Sieben (orig. Seven bzw. stilisiert auch SE7EN) ist ein US-amerikanischer Thriller, der Elemente des Neo-Noir mit solchen des Horrorfilms verbindet. Das Zweitwerk des Regisseurs David Fincher handelt von einem Serienmörder, der von den sieben Todsünden besessen ist und sie mit seinen Opfern in Szene setzt. Am 22. September 1995 erschien der Film in den nordamerikanischen Kinos und am 23. November in Deutschland.
In einer verregneten amerikanischen Großstadt bereitet sich Detective Lt. William Somerset nach vielen Dienstjahren auf die Pensionierung vor. In der letzten Woche wird ihm sein Nachfolger Detective David Mills als Partner zugewiesen. Mills ist mit seiner Frau Tracy in die Stadt gezogen. Er hat schon bei der Mordkommission gearbeitet, zeigt sich aber gegenüber Somerset zunächst ehrgeizig und arrogant.
Mills und Somerset ermitteln an einem Tatort, an dem ein krankhaft fettleibiger Mann in seinem Haus anscheinend zu Tode gefüttert wurde. Handgelenke und Füße sind mit Draht zusammengebunden, und unter dem Tisch befindet sich ein Eimer mit Erbrochenem. Die Obduktion ergibt, dass der Mann essen musste, bis er nach einem Tritt in den Bauch im wahrsten Sinne „geplatzt“, also an inneren Blutungen gestorben ist.
Sein Vorgesetzter setzt Mills (wegen der Spannung zwischen ihm und Somerset) auf einen anderen Fall an, einen grausamen Mord an einem prominenten Strafverteidiger, der in seinem Büro gefoltert und gezwungen worden ist, Teile seines Körpers abzuschneiden und an den Folgen dieser Selbstverstümmelung gestorben ist. Auf dem Teppich steht mit Blut geschrieben das Wort „Habsucht“.
Somerset untersucht den ersten Tatort noch einmal und entdeckt das Wort „Maßlosigkeit“ mit Fett geschrieben an der Wand hinter dem Kühlschrank. Seine These: Die beiden Morde hängen zusammen und sind von derselben Person begangen worden; fünf weitere Morde würden noch folgen – nach dem Muster der sieben Todsünden.
Somerset und Mills arbeiten zusammen, manchmal widerstrebend, aber mit der wachsenden Befürchtung, dass der Mörder hochintelligent und ihnen immer einen Schritt voraus ist. Sie finden bei dem „Habsucht“-Mord Fingerabdrücke, die sie zu einem bekannten Sexualstraftäter und Drogenhändler führen. Aber als die Polizisten in seine Wohnung kommen, finden sie den Mann an sein Bett gefesselt vor, der nach genau einem Jahr Gefangenschaft und Bewegungsunfähigkeit im Sterben liegt: Eine Hand ist abgetrennt und benutzt worden, um die Fingerabdrücke anzubringen. Das Wort „Trägheit“ steht an der Wand.
Mills’ Frau Tracy trifft sich mit Somerset. Sie sagt ihm, dass sie schwanger sei und es David noch nicht offenbart habe, weil sie nicht sicher sei, ob sie ein Kind auf diese Welt bringen wolle. Somerset erzählt ihr, dass er vor langer Zeit vor derselben Entscheidung gestanden und die Frau dazu überredet habe, die Schwangerschaft abzubrechen. Er sei zwar überzeugt, dass die Entscheidung richtig gewesen sei, bedauere sie aber jeden Tag.
Frustriert entscheidet sich Somerset, einen FBI-Agenten zu bestechen, um Informationen aus einer Datenbank zu erhalten, in der Personen vermerkt sind, die Bücher (zu bestimmten, indizierten Themen) in öffentlichen Büchereien ausleihen. Er gibt dem Agenten eine Liste mit Büchern über die sieben Todsünden und bekommt eine Reihe von Namen, darunter den eines Mannes, der sich John Doe nennt.
Als die zwei Detectives Does Apartment aufsuchen, treffen sie ihn auf dem Gang. Doe eröffnet das Feuer und flüchtet. Mills verfolgt ihn, kann ihn nicht aufhalten, wird von ihm niedergeschlagen und mit einer Pistole bedroht. Der Angreifer lässt jedoch von Mills ab und flüchtet. In der Wohnung des Mannes entdecken die Ermittler eine Dunkelkammer zur Entwicklung von Fotos und eine Art Schrein mit Zeugnissen seiner bisherigen Morde, dazwischen Hinweise auf zukünftige Opfer, unter diesen das Foto einer blonden Prostituierten. Darüber hinaus finden sie die Quittung aus einem Fetisch-Geschäft über die Sonderanfertigung eines mit scharfer Klinge versehenen Strap-ons.
Als Somerset und Mills den Inhaber des Sadomasochismus-Ladens zum Verhör besuchen, werden sie unmittelbar zum nächsten Tatort in einem schummrigen Kellerbordell gerufen. Auf der Tür zu einem rot beleuchteten Stundenzimmer steht das eingeritzte Wort „Wollust“. Innen liegt in einem Bett die ermordete blonde Prostituierte, die durch den manipulierten Strap-on zu Tode vergewaltigt worden ist. Mills und Somerset streiten sich über den Wert ihrer Arbeit. Somerset ist nicht wie Mills davon überzeugt, dass es irgendetwas in dieser Welt ändere, wenn er Polizist bleibe.
