Annie Suzanne Girardot (* 25. Oktober 1931 in Paris; † 28. Februar 2011 ebenda[1]) war eine französische Schauspielerin. Ab den 1950er Jahren arbeitete sie mit einigen der größten Namen des französischen und italienischen Kinos zusammen, sowohl in dramatischen als auch in komödiantischen Rollen. 1977 erhielt sie den César als beste Hauptdarstellerin für Dr. med. Françoise Gailland.
Annie Girardot, 2005
Leben
Annie Girardot wurde als Tochter einer Hebamme geboren. Ihren Vater lernte sie nie kennen, er war mit einer anderen Frau verheiratet und starb, als Girardot zwei Jahre alt war.[2] Bedingt durch den Beruf der Mutter wuchs Girardot in der Normandie auf, wo sie das Gymnasium in Caen besuchte.[3] Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester, später nahm sie in Paris an Schauspielkursen teil. 1949 debütierte sie als Dorine in Tartuffe auf der Bühne. 1950 begann sie ein Schauspielstudium am Pariser Conservatoire national supérieur d’art dramatique, das sie 1954 mit Auszeichnung abschloss. Daraufhin erschien sie als Theaterschauspielerin an der Comédie-Française, wo sie in Jean Cocteaus Stück La machine à écrire als „das schönste dramatische Theatertalent der Nachkriegszeit“ gefeiert wurde. Sie verließ das Pariser Nationaltheater 1957, trat kurz als Kabarettistin in Erscheinung und wandte sich dem Kino zu.[4]
Girardot gab ihr Filmdebüt 1956 in Treize à table. Insgesamt wirkte sie in fast 150 Film- und Fernsehproduktionen mit, wobei sie als Charakterdarstellerin vornehmlich in tragischen Schicksalsrollen besetzt wurde. Ihren ersten größeren Auftritt hatte sie 1960 in dem Visconti-Drama Rocco und seine Brüder als Prostituierte an der Seite von Alain Delon. Sie spielte unter anderem in Lebe das Leben (1967, mit Yves Montand), Dillinger ist tot (1969, mit Michel Piccoli), Der Mann, der mir gefällt (1969, mit Jean-Paul Belmondo). Ein Kinokassenerfolg war André CayattesAus Liebe sterben (1971), in dem Girardot eine geschiedene Gymnasiallehrerin spielte, die sich in einen minderjährigen Schüler verliebt. Es folgten Kerzenlicht (1972, mit Claude Jade), Die Ohrfeige (1974, mit Isabelle Adjani), Der Querkopf (1978, mit Louis de Funès); 1985 und 1995 folgten noch zwei Filmdramen von Claude Lelouch, Weggehen und wiederkommen (mit Jean-Louis Trintignant und Michel Piccoli) sowie Les Misérables (mit Jean-Paul Belmondo). In einem Porträt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus dem Jahr 2001 wurde sie als „begnadete Verwandlungskünstlerin“ charakterisiert.[5]
1972 gründete Girardot mit Film-Girsa eine eigene Filmproduktionsgesellschaft, die aber nur zwei Filme produzierte. Aufgrund der finanziellen Schulden aus diesem Projekt nahm die Schauspielerin zeitweise auch mittelmäßige Filmrollen an. Ebenfalls ein finanzieller Misserfolg war für die 50-Jährige eine Revue am Casino de Paris, ein gemeinsames Projekt mit dem Komponisten, Chansonschreiber und Regisseur Bob Decout.[2] Sie nahm mehrere Schallplatten mit Chansons auf.
Girardot war ab 1962 mit dem 1988 verstorbenen italienischen Schauspieler Renato Salvatori verheiratet; sie hatten eine Tochter, Giulia Salvatori, die am 5. Juli 1962 in Rom geboren wurde.[6] Girardot und Renato Salvatori, die sich bei Dreharbeiten zu Rocco und seine Brüder am Set kennengelernt hatten, lebten in den letzten Ehejahren getrennt.[7] Während der Dreharbeiten zu Kerzenlicht (1971/72), in dem Bernard Fresson den Verlobten von Girardots Filmtochter Claude Jade spielt, beginnt die siebenjährige Liebesbeziehung zwischen Girardot und Bernard Fresson.
2006 wurde bekannt, dass die Schauspielerin seit den späten neunziger Jahren an Alzheimer litt. Ihr engster Freundeskreis um ihren persönlichen Assistenten Léo Bardon hatte beschlossen, die Diagnose vor ihr und der Öffentlichkeit zu verheimlichen, damit sie weiterhin Filme machen konnte. Seit einem Zusammenbruch im Jahr 2008 lebte sie mit der inzwischen weit fortgeschrittenen Krankheit in einem mit entsprechendem medizinischen Gerät ausgestatteten Haus in Paris. Kurz vor dem Zusammenbruch thematisierte Filmemacher Nicolas Baulieu ihr Schicksal in seinem Fernsehfilm Annie Girardot, ainsi va la vie (2008). Ihr Filmpartner und Freund Alain Delon war von ihrem Schicksal so ergriffen, dass er in der französischen Alzheimer-Gesellschaft IFRAD aktiv und 2010 deren Ehren-Präsident wurde.
Am 28. Februar 2011 starb Annie Girardot im Pariser Hôpital Lariboisière. Sie wurde auf dem Cimetière du Père-Lachaise (Division 49) beigesetzt.[8]
Bücher
Von Annie Girardot
1989 veröffentlichte sie ihre Memoiren mit dem Titel Vivre d’aimer (deutschLeben um zu lieben) – in Anlehnung an den 1971 gedrehten Film Mourir d’aimer.
paroles de femmes, textes de marie-thérèse cuny, édition n 1; 1981, ISBN 2-86391-031-0
Über Annie Girardot
Annie, weißt du noch ..., Mainz: VAT Verlag André Thiele 2012, ISBN 978-3-940884-77-0; Schilderung der letzten Lebensjahre von Annie Girardot durch ihren Assistenten und Vertrauten Léo Bardon (Original: Annie, te souviens-tu ..., Paris: Édition Michel Lafon 2009)
Filmografie
1955: Dreizehn an einem Tisch (Treize à table) – Regie: André Hunebelle
1956: Der Mann mit dem goldenen Schlüssel (L’Homme aux clés d’or) – Regie: Léo Joannon
1956: Mord am Montmartre (Reproduction interdite) – Regie: Gilles Grangier
1957: Die Nacht bricht an (Le rouge est mis) – Regie: Gilles Grangier
1957: Meine Frau, mein Junge und ich … (L’Amour est un jeu) – Regie: Marc Allégret
Annie Girardot. In: Internationales Biographisches Archiv 27/2011 vom 5. Juli 2011 (aufgerufen am 9. Juli 2011 via Munzinger Online)
Annie Girardot. In: Mignon, Paul-Louis: Le théatre d’aujourd’hui de A jusqu'à Z. – Paris: Ed. de l’Avant-Scène, 1966 (aufgerufen via WBIS Online)
Annie Girardot. In: Internationales Biographisches Archiv 36/2001 vom 27. August 2001 (ne), ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 03/2006 (aufgerufen am 1. März 2011 via Munzinger Online)
Wiegand, Wilfried: Roccos Schwester. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Oktober 2001, Nr. 248, S. 50
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