Christian Petzold (* 14. September 1960 in Hilden) ist ein deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor. Er wird der Berliner Schule zugerechnet und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen.
Christian Petzold bei der Berlinale 2018
Leben
Aufgewachsen in Haan, machte er nach dem Abitur 1979 seinen Zivildienst („Keine Flucht nach Berlin!“)[1] im kleinen Filmclub des örtlichen CVJM („Doppelprogramme, bestehend aus einem Appetizer und einem Filmkunstwerk, alles für schwer erziehbare Jugendliche.“).[1] Seit 1981 lebt er in Berlin, wo er zunächst ein Studium der Theaterwissenschaften und Germanistik an der Freien Universität begann. Von 1988 bis 1994 studierte er dann an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb).
Die Drehbücher für seine Filme schreibt Christian Petzold selbst, wobei er in vielen Fällen die Ideen auch mit Harun Farocki zusammen bearbeitete und weiterentwickelte. Als damaliger Lehrer an der dffb war Farocki ein wichtiger Einfluss für den Studenten Petzold. Während Farocki jedoch eher dem Realismus und politischen Kino zugeordnet wird, zeichneten sich Petzolds Filme spätestens seit Die innere Sicherheit durch eine Beschäftigung mit dem Zwischenbereich von Leben und Tod aus. In Gespenster führt die Hauptfigur das Leben eines Phantoms,[2] und der Hauptcharakter in Yella ist möglicherweise schon zu Beginn des Films verstorben. Die innere Sicherheit, Gespenster und Yella bilden die – von Petzold ursprünglich so nicht geplante – „Gespenster-Trilogie“.[3]
Nach Toter Mann, Wolfsburg und Yella folgte 2008 mit dem Spielfilm Jerichow die vierte Zusammenarbeit mit Nina Hoss in der Titelrolle. Das Drama handelt von einem aus Afghanistan in das nordostdeutsche Flachland zurückkehrenden Soldaten, der sich auf eine Affäre mit einer verheirateten Frau einlässt. Der Film erhielt eine Einladung zur Teilnahme am Wettbewerb der 65. Filmfestspiele von Venedig 2008. 2009 wurde Christian Petzold für Jerichow als bester Regisseur für den Deutschen Filmpreis nominiert.[4]
Obwohl Christian Petzold bis dahin ausschließlich als Filmregisseur arbeitete, folgte er einer Einladung des Interimsintendanten Oliver Reese an das Deutsche Theater Berlin, um Arthur Schnitzlers Der einsame Weg (wiederum mit Nina Hoss in der Titelrolle) zu inszenieren. Die Premiere fand am 14.März 2009 statt.[5]
Im August 2010 starteten die Dreharbeiten zu dem Filmprojekt Dreileben, zu dem die Regisseure Dominik Graf und Christoph Hochhäusler neben Christian Petzold jeweils einen Film beisteuerten. Alle drei Filme kreisen aus unterschiedlichen Perspektiven um ein Verbrechen, das sich in einem thüringischen Ort namens „Dreileben“ ereignete. Christian Petzolds Beitrag trug den Titel Etwas Besseres als den Tod. Die Premiere des Gemeinschaftswerks fand auf der Berlinale 2011 in der Sektion „Forum“ statt.[6] Das Medienecho war geteilt.[7]
2012 erhielt Christian Petzold mit seinem Spielfilm Barbara (Titelrolle Nina Hoss) seine dritte Einladung zur Teilnahme am Wettbewerb der Berlinale. Der Film spielt in der DDR, im Jahr 1980, und handelt von einer Ärztin, die, nachdem sie erfolglos einen Ausreiseantrag gestellt hat, an ein Provinzkrankenhaus versetzt wird.[8] Christian Petzold wurde mit dem Silbernen Bären für die beste Regie geehrt und erhielt im selben Jahr zwei Nominierungen für den Deutschen Filmpreis (in den Kategorien Regie und Drehbuch).
Für „seine intellektuelle Brillanz und sein[en] Sinn für zupackende Geschichten“, die „ihn zum Erben Käutners [machen]“, erhielt er 2013 den Helmut-Käutner-Preis.[9]
Petzold beim Internationalen Filmfestival San Sebastián im September 2014
Im September 2014 veröffentlichte Christian Petzold seinen Film Phoenix (Titelrolle Nina Hoss), der den Holocaust mit einer in der Nachkriegszeit spielenden Geschichte thematisiert. Hierfür erhielt er den Preis der internationalen Filmkritik auf dem Filmfestival San Sebastián.[10][11]
Nach der Inszenierung zweier Polizeiruf-110-Folgen (Kreise, 2015; Wölfe, 2016) schuf Petzold mit Transit (2018) eine freie Adaption des gleichnamigen Romans von Anna Seghers. Der Kinofilm mit Franz Rogowski und Paula Beer in den Hauptrollen erhielt eine Einladung in den Wettbewerb der 68. Berlinale.
