Sessue Hayakawa (japanisch早川 雪洲Hayakawa Sesshū; * 10. Juni 1889 in Nanaura – 七浦村, Kaiserreich Japan; heute: Minamibōsō, Präfektur Chiba; als Kintarō Hayakawa – 早川 金太郎Hayakawa Kintarō; † 23. November 1973 in Tokio) war ein japanischer Schauspieler.
Sessue Hayakawa (1918)
Sessue Hayakawa war der erste ostasiatische Filmschauspieler, der in den Vereinigten Staaten den Rang eines Stars erlangte.
Leben
Ankündigung für den Film The Call of the East (1917). Hayakawa ist ganz rechts im Bild. Für das Publikum in Kalifornien ist der Film in chinesischer Schrift angekündigt.
Sessue Hayakawa war der zweite Sohn einer Familie, die dem japanischen Schwertadel angehörte. Sein Vater war ein hoher Provinzbeamter und auf dessen Wunsch strebte der junge Hayakawa eine Offizierslaufbahn in der japanischen Marine an, die er wegen eines Tauchunfalles, von dem er Hörprobleme davontrug, dann jedoch nicht durchlaufen konnte. Enttäuscht versuchte Hayakawa traditionell Seppuku zu begehen, verlor aber das Bewusstsein und wurde gefunden und trotz schwerer Verletzungen geheilt. Im Anschluss wandte er sich dem Zen-Buddhismus zu und versuchte mehrere Monate Zen-Priester zu werden. Nachdem er bei einer Hilfsaktion für einen amerikanischen Dampfer, der in der Bucht von Tokio auf Untiefen gelaufen war, in Kontakt mit US-Amerikanern gekommen war, entwickelte sich sein Wunsch in die Vereinigten Staaten zu reisen. Unter der Auflage dort politische Ökonomie zu studieren, erlaubte ihm dies sein Vater. Hayakawa studierte in Chicago und schloss das Studium mit einem Bachelor ab. Vor der Wahl zurück nach Japan zu reisen oder in den Vereinigten Staaten zu bleiben schloss er sich einem Bühnenensemble an, das 1913 eine Tournee durch die Vereinigten Staaten antrat. Dort wurde er von einem Produzenten der New York Motion Picture Company, Thomas Harper Ince, entdeckt, der ihm die Hauptrollen in Reginald Barkers Filmen The Wrath of the Gods und The Typhoon (beide 1914) verschaffte.
Sessue Hayakawa, 1918
Hayakawa wurde durch diese beiden Filme auf Anhieb zum Star. 1915 erregte er weiteres Aufsehen mit seinem Auftritt in Cecil B. DeMilles Eifersuchtsdrama The Cheat, in dem er einen wohlhabenden Japaner spielt, der seine sexuellen Besitzansprüche an einer weißen Frau (Fannie Ward), der er Geld geliehen hat, dadurch Nachdruck verleiht, dass er sie buchstäblich brandmarkt. Für Millionen von Amerikanerinnen – auch weißer Amerikanerinnen – wurde Hayakawa durch diese Rolle zum romantischen Idol. Als Skandal wurde der Film hingegen von den Gegnern der Rassenvermischung und von der japanisch-amerikanischen Öffentlichkeit aufgenommen; letztere war über DeMilles unrealistische Darstellung einer japanischen Person bestürzt. Hayakawas Popularität blieb jedoch unangefochten und in den 1910er Jahren nahm er Spitzengagen ein, wie sie sonst nur weiße Topstars wie Douglas Fairbanks, Charlie Chaplin und John Barrymore erhielten. In vielen Filmen erschien Jack Holt in der Rolle seines Gegenspielers, der mit Hayakawa um die Gunst einer weißen Frau wetteifert, die wiederholt z.B. von Florence Vidor, Myrtle Stedman, Doris Pawn, Jane Novak und Helen Jerome Eddy dargestellt wurde.
1921 gründete Sessue Hayakawa eine eigene Produktionsfirma, die Hayakawa Feature Play Company, die jedoch nur vier Filme hervorbrachte. In den 1920er Jahren, die den Vereinigten Staaten nach dem Ersten Weltkrieg viele Migranten bescherten, erstarkte in den Vereinigten Staaten der Rassismus. Hayakawas Filme verkauften sich nicht mehr und seine Karriere erreichte einen Tiefpunkt. Auf der Suche nach einem neuen Publikum zog er nach Japan, fand dort jedoch keine Arbeit. In Frankreich konnte er 1923 den Film La bataille drehen und 1924 folgten zwei Filme im Vereinigten Königreich.
