Roland Schimmelpfennig (* 19. September 1967 in Göttingen) ist ein deutscher Schriftsteller und Dramaturg. Schimmelpfennig ist der zurzeit meistgespielte Gegenwartsdramatiker Deutschlands. Seine Stücke werden in über 40 Ländern aufgeführt.[1]
Roland Schimmelpfennig (Nestroy-Theaterpreis 2009)
Leben
Roland Schimmelpfennig wurde in Göttingen geboren und arbeitete nach dem Abitur als Journalist in Istanbul. 1990 begann er eine Regie-Ausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Nach dem Abschluss wurde er Regieassistent und später Mitarbeiter der künstlerischen Leitung an den Münchner Kammerspielen. Er arbeitete außerdem an der Berliner Schaubühne, dem Wiener Burgtheater und am Deutschen Theater Berlin. Im Wintersemester 2012/13 übernahm Schimmelpfennig die 2. Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik an der Universität des Saarlandes, in deren Rahmen er in drei öffentlichen Vorträgen im Januar 2013 seinen Begriff des Theaters erläuterte.[2]
2000, 2001, 2002, 2003, 2005 und 2009 wurde jeweils sein neues Stück zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen.
Die ewige Maria, UA: 27. Januar 1996, Theater Oberhausen
Keine Arbeit für die junge Frau im Frühlingskleid, UA: 4. April 1996, Münchner Kammerspiele
Die Zwiefachen, UA: 6. Juni 1997, Münchner Kammerspiele
Aus den Städten in die Wälder, aus den Wäldern in die Städte, UA: 25. April 1998, Staatstheater Mainz
Fisch um Fisch, UA: 8. Mai 1999, Staatstheater Mainz
Vor langer Zeit im Mai, UA: 13. März 2000, Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin
MEZ, UA: 5. Mai 2000, Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin
Die arabische Nacht, UA: 3. Februar 2001, Staatstheater Stuttgart
Push Up 1-3, UA 10. November 2001, Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin
Vorher/Nachher, UA: 22. November 2002, Hamburg
Alice im Wunderland, UA: 31. Mai 2003, Schauspielhaus Hannover, 2006 „Schule des Theaters“ in Wien, 2008 Deutsches Theater Berlin (Regie: Roland Schimmelpfennig)
Die Frau von früher, Auftragsarbeit für das Burgtheater, UA: 12. September 2004, Wiener Akademietheater
Angebot und Nachfrage, UA: 4. November 2005, Schauspielhaus Bochum
Auf der Greifswalder Straße, UA: 27. Januar 2006, Deutsches Theater Berlin
Körperzeit, nach dem Roman The Body Artist von Don DeLillo, UA: 11. April 2007, Theater am Neumarkt Zürich
Ende und Anfang, UA: 6. Oktober 2006, Wiener Akademietheater
Besuch bei dem Vater, Schauspielhaus Bochum, Staatstheater Nürnberg in der Spielzeit 07/08. Österreichische Erstaufführung am 20. November 2008 im Theater in der Josefstadt.
Das Reich der Tiere, UA: 1. September 2007, Deutsches Theater Berlin
Start Up, Auftragswerk für das German Theater Abroad (GTA), UA 12. Oktober 2007 New York City, 14. Oktober 2007 Nationaltheater Mannheim
Vorher/Nachher, Thalia Theater (Halle)
Calypso, UA: 28. Februar 2008, Schauspielhaus Hamburg
Hier und Jetzt, 25. April 2008, Schauspielhaus Zürich
Idomeneus, UA: 15. Juni 2008, Bayerisches Staatsschauspiel München (zur Wiedereröffnung des Cuvilliés-Theaters)
Der Goldene Drache, UA: 5. September 2009, Wiener Akademietheater[3]
Der Elfte Gesang, UA: 27. Februar 2010, Schauspielhaus Bochum
Das Weiße Album nach The Beatles, UA: 6. Februar 2010, Schauspiel Frankfurt
Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes, UA: 19. November 2010, Deutsches Theater Berlin
Vier Himmelsrichtungen, UA: 30. Juli 2011, Salzburger Landestheater, Salzburg im Rahmen der Salzburger Festspiele
Das fliegende Kind, UA: 4. Februar 2012, Burgtheater Wien, Akademietheater
Spam, UA: 24. Mai 2014, Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Das schwarze Wasser, UA: 10. Januar 2015, Nationaltheater Mannheim
Wintersonnenwende, UA: 17. Januar 2015, Königliches Dramatisches Theater
Das große Feuer, UA: 22. Januar 2017, Nationaltheater Mannheim
Der Tag, als ich nicht ich mehr war, UA: 12. Januar 2018, Deutsches Theater Berlin[4]
Odyssee, UA: 15. September 2018, Staatsschauspiel Dresden[5]
Der Kreis um die Sonne: Erstaufführung geplant für den 14. November 2020 im Münchner Residenztheater[6]
Hörspiele
1998 Die Aufzeichnung, Regie: Ulrich Lampen (SWF)
1999 Die Taxiterroristin - Drei Filme für den Preis von einem, Regie: Walter Adler (SWR)
Roland Schimmelpfennig: Ja und Nein. Vorlesungen über Dramatik. Berlin: Theater der Zeit 2014
Vorträge
2009: Roland Schimmelpfennig: Ein Schwarm Vögel. Roland Schimmelpfennig preist Jürgen Gosch und Johannes Schütz zur Verleihung des Theaterpreises Berlin der Stiftung Preußische Seehandlung am 3. Mai 2009. In: Theater heute 50. Jg. (2009) H. 6, S. 36–39.
