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Fritz Muliar, gebürtig Friedrich Ludwig Stand (* 12. Dezember 1919 in Wien; † 4. Mai 2009 in Wien-Alsergrund),[1][2] war ein österreichischer Schauspieler, Kabarettist und Regisseur.

Fritz Muliar (links) als Oberinspektor Gruber beim Dreh der Folge „Das goldene Pflaster“ der TV-Serie „Der Kommissar“ (Wien, ca. 1974)
Fritz Muliar (links) als Oberinspektor Gruber beim Dreh der Folge „Das goldene Pflaster“ der TV-Serie „Der Kommissar“ (Wien, ca. 1974)

Familie


Fritz Muliar wurde am 12. Dezember 1919 als uneheliches Kind in einer Wohnung in der Kandlgasse 16 in Wien-Neubau geboren und am 22. Dezember 1919 auf den Namen Friedrich Ludwig getauft.[1] Er wuchs in Wien-Neubau auf. Sein leiblicher Vater Josef Weichselbaum war ein Tiroler k.u.k. Offizier und Redakteur,[1][3] der keinen Kontakt zu seinem Sohn hatte und sich später den Nationalsozialisten anschloss. Muliars Mutter Leopoldine „Lea“ Johanna Stand (* 18. November 1896 in Wien; † 28. Februar 1977 ebenda),[1][3] die als Sekretärin bei der Oesterreichischen Kontrollbank arbeitete, stand den Sozialdemokraten nahe. 1924 lernte sie den ukrainisch-jüdischen Juwelier Moische Leib Muliar (* 31. März 1894 in Schytomyr,[4][5][6] genannt Mischa) kennen und heiratete ihn am 24. Februar 1924.[7] Auf einen Magistratserlass vom 27. März 1924 hin wurde der Familienname von Stand auf Muliar geändert.[8] Infolge der Eheschließung seiner Eltern trat Muliar am 14. Juli 1925 aus der römisch-katholischen Kirche aus und trat mit 9. Februar 1938 wieder ein, während Mischa Muliar vor den Nazis über Paris in die USA floh und Leopoldine Muliar eine Scheidung anstrengte, um sich und Fritz vor den Nazis zu schützen.[9][10] Nach zwei vollzogenen Ehen trat Fritz am 9. Oktober 1967 wieder aus der Kirche aus.[1] Muliars Großeltern mütterlicherseits, Johann und Leopoldine Franziska Stand (geborene König),[1] waren streng katholisch und deutschnationaler Gesinnung.

Am 14. Februar 1946 heiratete er in Graz Gretl Doering (geborene Patteisky, * 23. März 1923; † 23. März 1997),[1][11][3] die bereits aus einer früheren Ehe ein Kind (Heinz, * 9. Oktober 1940) hatte.[3] Aus der Ehe mit Gretl Doering hatte er ein Kind, den Sohn Hans (* 30. August 1946), der am 30. Oktober 1990 starb.[3] Hans Muliar war mit Doris (geborene Achammer, * 31. August 1952) verheiratet,[3] mit der er den Sohn Markus (* 28. Juni 1976) hatte.[3] Seine Ehefrau brachte mit ihrer Tochter Tina (* 5. März 1972) bereits ein weiteres Kind in die Beziehung.[3] In zweiter Ehe war Hans Muliar mit Andrea (geborene Bendixen, * 7. Juli 1953) verheiratet;[3] die Ehe blieb kinderlos.[3]

Nachdem seine erste Ehe mit Gretl Doering kurz zuvor gescheitert war, heiratete Fritz Muliar am 15. September 1957 in der Paulanerkirche in Wien-Wieden Franziska Kalmar (* 1. September 1929),[1][12] die erste Fernsehsprecherin Österreichs. Mit ihr hatte er die Söhne Alexander (* 1957) und Martin (* 4. Oktober 1960).[3]

Muliars Enkel Markus gab 2015 das Buch Damit wir uns verstehen! heraus, in dem er Tagebuchauszüge und Briefe seines Großvaters aus dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichte.

Muliar war Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt und feierte 2006 sein 70-jähriges Bühnenjubiläum. Er lebte mit seiner Frau in Groß-Enzersdorf in der Nähe der Lobau bei Wien.

Muliar war aktiver Sozialdemokrat und unterstützte regelmäßig Wahlkampagnen der SPÖ. Er war ab 1959 Mitglied der Freimaurerloge Gleichheit und wurde 1966 in die Loge Libertas Gemina affiliert; 1970 war er Gründungsmitglied der Loge Zu den 3 Lichtern.[13] Sein Sohn Hans Muliar war ebenfalls Freimaurer; ab 1968 Mitglied der Freimaurerloge Gleichheit und 1974 Gründungsmitglied der Loge Zur Wahrheit.[14] Fritz Muliar war auch Mitglied im parteilosen und überreligiösen Österreichischen Pfadfinderbund.


