Rolf Ludwig (* 28. Juli 1925 in Stockholm; † 27. März 1999 in Berlin) war ein deutscher Schauspieler. Er war einer der populärsten und vielseitigsten Schauspieler der DDR. In einem Nachruf der Tagesschau wurde er als der „Tausendsassa der großen Berliner Schauspielbühnen“ bezeichnet.
Dieser Artikel behandelt den Schauspieler; zum Statistiker siehe Rolf Ludwig (Statistiker).
Leben
Herkunft, Ausbildung und erste Jahre
Rolf Ludwig war der Sohn des Buchdruckers und Gastwirts Richard Hermann Heinrich Ludwig und seiner Ehefrau Emmi, geborene Martens. Als der Junge fünf Jahre alt war, kehrten die Eltern von Stockholm nach Dresden-Leuben zurück, wo Rolf Ludwig in der Lilienthalstraße 17 aufwuchs. Nach dem Besuch der Volksschule in Dresden machte er eine Lehre als Drucker. 1942 wurde er zum Arbeitsdienst eingezogen. Im Zweiten Weltkrieg war Rolf Ludwig ab 1943 Jagdflieger in der Luftwaffe. 1944 wurde er über Holland abgeschossen, verwundet und geriet in britische Kriegsgefangenschaft. Im Gefangenenlager bei Sheffield beteiligte er sich am Lagertheater.
Theater
Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte Ludwig für die Radebeuler Theatergruppe Heiterer Blick. 1947 spielte er in Dresden für eine Theaterrolle vor. Um seine Sportlichkeit zu zeigen, sprang er aus einem Fenster. Er hatte jedoch übersehen, dass er nicht in einem Raum im Erdgeschoss vorspielte, sondern im ersten Stock (zweite Etage). Bei diesem Sprung brach er sich den Arm. Auf Grund seines leidenschaftlichen körperlichen Einsatzes wurde er sofort engagiert: Der Intendant Erich Ponto beugte sich aus dem Fenster und rief: „Junger Mann, Sie sind engagiert.“[1]
Am Staatstheater Dresden spielte er in den meisten inszenierten Stücken in verschiedenen Rollen mit. Den Grundstein seiner großen Karriere legte Ludwig aber an der Berliner Volksbühne, wo er Mitte der 1950er bis Anfang der 1960er Jahre neben anderen Rollen den Truffaldino in Carlo Goldonis Diener zweier Herren spielte. Später wechselte er zum Deutschen Theater, dessen Ensemble er bis in die 1990er Jahre angehörte. Gemeinsam mit Klaus Piontek spielte er in nahezu allen großen Inszenierungen des Deutschen Theaters. Über 16 Jahre hinweg war er hier 580 Mal als „Der Drache“ in dem von Benno Besson inszenierten gleichnamigen Stück von Jewgeni Schwarz zu sehen.
Film, Fernsehen und Hörspiel
1956 spielte Rolf Ludwig die Titelrolle des Albert Hauptmann in der DEFA-Filmsatire Der Hauptmann von Köln, in der Slatan Dudow sich bissig mit dem Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik, das mit der Wiederbewaffnung einhergeht, auseinandersetzt. In der Folgezeit spielte er in mehreren Stacheltier-Filmen mit. In dem DEFA-Märchenfilm Das Feuerzeug (1959) übernahm er die Rolle des gutmütigen Soldaten, der vom König um seinen Lohn gebracht wurde. In dem Gegenwartslustspiel Der Mann mit dem Objektiv (1961) spielte er die Rolle des Martin Marten, wo er gemeinsam mit Micaëla Kreißler den Schlager Du hast ′nen kleinen Mann im Ohr kreierte. Bis in die 1970er-Jahre hinein spielte er in zahlreichen weiteren Lustspielen mit. 1973 war Ludwig in dem DEFA-Filmklassiker Die Legende von Paul und Paula in der Rolle des Professors zu sehen. Daneben spielte er wiederholt in historischen und antifaschistische Filmen, wie etwa den Maler Hans Grundig in dem Fernsehfilm Requiem für Hans Grundig (1975) und den Dichter Friedrich Hölderlin in Herwig Kippings essayistischem Diplomfilm Hommage a Hölderlin (HFF 1983).
