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Ernst von Salomon (* 25. September 1902 in Kiel; † 9. August 1972 in Stöckte, Winsen (Luhe)) war ein deutscher Schriftsteller und Drehbuchautor. Als Jugendlicher hatte er in den Anfangsjahren der Weimarer Republik in verschiedenen Freikorps gekämpft, war Mitglied der rechtsterroristischen Organisation Consul gewesen und hatte sich wiederholt an politischen Verbrechen beteiligt, unter anderem an der Vorbereitung des Attentates auf Walther Rathenau. Als Autor wird er der Konservativen Revolution zugerechnet.[1] Sein bekanntestes Werk ist der in Form einer Autobiographie verfasste Roman Der Fragebogen von 1951, in dem er die Entnazifizierungspolitik in der amerikanischen Besatzungszone nach 1945 kritisierte.


Leben



Jugend vor und während des Ersten Weltkrieges


Königlich-preußisches Kadettenhaus in Karlsruhe, das Ernst von Salomon 1913–1917 besuchte und in Die Kadetten beschrieb.
Königlich-preußisches Kadettenhaus in Karlsruhe, das Ernst von Salomon 1913–1917 besuchte und in Die Kadetten beschrieb.

Ernst Friedrich Karl von Salomon entstammte der Adelsfamilie von Salomon. Sein Vater Felix von Salomon, ein ehemaliger Offizier, war Polizeibeamter. Ernst hatte einen älteren Bruder Bruno und zwei jüngere Brüder Horst und Günther. Die Kindheit verbrachte er zunächst in Kiel. 1909 wurde sein Vater nach Frankfurt versetzt, wo er zunächst als Kriminalkommissar und später als Abteilungsleiter der Kriminalpolizei arbeitete. Ernst wuchs in der Rothschildallee im Stadtteil Nordend auf und besuchte von 1909 bis 1912 die Musterschule.[2] 1912 und 1913 besuchte er das Lessing-Gymnasium in Frankfurt, musste es jedoch aufgrund mangelnden Erfolgs verlassen und wechselte daher ab 1913 zur preußischen Kadettenanstalt in Karlsruhe und 1917 zur Hauptkadettenanstalt in Groß-Lichterfelde bei Berlin, wo er 1918 das Abitur ablegte.[3] Die Zeit in der Kadettenanstalt wurde von ihm im autobiographischen Roman Die Kadetten verarbeitet. 1918 schloss sich Salomon rechtsextremen Gruppierungen an.[3]


Weimarer Republik


Im Dezember 1918 meldete sich Salomon freiwillig zu den regierungstreuen Truppen des Freikorps Maercker. Mit diesem kämpfte er Anfang Januar 1919 während des Spartakusaufstandes in Berlin und nahm im Februar 1919 an der Sicherung der Weimarer Nationalversammlung teil. Er schloss sich dem im März 1919 gegründeten Hamburger Freikorps Bahrenfeld an, das im Juni 1919 in die Reichswehr überführt wurden. Mit den Hamburgern gelangte Salomon zur Eisernen Division ins Baltikum, wo er in Lettland unter dem Freikorps Hauptmann Liebermann als Maschinengewehrschütze zunächst unter dem Kommando der Obersten Heeresleitung, später im Dienste der provisorischen lettischen Regierung Ulmanis gegen die Truppen des revolutionären Russlands kämpfte.

Nach seiner Rückkehr aus dem Baltikum schloss sich Salomon der Brigade Ehrhardt von Hermann Ehrhardt an. Mit ihr nahm er im März 1920 am Kapp-Putsch teil, in dessen Verlauf die Brigade das Regierungsviertel in Berlin besetzte. Von Mai bis Juni 1921 kämpfte Salomon mit dem Freikorps Wolf gegen polnische Aufständische in Oberschlesien. Nach der Auflösung der Brigade Ehrhardt 1920 wurde Salomon Mitglied der Frankfurter Gruppe der rechtsterroristischen und antisemitischen Organisation Consul (O. C.), einer klandestinen Nachfolgeorganisation des Freikorps Ehrhardt, unter Friedrich Wilhelm Heinz. Ziel der Organisation Consul war es, die Republik zu beseitigen. Das sollte durch die Ermordung von exponierten Personen dieser Demokratie erfolgen. Dazu zählten vor allem Politiker jüdischer Abstammung, Politiker der demokratischen Parteien der Mitte, Politiker der Linken, Pazifisten und solche, die als „Erfüllungspolitiker“ galten.