Karriere


Mit 16 Jahren beendete Fritz Muliar die Schule und begann ein Schauspielstudium am Neuen Wiener Konservatorium. Seine ersten kabarettistischen Auftritte erfolgten 1937 in Stella Kadmons Kleinkunstbühne „Der liebe Augustin“, später auch im „Simpl“, wo er allerdings, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938, nur noch harmlose Opernparodien und Bauernschwänke spielen durfte. Nebenher arbeitete er als Vertreter für Babykosmetik, um Geld für den Lebensunterhalt (auch seiner Mutter) zu verdienen, nachdem der Stiefvater im März 1938 vor den Nazis in die USA geflohen war.

Im April 1940 wurde Muliar zur Wehrmacht eingezogen. 1942 saß er sieben Monate wegen Wehrkraftzersetzung und Betätigung zur Wiederherstellung eines freien Österreichs in Einzelhaft. Er wurde sogar zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde aber in eine fünfjährige Haftstrafe umgewandelt, die zur sogenannten „Frontbewährung“ in einer Strafeinheit an der Ostfront ausgesetzt wurde. Das Kriegsende erlebte er in britischer Kriegsgefangenschaft.

1946 fing er als Sprecher bei Radio Klagenfurt der Sendergruppe Alpenland an, wo er seine spätere Frau Gretl Doering kennenlernte. Doering brachte ihren sechsjährigen Sohn Heinz mit in die Ehe, aus der kurze Zeit nach der Hochzeit Sohn Hans hervorging. Muliar arbeitete als Schauspieler und Regisseur in Graz bei „Der Igel – das kleine Zeittheater“. Er wechselte an das Steirische Landestheater, wo er sogar ein Angebot als Theaterdirektor hätte annehmen können.

Ehrengrab von Fritz Muliar auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33G, Nr. 42)
Ehrengrab von Fritz Muliar auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33G, Nr. 42)

Stattdessen kehrte er 1949 zurück nach Wien ans Raimundtheater, wo er als Operettenbuffo mit Größen wie Johannes Heesters und Marika Rökk auftrat, zeitweise aber auch als Conférencier im Nachtclub Moulin Rouge arbeitete. Von 1952 bis 1965 spielte er im Simpl an der Seite von Karl Farkas und Ernst Waldbrunn, aber mit der Zeit auch an allen bedeutenden Bühnen Wiens, im Theater in der Josefstadt, im Volkstheater, ab Mitte der 1970er Jahre auch am Wiener Burgtheater, ab 1994 wieder in der „Josefstadt“. In den Sommerpausen trat er regelmäßig bei den Salzburger Festspielen auf.

Vor der Kamera stand Muliar das erste Mal 1940, in dem Film Herz ohne Heimat mit seiner damaligen Partnerin Friedl Hoffmann und dem seinerzeit noch eher unbekannten Curd Jürgens.

Nach dem Krieg spielte er in mehr als 100 Fernsehfilmen und -serien mit. Daneben widmete er sich in vielen Vortragsabenden der Rezitation. Mit zahlreichen Schallplatten-, Rundfunk- und Bühnenprogrammen zum jüdischen Witz etablierte er sich überdies als äußerst populärer Interpret jüdischer Witze im deutschen Sprachraum.

Muliar galt als Volksschauspieler. Besonders gut konnte er Menschen darstellen, die jiddisch sprechen oder böhmakeln.

Am Sonntag, dem 3. Mai 2009, stand der 89-Jährige zum letzten Mal auf der Bühne der Josefstadt als Baron von Ciccio in Peter Turrinis Stück Die Wirtin[15] nach Carlo Goldoni. In der darauffolgenden  Nacht auf Montag verstarb er, nachdem er in seiner Wohnung zusammengebrochen und in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien gebracht worden war. Am 12. Mai 2009 wurde Fritz Muliar in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33G, Nr. 42) beigesetzt.[16]

Im Jahr 2016 wurde in Wien-Liesing (23. Bezirk) der Muliarplatz nach ihm benannt.