Regie
Fisch um Fisch, Staatstheater Mainz, UA: 8. Mai 1999
Die Ratte von Justine del Corte, Schauspielhaus Zürich, P: 19. Januar 2008
Alice im Wunderland, Deutsches Theater Berlin, P: 29. November 2008
Der Goldene Drache, Burgtheater Wien (Akademietheater), UA: 5. September 2009[3]
Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes, Burgtheater Wien (Akademietheater), P: 19. Dezember 2010
Das Reich der Tiere, Burgtheater Wien (Akademietheater), OEA: 28. Februar 2014
Roman
An einem klaren, eiskalten Januarmorgen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. S. Fischer, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-10-002470-1.
Die Sprache des Regens, S. Fischer, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-10-397321-1.
Die Linie zwischen Tag und Nacht, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021. ISBN 978-3-10-397410-2.[7]
Rezeption
Schimmelpfennig, der auch als Regisseur tätig ist, ist kein Vertreter des postdramatischen Theaters, sondern steht in der Tradition literarischer Dramatik: Für ihn bleibt somit der literarische Text der Ausgangspunkt und zentrale Referenzpunkt der Inszenierungen seiner Stücke. Aktuelle Untersuchungen zum Gesamtwerk Schimmelpfennigs stellen jedoch ebenfalls heraus, wie Schimmelpfennig die Muster des postdramatischen Theaters aufgreift und innovativ in seinen Dramen modifiziert.[8] Seine Stücke gehören dramaturgisch deshalb zu den avancierten der Gegenwart, verzichten etwa auf feste Zuweisungen von Rolle und Schauspieler[9], sind meist collageartig strukturiert[10] und enthalten regelmäßig surreale bzw. phantastische Momente. Schimmelpfennig hat eine eigene Form des erzählenden Theaters entwickelt, in dem Figuren ihre Rollen stetig überschreiten, um – an das Publikum adressiert – sich selbst zu beschreiben bzw. von sich zu berichten. Der Betrachter wird so immer neu in Distanz zum Spiel gesetzt, während ihm Schimmelpfennig zugleich über das Erzählte Gelegenheit zur emotionalen Beteiligung am Dargestellten ermöglicht.[11] Schimmelpfennig wird deshalb innerhalb der Literaturwissenschaft der narrativierenden Dramatik zugeordnet, die sich als innovative Form der Dramatik unter anderem durch eine radikale Potenzierung der Brechtschen Episierungstechniken auszeichnet.[12]
Ehrungen und Auszeichnungen
1997: Else-Lasker-Schüler-Preis für sein Stück Fisch um Fisch
1998: Fördergabe des Schiller-Gedächtnispreises von Baden-Württemberg
2002: Nestroy-Theaterpreis für das beste Stück (Push up 1 – 3)
2004: Hörspiel des Jahres für Für eine bessere Welt, Regie: Leonhard Koppelmann (HR)
2009: Nestroy-Theaterpreis für „das beste Stück“ (Besuch bei dem Vater)
2010: Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis
2010: Mülheimer Dramatikerpreis für sein Stück Der goldene Drache in der Inszenierung des Wiener Burgtheaters
2012/13: 2. Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik an der Universität des Saarlandes
Literatur
2004: Peter Michalzik: Vorwort. In: Roland Schimmelpfennig: Die Frau von Früher. Stücke 1994–2004. Frankfurt a.M.: Fischer 2004, S. 7–16.
2006: Nikolaus Frei: Die Rückkehr des Helden. Deutsches Drama der Jahrhundertwende (1994–2001). Tübingen: Narr 2006. 249 S. Darin bes. S. 163–176: Kap. 3.6. Furcht und Elend des dritten Sektors - Roland Schimmelpfennig.