So beteiligte sich Salomon auch am „angeblich nicht antisemitisch motivierten Attentat“ auf den Außenminister Walther Rathenau.[4] Rathenau wurde am 24. Juni 1922 auf der Fahrt von seinem Wohnhaus zum Außenministerium in seinem offenen Wagen aus einem überholenden Auto von Erwin Kern und Hermann Fischer mit Schüssen aus einer Maschinenpistole und durch eine Handgranate ermordet. Salomon war an der Vorbereitung des Attentates maßgeblich beteiligt. Die Täter und ihre Helfer wurden in kurzer Zeit aufgespürt. Kern und Fischer wurden am 17. Juli 1922 auf der Flucht in der Burg Saaleck gestellt. Dabei wurde Kern erschossen und Fischer nahm sich das Leben. Im Oktober 1922 wurde ein Prozess gegen 13 Tatbeteiligte vor dem mit dem Republikschutzgesetz neu errichteten Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik in Leipzig geführt. Salomon wurde wegen Beihilfe zum Mord zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.[5] Da das Gericht die Tat Salomons „als ‚gemeines Verbrechen‘ qualifizierte, das ‚allein dem Juden Rathenau gegolten habe‘“, verhängte es für fünf Jahre nach der Verbüßung der Strafe die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Diesen Teil der Strafe bemängelte Salomon als ungerecht und entehrend, wie er 1928 unter anderem in einer Artikelserie unter dem Titel Minister Rathenaus Ende. Erinnerungen eines an dem welthistorischen Attentate Beteiligten für das Berliner NSDAP-Organ Der Angriff ausführte.[6]

Noch vor dem Rathenau-Attentat hatten die Frankfurter O. C.-Männer um Karl Tillessen, Erwin Kern und Ernst von Salomon versucht, ein Mitglied ihrer O. C.-Gruppe, Erwin Wagner, als vermeintlichen Verräter umzubringen. Wagner war ihnen im Januar 1922 bei der Befreiung von Ludwig Dithmar, einem der bei den Leipziger Prozessen verurteilten Kriegsverbrecher, als Fahrer behilflich gewesen. In der Nacht vom 4. auf den 5. März 1922 hatten Salomon und seine Mittäter Wagner in Bad Nauheim mit Totschlägern schwer am Kopf verletzt und seinen Körper mit einem Stein beschwert in den See des Kurparks geworfen. Als der noch lebende Wagner versuchte, dem Ertrinken zu entgehen und an Land watete, schossen die Täter auf ihn. Salomon verhinderte mit einer Armbewegung den tödlichen Treffer, so dass Wagner schwimmend zur anderen Seite des Sees entkam. Eigentlich war vorgesehen, dass Salomon selber schoss, doch fehlte es dem damals 19-jährigen Salomon nach Meinung des Historikers Martin Sabrow „noch an Skrupellosigkeit“.[7] Wagner hatte es nach dem Mordversuch nicht gewagt, ihn der Polizei zu melden.[8] So war dieser Fememordversuch fünf Jahre ungesühnt geblieben.

Der Mordversuch an Wagner wurde 1926 durch eine Zeugenaussage im 1926 geschaffenen Femeausschuss des Reichstages aufgedeckt. Bezüglich dieser Tat kam es 1927 zu dem „Gießener Fememordprozess“ gegen Heinz, Salomon und einen weiteren O. C.-Mann, Ernst Casimir Schwing.[9] Salomons Verteidiger war der auf Femesachen und rechtsradikale Attentäter spezialisierte „Staranwalt der Rechtsextremisten Walter Luetgebrune“.[10] Bei dem Prozess zogen alle Zeugen die Aussagen gegen die Angeklagten zurück. Die wiederum schoben alle Schuld auf den 1922 im Zusammenhang mit dem Rathenaumord getöteten Erwin Kern. Die Tätigkeit der O. C. blieb im Dunkeln und der Führer der Terrorgruppe, Karl Tillesen, konnte als Zeuge unwiderlegt behaupten, dass die Feme nicht in Mord, sondern in gesellschaftlicher Ächtung der Opfer bestanden habe. Man habe dem Opfer höchstens eine Abreibung verpassen wollen. Dazu waren die Angehörigen des Gerichts sehr gegen die Republik voreingenommen und sympathisierten teilweise mit den Tätern. So kam es zu milden Urteilen und die Tätigkeit der Organisation Consul wurde nicht aufgeklärt. Salomon wurde wegen Körperverletzung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis und Ernst Schwing wegen Beihilfe zum versuchten Totschlage zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Heinz wurde wegen Mangels an Beweisen freigesprochen.[11] Salomons Strafe wurde mit seiner ersten Verurteilung zusammen auf eine Gesamtdauer von sieben Jahren festgelegt. Später räumte Salomon ein, dass das Urteil in Gießen ein Fehlurteil gewesen sei, weil sie wirklich versucht hätten, Wagner zu ermorden. Dass es ihnen nicht gelungen sei, sei ein „Versager gewesen“.[12] Infolge eines Gnadenaktes des Reichspräsidenten Hindenburg wurde Salomon schon im Dezember 1927 aus dem Zuchthaus Marienschloss-Rockenberg auf Bewährung entlassen. Er heiratete danach in Berlin seine Jugendliebe Lieselotte Wölbert, mit der er sich als Häftling im Zuchthaus Striegau 1923 verlobt hatte. Sie gingen nach wenigen Jahren auseinander, blieben aber bis nach 1945 verheiratet.

