsche Literaturwissenschaft und arbeitete zugleich als Lektor beim Suhrkamp-Verlag. In seiner Zeit als Assistent und Privatdozent in Frankfurt bildete sich ein informeller Kreis von Studenten und Doktoranden um Höllerer, die sein Interesse für die Gegenwartsliteratur teilten und von denen manche auch selbst literarische Texte verfassten. Zu diesem Freundes- und Schülerkreis gehörten etwa Karl Markus Michel, Klaus Wagenbach, Herbert Heckmann, Volker Klotz und Norbert Miller.[2] Mit seinem Lehrer Kurt May begründete Höllerer 1958 die Schriftenreihe „Literatur als Kunst“. Von 1959 bis zu seiner Emeritierung 1987 war er ordentlicher Professor für Literaturwissenschaft an der Technischen Universität Berlin, wo er 1959 das Institut für Sprache im technischen Zeitalter gründete. 1973 nahm er eine Gastprofessur für Germanistik und Komparatistik an der University of Illinois at Urbana-Champaign wahr.[1]

Neben der wissenschaftlichen Arbeit veröffentlichte er eigene Gedichte und Romane, verfasste Kritiken und Nachworte. 1954 gründete Höllerer mit der Zweimonatszeitschrift Akzente eines der wichtigsten literarischen Foren der Bundesrepublik. Ab 1954 nahm er an den Treffen der Gruppe 47 teil, einem losen Zusammenschluss junger deutschsprachiger Nachkriegsautoren. 1960 wurde er Mitglied des deutschen PEN-Zentrums (Bundesrepublik). In den frühen 1960er Jahren moderierte er Literatursendungen im Sender Freies Berlin.[3] 1961 rief er die Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter, 1963 das Literarische Colloquium Berlin ins Leben. Durch seine Tätigkeit als Herausgeber und Kritiker sowie als Lehrstuhlinhaber an der TU Berlin prägte Höllerer das geistige Leben einer ganzen Epoche mit. Robert Neumann kritisierte 1966 scharf Höllerers führende Rolle in der Gruppe 47 und im damaligen Literaturbetrieb.[4] 1977 gründete er das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, in welches er das Archiv der Zeitschrift Akzente einbrachte, ab 1985 fungierte Höllerer als Direktor des Literaturarchivs.

1965 heiratete Höllerer die Fotografin Renate von Mangoldt. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Ihr Sohn Florian (* 1968) übernahm ab 2014 die Leitung des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB).[5] Seit 1959 war Walter Höllerer Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. 1966 erhielt er den Fontane-Preis, 1974 den Kulturpreis der Stadt Sulzbach-Rosenberg. Seine Heimatstadt Sulzbach-Rosenberg verlieh ihm 1991 die Ehrenbürgerschaft, 1993 wurde er zum Ehrenmitglied der TU Berlin ernannt. 1993 erhielt Höllerer zusammen mit Robert Creeley den Horst-Bienek-Preis für Lyrik, 1994 die Rahel-Varnhagen-von-Ense-Medaille der Stadt Berlin sowie den Nordgaupreis des Oberpfälzer Kulturbundes in der Kategorie „Dichtung“.

Walter Höllerers Grabstein auf dem Friedhof Heerstraße
Walter Höllerers Grabstein auf dem Friedhof Heerstraße

Walter Höllerer starb am 20. Mai 2003 im Alter von 80 Jahren in Berlin. Bei der Beisetzung, die am 28. Mai 2003 auf dem landeseigenen Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend stattfand (Grabstelle: 16-D-7/8), trug Günter Grass das Gedicht „Walter Höllerer nachgerufen“ vor.[6]

Im Rahmen des in Höllerers Todesjahr erschienenen Internationalen Germanistenlexikon 1800–1950, herausgegeben von Christoph König, wurde publik, das Höllerer ab 1941 in der Mitgliederkartei der NSDAP geführt wurde.[7] Für die Aushändigung der Mitgliedskarte, die nach Satzung der Partei konstitutiv für die Mitgliedschaft wäre, bestehen allerdings keine Anhaltspunkte. Auch ist kein von Höllerer unterzeichneter Beitrittsantrag erhalten.[1] Gleichwohl geht ein von König in Auftrag gegebenes Gutachten des Münchner Instituts für Zeitgeschichte davon aus, dass es „nicht möglich [war], ohne eigenes Zutun Mitglied der NSDAP zu werden.“[7]

2004 übergab die Witwe Renate von Mangoldt dem Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg als Schenkung den Nachlass Walter Höllerers, der seit 2007 wissenschaftlich erschlossen wird.

Am 19. April 2007 wurde die staatliche Realschule Sulzbach-Rosenberg in Walter-Höllerer-Realschule umbenannt.


Werke


Titelseite von Walter Höllerers Theorie der modernen Lyrik
Titelseite von Walter Höllerers Theorie der modernen Lyrik

Sachbücher



Literarische Werke



Herausgeberschaft (Auswahl)



Filme



Literatur





Einzelnachweise


  1. Christoph König (Hrsg.): Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, Eintrag Walter Höllerer, S. 766.
  2. Achim Geisenhanslüke, Michael Peter Hehl: Walter Höllerer und die Entstehung des modernen Literaturbetriebs. In: Poetik im technischen Zeitalter. Transcript Verlag, Bielefeld 2013, S. 7–13, hier S. 12.
  3. Höllerer moderierte zum Beispiel am 11. November 1962 in der Kulturwelle SFB 3 einen Mitschnitt der Gruppe 47, an deren Treffen er selbst teilnahm. Quelle: Archiv des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Archivnummer 0903151
  4. Robert Neumann: Spezis. Gruppe 47 in Berlin. In: konkret, 8/1966. Auch in: Hermann L. Gremliza (Hrsg.): 30 Jahre Konkret. Hamburg 1987, S. 88–93.
  5. Neue Leitung des LCB ab 2014
  6. Günter Grass: Walter Höllerer nachgerufen. In: Der Tagesspiegel. 30. Mai 2003. Abgerufen am 23. November 2019. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 488.
  7. Sendung Kulturzeit auf 3sat vom 25. November 2003: Mitglied wider Willen / Ein Germanistenlexikon enthüllt Verbindungen zur NSDAP
  8. siehe Eintrag des Werkes in der Deutschen Nationalbibliothek
  9. In starker Beleuchtung, Der Spiegel vom 16. Februar 1965 (Artikel über Höllerer, diesen Roman und das Literarische Colloquium), abgerufen am 28. März 2021
Personendaten
NAME Höllerer, Walter
ALTERNATIVNAMEN Höllerer, Walter Friedrich (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller, Literaturkritiker und Literaturwissenschaftler
GEBURTSDATUM 19. Dezember 1922
GEBURTSORT Sulzbach
STERBEDATUM 20. Mai 2003
STERBEORT Berlin

На других языках


- [de] Walter Höllerer

[en] Walter Höllerer

Walter Höllerer (19 December 1922 – 20 May 2003) was a German writer, literary critic and a literature graduate.



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2024
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии