Das Mädchen Rosemarie ist ein sozialkritischer deutscher Spielfilm aus dem Jahr 1958. Der Film wurde von der Roxy-Film in den CCC-Film-Ateliers in Berlin produziert. Einige Außenaufnahmen wurden in Frankfurt am Main gedreht. Dort fand am 28. August 1958 auch die Uraufführung statt.
Die junge, aus ärmlichen Verhältnissen stammende Rosemarie Nitribitt wohnt mit den Kleinkriminellen Horst und Walter in einer Souterrain-Wohnung in Frankfurt am Main. Mit diesen beiden durchstreift sie die Innenstadt und zieht unweit eines Hotels die Aufmerksamkeit des Großindustriellen Bruster auf sich. Dieser trifft sich dort mit seinem „Kartell“ von Unternehmern und ist auf der Suche nach nächtlicher Zerstreuung in der Stadt. In diesem Hotel betreut der Concierge Kleie die „Herren“, indem er diesen zu abendlichen Treffen mit „Damen“ verhilft, die er (auch Rosemarie) jedoch nicht in der Hotel-Lobby duldet. Schon bald macht Rosemarie durch eine Verwechslung Bekanntschaft mit dem Geschäftsmann Konrad Hartog (auch dieser ist Mitglied des „Kartells“) statt mit Bruster. Hartog hält sie aus und richtet ihr eine Wohnung ein.
Auf dem Weg zu einem Reitturnier der Familie von Hartog lernt Rosemarie später den Franzosen Alfons Fribert kennen, der Industriespionage betreibt. Er macht Rosemarie mit dem Umfeld der großen Wirtschaftsbosse bekannt. Unterdessen zeigt sich Hartog über die längere „Pause“ seines eigenen Kontakts zu ihr verschnupft und trennt sich von Rosemarie. Zum Abschied macht er ihr ein Geldgeschenk (18.000 DM), das in einen Mercedes 190 SL Roadster investiert wird. Fribert benutzt derweil Rosemarie, um an die Geheimnisse der „Herren“ zu gelangen. Mit Hilfe eines Tonbandgerätes werden diese von nun an bei ihren nächtlichen „Plaudereien“ ausspioniert. Die Bänder lässt Rosemarie von einem Zufallsbekannten, einem Studenten, verstecken.
Rosemarie verlangt schließlich nach gesellschaftlicher Anerkennung. Sie sorgt für einen Skandal, als sie plötzlich auf einem Fest in Brusters Villa und später in Begleitung des Studenten in der vom „Kartell“ frequentierten Rialto Bar auftaucht. Damit hat sie den Bogen überspannt. Eines Tages wird sie in ihrer Wohnung ermordet, während die Herren des „Kartells“ in ihren Autos vor Rosemaries Wohnhaus warten.
Die Verfilmung hat mit der Lebensgeschichte der Rosemarie Nitribitt wenig zu tun. Über deren Herkunft und Jugendzeit schweigt sich der Film völlig aus. Ob sie ihre Kunden wirklich ausspioniert und abgehört hat, ließ sich nicht nachweisen.
Die Dreharbeiten in Frankfurt stießen auf Schwierigkeiten. So untersagte der Steigenberger-Konzern dem Filmteam, Szenen im Foyer des Hotels „Frankfurter Hof“ zu drehen. Daher musste es in einem Westberliner Studio nachgebaut werden. Der tatsächliche Name des Hotels durfte im Film nicht genannt werden, es hieß dort „Palast-Hotel“. Auch vor dem gegenüberliegenden Mercedes-Autosalon im Junior-Haus erhielt man keine Drehgenehmigung. Diese Szenen mussten früh morgens aus einem Wagen heraus gefilmt werden.
Als auf Vorschlag der italienischen Festspielverantwortlichen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig der Film noch vor seinem Deutschlandstart auf der Biennale gezeigt werden sollte, sah sich der zuständige Filmreferent des Auswärtigen Amtes, Franz Rowas, am 9. August 1958 den Film gemeinsam mit Vertretern der Export-Union des deutschen Films an. Er kritisierte anschließend, der Film verallgemeinere negative Erscheinungen und verbinde den politischen Werdegang und wirtschaftlichen Aufstieg der Bundesrepublik mit moralischem Niedergang. Der Streifen könne dem deutschen Ansehen im Ausland schaden und insbesondere jenen Kreisen neue Argumente liefern, welche die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik mit Missgunst beäugten.