Am nächsten Tag wird ein fünfter Mord bekannt. Ein Model ist im Schlafzimmer mit verstümmeltem Gesicht tot aufgefunden worden. Der Täter hat sie vor die Wahl gestellt, entstellt weiterzuleben oder sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Auf dem Kopfbrett des Bettes ist mit Blut das Wort „Hochmut“ geschrieben. Als Mills und Somerset in ihre Dienststelle zurückkehren, treffen sie auf Doe, der sich ihnen blutverschmiert freiwillig stellt.
Er bietet an, sich schuldig zu bekennen, wenn er Mills und Somerset an den Ort begleiten dürfe, wo er die beiden letzten Opfer versteckt halte. Auf dem Weg dorthin erklärt er ihnen die Motivation seines Verhaltens. Er habe bewirken wollen, dass die Gesellschaft sich ihres sündhaften Verhaltens bewusst werde. Der einzige Weg, das zu erreichen, sei etwas zu tun, das nicht ignoriert werden könne.
Ihr Ziel ist eine verlassene Landstraße in einer unwirtlichen Steppe weit außerhalb der Stadt. Nachdem sie aus dem Wagen gestiegen sind, nähert sich ein Lieferwagen. Der Wagen hält, der Fahrer übergibt Somerset ein Paket für Mills. In dem Paket befindet sich der abgetrennte Kopf von Mills’ Ehefrau Tracy. Doe sagt, er habe sich das normale Leben von Mills mit Tracy gewünscht, sie darum beneidet, weil er es nicht haben könne, und sich selbst darum als Verkörperung des Neids gesehen. Mills erfährt in diesem Moment, dass seine Frau schwanger gewesen ist. Die bezahlten Hinweise über Mills’ Lebensumstände, die dieser sich besorgt hat, indem er sich als anonymer Reporter ausgegeben hat, haben Doe zuvor die Begehung des Mordes an Tracy erleichtert.
Entsetzt, verzweifelt und rasend vor Wut erschießt Mills letztlich den Täter und wird so zur Verkörperung der letzten verbliebenen Todsünde, des Zorns. Mills wird festgenommen. Der Film endet mit einem Zitat Somersets: „Ernest Hemingway hat mal geschrieben: ‚Die Welt ist so schön und wert, dass man um sie kämpft.‘ Dem zweiten Teil stimme ich zu.“
Figur | Darsteller | Deutscher Sprecher |
---|---|---|
William Somerset | Morgan Freeman | Klaus Sonnenschein |
David Mills | Brad Pitt | Tobias Meister |
Tracy Mills | Gwyneth Paltrow | Arianne Borbach |
John Doe | Kevin Spacey | Till Hagen |
California | John C. McGinley | Michael Christian |
Police Captain | R. Lee Ermey | Helmut Müller-Lankow |
District Attorney Martin Talbot | Richard Roundtree | Roland Hemmo |
In der christlichen Symbolik des Mittelalters steht die Sieben als „göttliche Zahl“ für die Gnade bzw. für Ruhe und Frieden und hat auch im Film eine zentrale Bedeutung. Hierbei können Parallelen zwischen Gott und John Doe gezogen werden. Die „Werke“ beider wurden in sieben Tagen vollbracht. Auch die Person William Somerset wird in das Netz um die Zahlensymbolik Sieben im Film verwickelt, da er nur noch sieben Tage bis zur Pensionierung arbeiten muss und um sieben Uhr das Paket überbracht wird. Die Zahl Sieben steht für die Unvergänglichkeit, die John Doe mit seinen Werken erzielen will.
Das zentrale Thema des Films sind die sieben Todsünden. Einerseits übernimmt Doe mit der Bestrafung der ersten fünf „Sünder“ eine Aufgabe, die klassischerweise nur Gott gebührt. Andererseits gibt er sich aber auch als fehlbar zu erkennen, indem er selbst im Neid eine Unschuldige – eben Mills Frau Tracy – tötet. Seine Buße erhält er schließlich von Mills, der ihn in rasendem Zorn erschießt. Dieser muss letztlich als Strafe mit dem Verlust seiner Frau leben.
Allerdings steht John Does Auffassung der Todsünden im Widerspruch zu deren theologischer Bedeutung. Die umgangssprachlich als sieben Todsünden bezeichneten Charaktereigenschaften entsprechen in diesem Sinne den Hauptlastern, die zwar die Ursache vieler weiterer Sünden sein können, aber selbst nicht zwangsläufig zur Verdammnis führen müssen (siehe auch Abgrenzung vom Laster). Die Konsequenzen vor allem hinsichtlich der Rezeption dieses mittelalterlichen Konzepts werden aus gläubiger Sicht zuweilen als problematisch betrachtet.[2] Auch weicht die Reihenfolge der Morde aus dramaturgischen Gründen von christlicher Tradition ab.