Ein Comeback gelang ihm erst 1931 mit Lloyd Corrigans Film Daughter of the Dragon, in dem er neben Anna May Wong und Warner Oland den Liebhaber der Tochter des chinesischen Superverbrechers Dr. Fu Manchu spielt. Daughter of the Dragon war für Hayakawa der erste Tonfilm, der offenbarte, dass er Englisch mit starkem Akzent sprach. 1932 nahm Hayakawa erstmals ein Filmengagement in Japan an. 1937 spielte er die männliche Hauptrolle in dem von Arnold Fanck und Mansaku Itami inszenierten Drama Die Tochter des Samurai, einer deutsch-japanischen Koproduktion, mit der die beiden Achsenmächte ihre Verbundenheit auch auf kulturellem Gebiet ausdrücken wollten.
Anschließend ging Sessue Hayakawa erneut nach Frankreich, wo er unter anderem in Max Ophüls’ Liebesfilm Yoshiwara (1937) mitwirkte. In Marcel L’Herbiers Film Forfaiture (ebenfalls 1937), einem Remake des Films The Cheat, spielte er erneut die Rolle des grausamen japanischen Liebhabers, die ihn 22 Jahre zuvor zum Weltstar gemacht hatte. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte Hayakawa in Paris, weil er dort als Japaner von den deutschen Besatzern geduldet wurde, er nach eigenen Angaben aber Angst um sein Leben hätte, wenn er zurück nach Japan ging. Seine Frau und seine Kinder blieben in Japan und er hatte über mehrere Jahre keinen Kontakt zu ihnen.
1949 kehrte Hayakawa nach Hollywood zurück, nachdem er von den Amerikanern wegen Unbedenklichkeit aufgrund einiger deutschkritischen Äußerungen während des Krieges ein Sonder-Visum ausgestellt bekommen hatte. In Stuart Heislers Thriller Tokyo Joe (1949) trat er neben Humphrey Bogart auf. Im erfolgreichen Kriegsdrama Drei kehrten heim (1950) spielte er neben Claudette Colbert. 1950 folgten drei japanische Produktionen, und nach fünfjähriger Pause wurde Hayakawa von Samuel Fuller für eine Nebenrolle in seinem Film noir House of Bamboo engagiert. 1957 gab ihm die Columbia Pictures die Rolle, in der er auch dem heutigen Publikum am weitesten bekannt ist: die des japanischen Kommandanten Saito in David Leans Kriegsgefangenendrama Die Brücke am Kwai.
Hayakawa war zu diesem Zeitpunkt bereits 68 Jahre alt und trat danach nur noch unregelmäßig vor die Kamera. Einen letzten größeren Erfolg hatte er 1960 mit der Rolle des Piratenkapitäns in dem Abenteuerfilm Swiss Family Robinson. 1966 zog er sich ganz aus dem Filmgeschäft zurück und kehrte nach Japan zurück, wo er Zen-Priester wurde und Schauspielunterricht gab. Er starb 84-jährig in Tokio an einer Hirnthrombose.
Sessue Hayakawa war seit dem 1. Mai 1914 mit der japanischen Schauspielerin Tsuru Aoki (1892–1961) verheiratet, mit der er in den 1910er Jahren wiederholt gemeinsam vor der Kamera stand.
Preise
Für seinen Auftritt in Die Brücke am Kwai erhielt Sessue Hayakawa 1957 den National Board of Review Award für den besten Nebendarsteller. Er wurde für diese Rolle auch für den Oscar und den Golden Globe nominiert, beide Preise gingen jedoch an Red Buttons für seine Rolle in Sayonara. Geehrt wurde Hayakawa auch durch einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame (bei 1645 Vine Street).