Oftmals war Ludwig in der Rolle des Erzählers in zahlreichen LITERA-Hörspiel-Produktionen, die in der DDR als Schallplattenaufnahmen weit verbreitet waren, zu hören.
Wiederholt arbeitete er mit dem Regisseur Egon Günther zusammen, unter seiner Regie spielte er in der Becher-Adaption Abschied (1968), in der Ludwig die Rolle eines deutsch-nationalen Vaters, der Staatsanwalt ist, spielt. In der Rolle des Hrdlitschka in dem Gegenwartsfilm Der Dritte (1972) war Ludwig an der Seite von Jutta Hoffmann ein sympathischer, zurückhaltender Mann, der im Leben steht. In Lotte in Weimar (1975) nach dem Roman von Thomas Mann war er in der Rolle des Kellner Mager vom Hotel zum Elephanten zu sehen. In Stein (1991) spielte er einen Schauspieler, der von der Bühne abgeht, als der Prager Frühling niedergeschlagen wird. In Italien erhielt er dafür den Fellini-Preis.
Auch in den späten 1990er-Jahren war Ludwig noch als Schauspieler in Film und Fernsehen gefragt. 1995 spielte er in der Erich-Loest-Verfilmung Nikolaikirche den Pfarrer Reichenbork. Seine letzte Filmrolle hatte er 1997 in dem Fernsehfilm Winterkind in der Rolle des Jonathan.
Späte Jahre und Tod
Anfang der 1990er Jahre sorgte sein Streit mit Harald Juhnke über den Titel seiner Autobiographie Nüchtern betrachtet für Aufsehen, da Juhnke seine Autobiographie genauso nennen wollte. Rolf Ludwig, der von sich selbst behauptete, „kein Trinker, sondern ein Suffkopp“ zu sein, war über Jahrzehnte hinweg schwer alkoholabhängig. Oft stand er stark angetrunken auf der Bühne und wurde nur wegen seines außergewöhnlichen Talentes und der Tatsache, dass deswegen nie eine Vorstellung geplatzt ist, nicht entlassen. Selbst Juhnke musste dies einsehen und legte den Streit bei.
Nach seiner Einäscherung im Krematorium Meißen[2] wurde Ludwig in Benz auf der Insel Usedom beigesetzt.
Auszeichnungen
1959: Kunstpreis der DDR für Der Hauptmann von Köln
1973: Nationalpreis der DDR II. Klasse
1976: Kunstpreis des FDGB für Requiem für Hans Grundig im Kollektiv
1979: Kritikerpreis der Berliner Zeitung für die Darstellung in den Tschechow-Einaktern im Deutschen Theater Berlin
1982: Schauspielpreis (Nebenrolle) beim 2. Nationalen Spielfilmfestival der DDR in Karl-Marx-Stadt für Die Verlobte
1980: Peter Hacks: Senecas Tod (Maurer) – Regie: Cox Habbema (Deutsches Theater Berlin)
1982: Michail Bulgakow: Verschwörung der Heuchler (Molière) – Regie: Thomas Langhoff (Theater im Palast)
1983: Jewgeni Schwarz: Der nackte König – Regie: Joachim Siebenschuh (Theater der Freundschaft)
1985: William Shakespeare: Der Kaufmann von Venedig, (Tubal), Regie: Thomas Langhoff, Deutsches Theater Berlin
1985: Ernst Barlach: Der blaue Boll, (Prunkhorst), Regie: Rolf Winkelgrund, Deutsches Theater Berlin
1985: Johannes R. Becher: Winterschlacht (Stabskoch Oberkofler) – Regie: Alexander Lang (Deutsches Theater Berlin)
1986: Berliner Lieder, Regie: Kurt Böwe, Deutsches Theater Berlin
1987: Michail Bulgakow/Bearbeitung: Heinz Czechowski: Der Meister und Margarita, (Der Meister), Regie: Siegfried Höchst, Volksbühne Berlin
1988: Volker Braun: Transit Europa (Jude), Regie: Friedo Solter, Deutsches Theater Berlin
1989: Brendan Behan: Die Geisel, (Mulleady), Regie: Thomas Langhoff, Deutsches Theater Berlin
1990: Franz Grillparzer: Die Jüdin von Toledo (Isaak), Regie: Thomas Langhoff, Salzburger Festspiele
1991: Sean O’Casey: Das Ende vom Anfang, (Darry Berril), Regie: Andrea Breth, Burgtheater Wien
1992: Hugo von Hofmannsthal: Der Turm, (Anton), Regie: Thomas Langhoff, Deutsches Theater Berlin
1993: Gerhart Hauptmann: Der Biberpelz, (Mitteldorf), Regie: Thomas Langhoff, Deutsches Theater Berlin