2006: Henrike Thomsen: Was Roland Schimmelpfennig mit dem Mythos und mit Botho Strauß verbindet. In: Roland Koberg, Bernd Stegemann, Henrike Thomsen (Hrsg.): Autoren am Deutschen Theater. Texte über und von Jon Fosse, Elfriede Jelinek, die Gebrüder Presnjakow (Oleg und Wladimir), Oliver Reese, Yasmina Reza, Roland Schimmelpfennig, Ingo Schulze und Moritz von Uslar. Berlin: Deutsches Theater / Henschel Verlag 2006, S. 33–43.
2008: Kerstin Hausbei: Roland Schimmelpfennigs Vorher/Nachher. Zapping als Revival der Revueform? In: Stefan Tigges (Hrsg.): Dramatische Transformationen. Zu gegenwärtigen Schreib- und Aufführungsstrategien im deutschsprachigen Theater. Bielefeld: transcript 2008, S. 43–52.
2008: Peter Michalzik: Dramen für ein Theater ohne Drama. Traditionelle neue Dramatik bei Rinke, von Mayenburg, Schimmelpfennig und Bärfuß. In: Stefan Tigges (Hg.): Dramatische Transformationen. Zu gegenwärtigen Schreib- und Aufführungsstrategien im deutschsprachigen Theater. Bielefeld: transcript 2008, S. 31–42.
2009: Birgit Haas: Editorial. Dramenpoetik 2007 - Wohin geht das deutschsprachige Drama? In: Dies. (Hg.): Dramenpoetik 2007. Einblicke in die Herstellung des Theatertextes. Hildesheim u.a.: Georg Olms 2009, S. 7–32, darin zu Calypso S. 21.
2011: Danijela Kapusta: Personentransformation. Zur Konstruktion und Dekonstruktion der Person im deutschen Theater der Jahrtausendwende. München: Herbert Utz Verlag 2011, darin bes. S. 80–96: 2.1.4.1. Roland Schimmelpfennig: Auf der Greifswalder Straße (2006).
2012: Christine Laudahn: Zwischen Postdramatik und Dramatik. Roland Schimmelpfennigs Raumentwürfe. Tübingen: Narr 2012. 395 S.
Roland Schimmelpfennig. Ja und Nein / Sí y No. hrsg. von Johannes Birgfeld, Theater der Zeit, Berlin 2014, ISBN 978-3-943881-53-0.
2018: Agata Mirecka: Artystyczna kreacja obrazów dzieciństwa w dramacie Rolanda Schimmelpfenniga Die Biene im Kopf. W: Kolago, Lech (Wyd.): Studia niemcoznawcze Vol. LXII, Wydawnictwo Uniwersytetu Warszawskiego, Warszawa 2018, str. 181-188, ISSN 0208-4597
2020: Agata Mirecka: Die Funktion des Chores in dem gegenwärtigen deutschen und polnischen Drama: Roland Schimmelpfennig Die vier Himmelsrichtungen und Andrzej Stasiuk Noc. W: Bednarowska, Aleksandra; Kołodziejczyk-Mróz, Beata; Majcher, Piotr (Wyd.) Slawisch-deutsche Begegnungen in Literatur, Kultur und Sprache. Verlad dr. Kovac, Hamburg 2020, str. 51-60, p-ISBN 978-3-339-11374-0
2021: Simon Hansen: Nach der Postdramatik. Narrativierendes Text-Theater bei Wolfram Lotz und Roland Schimmelpfennig. transcript, Bielefeld 2021.
Simon Hansen:Nach der Postdramatik. Narrativierendes Text-Theater bei Wolfram Lotz und Roland Schimmelpfennig. Transcript Verlag, Bielefeld 2021, ISBN 978-3-8376-5629-9.
So besonders in Schimmelpfennigs erfolgreichstem Stück Der goldene Drache.
Vgl. etwa Push Up 1-3,Auf der Greifswalder Straße oder Vier Himmelsrichtungen.
Vgl. Schimmelpfennig im Interview mit Franz Wille im Jahrbuch 2010 von Theater heute: „Der «Drache» arbeitet mit den einfachen Mitteln der Ansage und der Verstellung und des «Vorspielens», aber das Ziel des Stücks ist nicht Distanz, sondern das Gegenteil: Nähe. Identifikation. Es geht darum zu ermöglichen, dass das Publikum den Figuren so nah wie nur irgend möglich kommt.“
Simon Hansen:Nach der Postdramatik. Narrativierendes Text-Theater bei Wolfram Lotz und Roland Schimmelpfennig. Transcript Verlag, Bielefeld 2021, ISBN 978-3-8376-5629-9.
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