Filmografie (Auswahl)
Anzeige (1919)
1914: O Mimi San (Kurzfilm)
1914: The Courtship of O San (Kurzfilm)
1914: The Geisha (Kurzfilm)
1914: The Ambassador’s Envoy (Kurzfilm)
1914: The Wrath of the Gods/The Destruction of Sakura-Jima or The Wrath of the Gods – Lord Yamaki
1914: A Tragedy of the Orient (Kurzfilm)
1914: A Relic of Old Japan (Kurzfilm)
1914: Star of the North
1914: The Curse of the Caste (Kurzfilm)
1914: The Village ’Neath the Sea (Kurzfilm)
1914: The Death Mask (Kurzfilm)
1914: The Typhoon – Tokorama
1914: The Hateful God (Kurzfilm, ungesichert)
1914: The Vigil (Kurzfilm) – Kenjiro
1914: Mother of the Shadows (Kurzfilm) – Running Elk
1914: The Last of the Line (Kurzfilm) – Tiah - Gray Otter’s Son
1915: After Five – Oki, the Valet
1915: The Famine – Horisho (Kurzfilm)
1915: The Chinatown Mystery – Yo Hong (Kurzfilm)
1915: The Clue – Nogi
1915: The Secret Sin – Lin Foo
1915: Der Betrug(The Cheat) – Hishuru Tori/Haka Arakau
1915: Temptation – Opera Admirer
1916: Alien Souls – Sakata (verschollen)
1916: The Honorable Friend – Makino
1916: The Soul of Kura San – Toyo (verschollen)
1916: The Victoria Cross – Azimoolah
1917: Each to His Kind (verschollen) – Rhandah
1917: The Bottle Imp – Lopaka
1917: The Jaguar’s Claws – El Jaguar
1917: Forbidden Paths – Sato
1917: Hashimura Togo – Hashimura Togo
1917: The Call of the East – Arai Takada
1917: The Secret Game – Nara-Nara
1918: The Hidden Pearls – Tom Garvin
1918: The Honor of His House/Honor of the House – Count Ito Onato
1918: The White Man’s Law – John A. Genghis
1918: The Bravest Way – Kara Tamura
1918: The City of Dim Faces – Jang Lung (verschollen)
1918: His Birthright – Drehbuch, Darsteller: Yukio
1918: The Temple of Dusk – Akira (verschollen)
1918: Banzai – The American General (Kurzfilm)
1918: United States Fourth Liberty Loan Drive/An Untitled Liberty Loan Film – er selbst
1919: Bonds of Honor – Yamashito/Sasamoto
1919: A Heart in Pawn – Tomaya
1919: The Gray Horizon
1919: The Dragon Painter – Tatsu, the Dragon Painter
1919: The Illustrious Prince – Prince Maiyo
1919: The Tong Man – Luk Chen
1919: The Courageous Coward – Suki Iota
1919: His Debt – Goto Mariyama
1919: The Man Beneath – Dr. Chindi Ashutor
1920: The Beggar Prince – Nikki/Prince (verschollen)
1920: The Brand of Lopez – Vasco Lopez
1920: The Devil’s Claim – Akbar Khan/Hassan
1920: Li Ting Lang/Traditions Altar – Li Ting Lang
1920: An Arabian Knight – Ahmed
1921: The First Born – Produzent, Darsteller: Chan Wang
1921: Black Roses – Produzent, Darsteller: Yoda
1921: Where Lights Are Low – Produzent, Darsteller: T Su Wong Shih
1921: The Swamp – Produzent, Drehbuch, Darsteller: Wang
1922: Five Days to Live – Tai Leung
1922: The Vermilion Pencil – Tse Chan/The Unknown/Li Chan
1922: Night Life in Hollywood/The Shriek of Hollywood – er selbst
1923: Über alles das Vaterland, oder Die Schlacht (La bataille)
1960: Stoßtrupp Saipan (Hell to Eternity) – Gen. Matsui
1960: Dschungel der 1000 Gefahren (Swiss Family Robinson) – Kuala, Pirate Chief
1961: The Big Wave – The Old Man
1966: The Daydreamer – The Mole (Stimme)
1967: Junjô nijûsô
Fernsehauftritte
1958: Kraft Television Theatre: The Sea Is Boiling Hot Episode einer Fernsehserie
1958: Studio One: Kurishiki Incident Episode einer Fernsehserie – Sato
1958: Wagon Train: The Sakae Ito Story Episode einer Fernsehserie – Sakae Ito
1961: Here’s Hollywood (1961) Episode einer Fernsehserie – er selbst
1963: Route 66: Two Strangers and an Old Enemy (Episode einer Fernsehserie) – Takasuka
Literatur
Sessue Hayakawa: Der Sohn des Samurai. Das Leben des Sessue Hayakawa. Henry Goverts Verlag, Stuttgart 1963.
S. Noma (Hrsg.): Hayakawa Sesshu. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S.511.
Donald Kirihara: The Accepted Idea Displaced. Stereotype and Sessue Hayakawa. In: Daniel Bernardi (Hrsg.): The Birth of Whiteness. Race and the Emergence of U.S. Cinema. Rutgers University Press, New Brunswick NJ 1996, ISBN 0-8135-2277-3, S. 81–99.
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