2018 wurde er in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences berufen, die jährlich die Oscars vergibt.[12]
2019 drehte Petzold den Spielfilm Undine (2020), wobei er erneut auf Paula Beer und Franz Rogowski als Hauptdarsteller zurückgriff. Es ist der erste Teil einer geplanten Trilogie, die sich der deutschen Romantik und dabei speziell des Motivs der Elementargeister annehmen soll. In den folgenden Filmen plant Petzold sich den Luft- bzw. Erdgeistern thematisch zu widmen.[13] Der Film lief 2020 im Wettbewerb der 70. Berlinale und wurde dort mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet.[14]
Gegenwärtig arbeitet er nach Undine mit Roter Himmel am zweiten Teil seiner geplanten Filmtrilogie. Erneut übernimmt darin Paula Beer eine der Hauptrollen.
Petzold ist mit der Filmemacherin Aysun Bademsoy verheiratet und lebt in Berlin. Das Paar hat zwei Kinder.
Zitat
„Das Kino ist eine riesige Sammlung von unerlösten Menschen.“[15]
1996: Filmfestival Max Ophüls Preis: Förderpreis Langfilm für Cuba Libre
2001: Preis der deutschen Filmkritik als bester Spielfilm für Die innere Sicherheit
2001: Deutscher Filmpreis als bester Spielfilm für Die innere Sicherheit
2002: Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für Toter Mann
2002: Deutscher Fernsehpreis für Toter Mann
2003: Adolf-Grimme-Preis für Toter Mann (zusammen mit Hans Fromm, Nina Hoss und Sven Pippig)
2003: FIPRESCI-Preis im Panorama der Internationalen Filmfestspiele Berlin für Wolfsburg
2004: Preis der DEFA-Stiftung zur Förderung der deutschen Filmkunst
2005: Adolf-Grimme-Preis mit Gold für Wolfsburg (zusammen mit Nina Hoss (Darstellung) und Benno Fürmann)[16]
2005: Findlingspreis des Verbandes für Filmkommunikation für Gespenster
2005: Preis der deutschen Filmkritik als bester Spielfilm für Gespenster
2007: Preis der deutschen Filmkritik als bester Spielfilm für Yella
2008: Preis der deutschen Filmkritik als bester Spielfilm für Jerichow
2009: Filmpreis der Stadt Hof bei den Internationalen Hofer Filmtagen
2011: Deutscher Fernsehpreis zusammen mit Dominik Graf und Christoph Hochhäusler in der Kategorie „Besondere Leistung Fiktion“ für die Trilogie Dreileben
2012: Silberner Bär, Preis für die beste Regie der Internationalen Filmfestspiele Berlin für Barbara
2012: Grimme-Preis „Spezial“ für Dreileben zusammen mit Dominik Graf und Christoph Hochhäusler
2012: Deutscher Filmpreis in Silber als bester programmfüllender Spielfilm für Barbara
2012: Preis der deutschen Filmkritik als bester Spielfilm für Barbara
2018: Julius-Campe-Preis für seine Verdienste um die deutsche Literatur, mit besonderem Bezug auf den Film Transit[17]
2018: Auszeichnung des Neiße Filmfestivals für sein filmisches Schaffen.[18]
2018: Bayerischer Filmpreis für das Drehbuch von Transit
2020: Schillerpreis der Stadt Mannheim
2020: BZ Kulturpreis
2021: Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland[19]
Literatur
Manfred Hobsch, Ralf Krämer, Klaus Rathje: Filmszene D. Die 250 wichtigsten jungen deutschen Stars aus Kino und TV. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-511-2, S.318 f.
Johanna Schwenk: Leerstellen – Resonanzräume: Zur Ästhetik der Auslassung im Werk des Filmregisseurs Christian Petzold. Filmstudien 63, Nomos Verlag 2011, ISBN 978-3-8329-6933-2.
Christian Petzold: Barbara: Ein Drehbuch. Herausgegeben von Fred Breinersdorfer und Dorothee Schön für die Deutsche Filmakademie. Pro Business 2012, ISBN 978-3-86386-232-9.
Ilka Brombach, Tina Kaiser (Hrsg.): Über Christian Petzold. Vorwerk 8, Berlin 2018, ISBN 978-3-940384-99-7.
Das Kino ist die Zukunft, aber es schaut immer zurück. Ein Gespräch mit Christian Petzold von Bernd Stiegler und Alexander Zons. Augenblick. Konstanzer Hefte zur Medienwissenschaft 75/76, Schüren Verlag, Marburg 2020, ISBN 978-3-7410-0206-9.
Brad Prager: Christian Petzold: YELLA. Film-Lektüren 2, edition text+kritik 2021, ISBN 978-3-96707-415-4.
Andreas Becker (Hg.): Christian Petzold. Film-Konzepte 65, edition text+kritik 2022, ISBN 978-3-96707-641-7.
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