Es ziehen sich Zitate aus der klassischen Literatur (Geoffrey Chaucer – Canterbury Tales, William Shakespeare – Der Kaufmann von Venedig, John Milton – Das verlorene Paradies, Dante Alighieri – Göttliche Komödie) als roter Faden durch den Film. John Doe zitiert aus den jeweiligen Werken, um eine hervorgehobene Bedeutung und Symbolik seiner Taten darzustellen. So kommentiert er den „Maßlosigkeit“-Mord mit einem Vers aus dem verlorenen Paradies: „Lang ist der Weg und beschwerlich, der aus der Hölle hinaus ins Licht führt.“ Detective Somersets Hemingway-Zitat am Ende des Films stammt aus dem Roman Wem die Stunde schlägt. Freemans Rollenname wiederum wurde William Somerset Maugham entlehnt, dem Autor des im Film erwähnten Romans Der Menschen Hörigkeit.
Außer der Filmmusik von Howard Shore sind zu hören:
Nach David Finchers kommerziell enttäuschendem Kinodebüt Alien 3 hatte sich der mit Musikvideos etablierte Regisseur bereits wieder frustriert von Hollywood-Filmen abgewandt. Erst Andrew Kevin Walkers Drehbuch konnte erneut sein Interesse wecken, setzte es doch die kurz zuvor mit dem Schweigen der Lämmer höchst erfolgreich begonnene Verschmelzung von Kriminal- mit Horrorfilm fort.[3] Die Rolle des enigmatischen Serienmörders „John Doe“ besetzte man mit dem aufstrebenden Charakterdarsteller Kevin Spacey, der nahezu zeitgleich in den üblichen Verdächtigen zu sehen war. Für letztere, ähnlich angelegte Darstellung eines bedrohlich kontrollierten Psychopathen erhielt er im Folgejahr den Oscar als Bester Nebendarsteller und zementierte seinen Ruf für diese Art Rolle, zu denen er immer wieder zurückkehrte wie in Superman Returns oder House of Cards.
Ursprünglich war Denzel Washington für die Rolle des Detective Mills vorgesehen, er lehnte jedoch ab.[4] In einer alternativen Drehbuchfassung endete der Film mit einem Wettlauf gegen die Zeit, bei dem Mills Doe am Mord seiner Frau Tracy zu hindern versucht. Brad Pitt war jedoch vom – schlussendlich realisierten – Ende so begeistert, dass er seine Zusage daran knüpfte.[4]
In der Szene, in der Mills John Doe jagt, stürzte Brad Pitt und brach sich den Arm. Der Unfall wurde ins Skript eingearbeitet.[4] Drehbuchautor Andrew Kevin Walker hat einen Cameo-Auftritt vor der Titelsequenz als im eigenen Blut liegende Leiche.[5] Auch Morgan Freemans Sohn Alfonso spielt im Film mit, als Kriminologe.[4] Im Film wurde die Bleichauslassung (Kontrastverstärkung und Schwarzweiß-Überlagerung) angewendet.
Die Produzenten des Films wollten Kevin Spacey als erstes im Vorspann nennen. Dieser weigerte sich jedoch, um die Kinogänger mit der Identität des Mörders zu überraschen. Spacey durfte deshalb weder den Filmpremieren beiwohnen noch Interviews geben – was er selbst als großen Vorteil ansah. Da Spacey zu Beginn des Films namentlich nicht genannt wird, ist er der Erstgenannte im Abspann und erhielt darüber hinaus dort eine zweite Nennung. Unüblich ist zudem, dass sich der Abspann abwärts statt aufwärts bewegt.[6][4]
„Ein ebenso artifiziell wie effektvoll inszenierter Detektivfilm, der mit außergewöhnlich dunklen und düsteren Bildern eine beklemmende Atmosphäre der Ausweglosigkeit und des abgrundtiefen Pessimismus schafft. Dabei interessiert er sich letztlich aber mehr für die pathologischen Ergebnisse der Mordkette als für eine Handlung, die Hand und Fuß hätte, so daß auch die effektvolle Machart letztlich die arg geschmacklose Story nicht genießbarer machen kann.“
„David Fincher gelang ein apokalyptischer Großstadtthriller, unglaublich gemein und düster in Szene gesetzt. Der bildgewordene Albtraum ist nichts für schwache Nerven. – Die größte Sünde: vorm Ende abschalten.“
„Empfehlenswert[.] Düster, bedrohlich – und genial inszeniert“
„Spaß: 0/3; Action: 2/3; Erotik: 0/3; Spannung: 3/3; Anspruch: 0/3“
Ferner befindet sich der Film in der Liste der Top 250 Filme auf IMDb auf Platz 19 (Stand November 2022).
Der Film wurde bei vielen Auszeichnungen berücksichtigt:
Weblinks
Belege
Alien 3 (1992) | Sieben (1995) | The Game (1997) | Fight Club (1999) | Panic Room (2002) | Zodiac – Die Spur des Killers (2007) | Der seltsame Fall des Benjamin Button (2008) | The Social Network (2010) | Verblendung (2011) | Gone Girl – Das perfekte Opfer (2014) | Mank (2020) | The Killer (2023)