1993: William Shakespeare: Coriolan (Römischer Bürger/Volskischer Diener) – Regie: Deborah Warner (Salzburger Festspiele – Felsenreitschule)
1995: Menyhért Lengyel: Noch ist Polen nicht verloren, (Professor Siletzky), Regie: Ulrike Jackwerth, Renaissance-Theater Berlin
1995: Klaus Pohl: Wartesaal Deutschland Stimmenreich, Regie: Klaus Pohl, Deutsches Theater Berlin
1997: Botho Strauß: Ithaka, (Laertes), Regie: Thomas Langhoff, Deutsches Theater Berlin
1998: William Shakespeare: Maß für Maß, (Barnadino), Regie: Uwe Eric Laufenberg, Deutsches Theater Berlin
Hörfunk
1953: Charles Dickens: Der Weihnachtsabend (Geist) – Regie: Hans Busse (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1955: A. G. Petermann: Die Premiere fällt aus (Inspizient) – Regie: Herwart Grosse (Kriminalhörspiel – Rundfunk der DDR)
1962: Karel Čapek: Ein Abend mit Karel Capek (Kralik) – Regie: Hans Knötzsch – (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1965: Vercors: Zoo oder Der menschenfreundliche Mörder (Verteidiger) – Regie: Edgar Kaufmann (Rundfunk der DDR)
1977: Wolfgang Kohlhaase: Die Grünstein-Variante – Eine Geschichte in Erinnerung an Geschichten, die Ludwig Turek erzählt hat, (Lodek), Regie: Günther Rücker u. Barbara Plensat, Dramaturgie: Wolfgang Beck – Rundf. d. DDR
1979: Joachim Brehmer: Jahreswechsel – Wechseljahre (Paul) – Regie: Achim Scholz (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1979: Fritz Göhler: Vom König der nicht küssen konnte – Regie: Fritz Göhler (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
1979: Christian Zeiler: Stadtfräulein (Herr Stachus) – Regie: Achim Scholz (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1979: Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf – Regie: Rüdiger Zeige (3 Folgen / Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
1981: Heiner Müller: Der Auftrag (Antoine) – Regie: Alexander Stillmark (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1981: Joachim Brehmer: Lebenszeichen (Antonius) – Regie: Achim Scholz (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1985: Wilhelm Jacoby/Carl Laufs: Pension Schöller (Klapproth) – Regie: Norbert Speer (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1985: Hans Siebe: Feuersteine (Wendler) – Regie: Werner Grunow (Kriminalhörspiel – Rundfunk der DDR)
1986: Volkmar Röhrig: Die Heimat des Fußballers ist der Rasen (Hardy Moll) – Regie: Barbara Plensat – Rundfunk der DDR
1986: Hans Weber: Twini (Opa) – Regie: Norbert Speer (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
1986: Dieter Scharfenberg: Petrea und die Blütenkaiserin – Regie: Dieter Scharfenberg (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
1987: Don Haworth: Die abenteuerlichen Tode des Mister Fruin – Regie: Rainer Schwarz (Rundfunk der DDR)
1988: Hans Fallada: Geschichten aus der Murkelei (Erzähler) – Regie: Angelika Perl (3 Folgen / Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
1989: Omar Saavedra Santis: Fall im Morgengrauen (Angelo) – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
1991: Gerhard Zwerenz: Des Meisters Schüler – Regie: Hans Gerd Krogmann (Hörspiel – Sachsen Radio)
Hans-Michael Bock, F. B. Habel: Rolf Ludwig – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 32, 1999.
Kurzbiografie zu:Ludwig, Rolf. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band1. Ch.Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Rolf Ludwig: Nüchtern betrachtet. Mit Erinnerungen von Gisela Ludwig Das Neue Berlin, Berlin 2015, ISBN 978-3-360-02193-9.
C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S.445 f.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S.130.
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