Nach der Haftentlassung beschäftigte sich Salomon unter anderem mit Geldsammlungen zur Unterstützung inhaftierter Fememörder. Walter Luetgebrune vermittelte ihm den Kontakt zu Paul Fechter, der am 29. April 1928 im Feuilleton der DAZ Salomons erste größere Arbeit, den Essay Der erste Tag veröffentlichte.[13] Fechter rühmte sich in seiner 1952 neu herausgegebenen „Deutschen Literaturgeschichte“, Salomon literarisch entdeckt zu haben.[14] Die nun erwachte öffentliche Aufmerksamkeit führte zur Aufnahme des Autors in die Kreise der Konservativen Revolution und des Nationalbolschewismus um Friedrich Hielscher, Hartmut Plaas und Arnolt Bronnen. Salomon publizierte fortan Arbeiten in deren Presse.

Menschenauflauf vor dem Reichstag am 1. September 1929
Menschenauflauf vor dem Reichstag am 1. September 1929

1929 unterstützte Salomon an der Seite seines Bruders Bruno die Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein zunächst publizistisch. Die Kampfformen der Bauern steigerten sich zu Bombenattentaten, woran sich Salomon mit einem provokatorischen Scheinanschlag auf das Reichstagsgebäude in Berlin beteiligte. Im Keller des Gebäudes explodierte in der Nacht zum 1. September 1929 eine „Höllenmaschine“, ein mit einem „nichtbrisanten, schwarzpulverartigen Sprengstoff“ gefülltes Paket, das Salomon dort mit Walter Muthmann abgelegt hatte. Der Sachschaden war minimal.[15] Die Folge war eine größere Verhaftungsaktion, die nicht nur das nationalkonservative Lager betraf. Salomon konnte keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden, und im Dezember ließ man ihn frei. Während der dreimonatigen Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit vollendete Salomon auf Anregung von Ernst Rowohlt seinen autobiographischen Romanerstling Die Geächteten, der im Januar 1930 im Rowohlt-Verlag erschien. 1933 folgte im gleichen Verlag Die Kadetten mit einem Bekenntnis zum Preußentum. Beide Bücher waren Erfolge – im Unterschied zum 1932 erschienenen Roman Die Stadt, den Salomon allerdings als sein bestes Werk einschätzte. Der Roman enthält eine autobiografisch gefärbte Schilderung der Rebellion. Dass zur Landvolkbewegung drei bekannte deutsche Schriftsteller, Hans Fallada mit Bauern, Bonzen und Bomben (Berlin, Rowohlt 1931), Salomon mit Die Stadt (Rowohlt, Berlin 1932) und Bodo Uhse mit Söldner und Soldat (Carrefour, Paris 1935), Romane als Augenzeugen geschrieben hatten, ist von der deutschen Literaturforschung bisher „weitgehend unbeachtet geblieben“.[16]


Während des Nationalsozialismus


Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 veröffentlichte Salomon den Roman Die Kadetten und danach das Sachbuch Nahe Geschichte. Letzteres war eine Vorveröffentlichung zur Geschichte der Freikorpskämpfer, die 1938 als Das Buch vom deutschen Freikorpskämpfer erschien. Salomons Veröffentlichungen aus den Jahren vor 1933 erschienen in Neuauflagen oder als Auszüge in der Reihe „Dokumente vom Kampf um die Wiedergeburt der Nation“. Mit all diesen Büchern hatte Salomon im Nationalsozialismus sehr hohe Auflagen.[17] Im April 1933 wurde Salomon zusammen mit Hans Fallada kurzzeitig inhaftiert. Der Vermieter von Fallada hatte beide bei der SA und Polizei denunziert. Er hatte eine ihm hintertragene Äußerung falsch verstanden und zeigte Fallada und Salomon wegen eines geplanten Attentats an. Dabei hatte Fallada nur seinem Dienstmädchen gegenüber davon gesprochen, dass sein Freund Salomon ein Attentäter sei. Durch die Fürsprache alter Freunde kamen sie nach einigen Tagen frei.[18]