Zitate


„Ich bin ein Darsteller des kleinen Mannes – ein jüdischer Bankier, das ist noch drinnen, den Othello muß ich nicht unbedingt spielen. Den Lear – nur in einer Musicalfassung.“

„Mit dem Aberglauben ist es auch so eine Sache: Ich habe noch keinen Menschen getroffen, der sein 13. Monatsgehalt zurückgegeben hat.“


Rollen (Auswahl)



Veröffentlichungen



Druckwerke



Tonträger



Auszeichnungen (Auszug)



Filmografie



Literatur





Einzelnachweise


  1. Taufbuch Schottenfeld, tom. CXV, fol. 27 (Faksimile)., abgerufen am 29. Mai 2021
  2. Fritz Muliar. In: Munzinger-Archiv. 8. September 2009, abgerufen am 26. Juni 2022.
  3. Stammbaum Fritz Muliar (Auszug aus Damit wir uns verstehen!), abgerufen am 28. Mai 2021
  4. Markus Muliar: Damit wir uns verstehen!, Kapitel 3 „Der Alte König“ (online in der Google-Buchsuche)
  5. Valerie Strassberg: „Damit ich nicht vergesse...“ – Zum 100. Geburtstag und 10. Todestag von Fritz Muliar. In: Kulturmagazin 2019, Verein der geprüften Wiener Fremdenführer, Wien, S. 101 (PDF 8,4 MB)
  6. New York passenger and crew lists, 1909, 1925-1957; 6277 - vol 13513-13514, Jan 27, 1939. Auf: familysearch.org
  7. Index der jüdischen Matriken WIEN und NÖ, digitalisiert unter Nr. 237942 auf genteam.at
  8. Magistratserlass im Taufbuch Schottenfeld, tom. CXV, fol. 27, abgerufen am 29. Mai 2021
  9. Petitions for naturalization and petition evidence box 906, no 478851-479100. Auf: familysearch.org
  10. Leopoldine Staud (sic!) Muliar divorce documents, irn503775. In: United States Holocaust Memorial Museum, via European Holocaust Research Infrastructure (EHRI), abgerufen am 6. Juni 2021.
  11. Verstorbenensuche:. In: friedhoefewien.at. Abgerufen am 12. Dezember 2019.
  12. Kurier (Tageszeitung) Ein Jahr voller Erinnerungen von 3. Jänner 2015, abgerufen am 18. Mai 2020
  13. Günter K. Kodek: Die Kette der Herzen bleibt geschlossen. Mitglieder der österreichischen Freimaurer-Logen 1945 bis 1985. Löcker, Wien 2014, ISBN 978-3-85409-706-8, S. 164.
  14. Günter K. Kodek: Die Kette der Herzen bleibt geschlossen. Mitglieder der österreichischen Freimaurer-Logen 1945 bis 1985. Löcker, Wien 2014, ISBN 978-3-85409-706-8, S. 165.
  15. Gernot Zimmermann: Turrinis „Die Wirtin“ in der Josefstadt. In: Ö1 Mittagsjournal. 28. Januar 2009, archiviert vom Original am 10. Mai 2009; abgerufen am 12. Dezember 2019.
  16. Fritz Muliar in Ehrengrab beigesetzt. In: Kleine Zeitung. 12. Mai 2009, abgerufen am 12. Dezember 2019.
  17. Bundeskanzler: Anfragebeantwortung: schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Orden und Ehrenzeichen an ehemalige in- und ausländische Regierungsmitglieder und sonstige Persönlichkeiten. (pdf, 6,6 MB) 23. April 2012, S. 1483, abgerufen am 12. Dezember 2019 (Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952).
Personendaten
NAME Muliar, Fritz
ALTERNATIVNAMEN Stand, Friedrich Ludwig (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Kammerschauspieler und Regisseur
GEBURTSDATUM 12. Dezember 1919
GEBURTSORT Wien
STERBEDATUM 3. Mai 2009
STERBEORT Wien

На других языках


- [de] Fritz Muliar

[en] Fritz Muliar

Fritz Muliar, born as Friedrich Ludwig Stand (December 12, 1919 – May 4, 2009), was an Austrian actor who, due to his huge popularity, is often referred to by his countrymen as Volksschauspieler.

[es] Fritz Muliar

Friedrich Ludwig Stand, más conocido como Fritz Muliar, (Viena, 12 de diciembre de 1919 - 4 de mayo de 2009) fue un actor austriaco que actuó hasta el día anterior a su fallecimiento.

[fr] Fritz Muliar

Fritz Muliar, né à Vienne-Neubau (Autriche) le 12 décembre 1919 et mort dans cette ville dans la nuit du 3 au 4 mai 2009 (à 89 ans)[1], est un acteur autrichien.

[ru] Муляр, Фриц

Фриц Муляр (нем. Fritz Muliar), при рождении Фридрих Людвиг Штанд (нем. Friedrich Ludwig Stand) (12 декабря 1919 — 4 мая 2009) — австрийский актёр театра и кино.



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