Da die Regierung die Aufführung rechtlich nicht verhindern konnte, appellierte Rowas an die staatsbürgerliche Verantwortung der Export-Union. Da auch die Drohung, Zuschüsse zu kürzen oder eine Exportkontrolle für deutsche Filme einzuführen, erfolglos blieb, wies das Auswärtige Amt die deutsche Botschaft in Rom an, beim Leiter der Biennale auf die Absetzung des Films zu drängen – ohne Erfolg.
Mitte August erfuhr die deutsche Presse von der versuchten staatlichen Einflussnahme. Unter anderem die Neue Rhein Zeitung, Bild und Hamburger Echo berichteten spöttisch über das Vorgehen des Auswärtigen Amtes.
Die FSK prüfte den Film wenig später. Sie erklärte die Ausführungen des Auswärtigen Amtes für unzutreffend und gab das Werk mit zwei Änderungen frei. Diese betrafen den Vortext und eine Szene mit marschierenden Soldaten.
So wurde von der FSK ein Vorspann verlangt, der zum Ausdruck bringt, dass es sich bei den geschilderten Missständen und den kritisierten Leistungsträgern um Ausnahmen handele.[2] Einer Zensur vorbeugend war vom Produzenten bereits ein Bild mit einer Zeichnung von Ludwig Erhard, das in mehreren Szenen rechts neben dem Bett der Nitribitt hängt, durch einen Unschärfefleck unkenntlich gemacht worden. Mit Hinweis auf dieses Bild hatte zuvor Franz Rowas gedroht, auch das Wirtschaftsministerium, von dem die Export-Union Jahr für Jahr Zuschüsse erhalte, lege größten Wert auf deren entschiedene Haltung.
Zudem zensierte die FSK aus der ursprünglichen Fassung eine Szene, bei der zu einer Wochenschauaufnahme von marschierenden und musizierenden Bundeswehrsoldaten zwei Bänkelsänger zur Melodie des Königgrätzer Marsches den Refrain singen: „Wir ham den Kanal, wir ham den Kanal, wir ham den Kanal noch lange nicht voll.“ Die Szene sei eine „Herabwürdigung der verfassungsmäßigen und rechtsstaatlichen Grundlagen des deutschen Volkes, da die Bundeswehr eine verfassungsmäßige und rechtsstaatliche Einrichtung der Bundesrepublik ist“. Das Lied wurde in der Filmendfassung in einer unverfänglichen Szene dann trotzdem abgesungen und zu einem Schlager.
Jürgen Kniep kam in seinem Buch Keine Jugendfreigabe zu dem Ergebnis, die Vorgänge um Das Mädchen Rosemarie hätten gezeigt, dass die Presse ihre äußerst zahme und regierungsloyale Haltung der frühen fünfziger Jahre inzwischen abgelegt hatte und direkte Eingriffe des Staates nun als unstatthafte Zensur ablehnte.
Das Mädchen Rosemarie wurde 1958 mit dem Preis der deutschen Filmkritik ausgezeichnet und fand im selben Jahr Aufnahme in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Venedig. Zwar musste sich Thieles Film bei der Vergabe um den Goldenen Löwen Hiroshi Inagakis Drama Der Rikschamann geschlagen geben, jedoch wurde die Filmproduktion mit dem Premio Pasinetti ausgezeichnet. Ein Jahr später erhielt Thiele den Regiepreis des argentinischen Festival Internacional de Cine de Mar del Plata, während der Film bei der Golden-Globe-Verleihung 1959 gemeinsam mit dem französischen Beitrag Wenn die Flut kommt von François Villiers und der jugoslawisch-italienischen Koproduktion Straße der Leidenschaft von Giuseppe De Santis den Preis für den besten fremdsprachigen Film erhielt.
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