Das 1933 aufgesetzte Gelöbnis treuester Gefolgschaft deutscher Schriftsteller gegenüber Hitler unterzeichnete Salomon nicht. Nach der Ermordung Röhms 1934 stand Salomon bei NS-Parteidienststellen im Ruf eines „Strasser-Mannes“, zumal sein emigrierter Bruder Bruno ein bekanntes KPD-Mitglied war.[19]

Salomon war Teil eines Freundeskreises, dessen Mitglieder sich in den gemeinsamen Gesprächen regimekritisch äußerten. Zu diesem Kreis gehörten auch Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen, die später einen Teil der von der Gestapo zusammenfassend als „Rote Kapelle“ bezeichneten Widerstandskreise bildeten. Da seine Lebensgefährtin Ille Gotthelft, die mit ihm als zwanzigjährige Literaturstudentin ein Liebesverhältnis eingegangen war, Jüdin war, zogen sich die Salomons aus diesem Freundeskreis zurück.[20] Ille Gotthelft galt nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 als „Volljüdin“. Salomon schützte sie vor der Verfolgung, indem er mit ihr zusammenzog und sie als seine Ehefrau ausgab. Diese unterstützte die Täuschung durch den Verzicht auf eine Ehescheidung. Als Ernst Rowohlt trotz gesetzlicher Verpflichtung seine jüdischen Verlagsmitarbeiter nicht entließ, ging Salomon 1934 ein Scheinarbeitsverhältnis im Verlag ein. Er meldete sich statt eines jüdischen Lektors bei der Reichskulturkammer an. Als später aufflog, dass Rowohlt jüdische Lektoren beschäftigt hatte, war dies einer der Gründe der Schließung des Verlages und der Emigration Rowohlts im Jahre 1938.

Seit 1936 war Salomon ins Filmgeschäft gewechselt und lebte fortan als Drehbuchautor für Unterhaltungsfilme, aber auch Propagandafilme. So schrieb er das Drehbuch zu dem antidemokratischen, „antienglischen und antisemitischen“ NS-Propagandafilm Carl Peters, der im September 1941 in die Kinos kam.[21] Dazu schrieb er an einen Vertrauten: „… vielmehr bin ich ein ganz korruptes Schwein geworden, das den schäbigen Rest von Seele glatt für die Brosamen verkauft, welche vom reich besetzten Tisch der UFA fallen …“.[22] In den Lebenserinnerungen seiner „gegnerisch“ eingestellten Freunde in Berliner Künstler- und Intellektuellenkreisen erscheint Salomon als einer der „Hauptwortführer“[23] und mit dem Drang, „unzeitgemäß“ zu sein.[24] Der Schriftsteller Carl Zuckmayer zählte in seinem 1943/44 im Exil für den OSS verfassten Geheimreport Salomon zu den „nicht ohne weiteres einzuordnenden Sonderfällen“ und hier zu den „positiven“:

„Er meinte es vollkommen ehrlich mit seiner Abkehr von nationalistischem Verschwörertum, demagogischem Antisemitismus und völkischem Ressentiment. […] Es ist schon eine ziemliche Charakterleistung, dass er sich nicht von den Nazis zum ‚Helden‘ und Märtyrer machen liess, er hätte sich leicht einen Schlageternimbus verschaffen können, aber er war allerdings durch Freundschaften und Beziehungen zu Intellektuellen für die Nazis verdorben und leise verdächtig. Sein menschliches Niveau war zu gut, um sich ins Nazitum abbiegen zu lassen.“[25]

Salomon war von 1935 bis 1945 Mitglied der Reichskulturkammer. Als der Krieg begann, wurde Salomon vom Militärdienst freigestellt. 1940 legte er sich ein Anwesen in Siegsdorf in Oberbayern zu, wo er mit Ille Gotthelft das Kriegsende erlebte. Von Oktober 1944 bis Mai 1945 war Salomon im örtlichen Volkssturm eingesetzt.[26]


Nachkriegszeit


Am 11. Juni 1945 wurden Salomon und Ille Gotthelft vom CIC wegen Salomons „aktiver Feindschaft gegen die Weimarer Republik und seiner Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie“ interniert.[27] Während dieser Zeit erlebte Salomon nach eigenen Angaben Misshandlungen durch US-Soldaten, die er in seinem unten erwähnten Roman Der Fragebogen thematisiert. Während Gotthelft im März 1946 entlassen wurde, blieb Salomon bis zum 5. September 1946 in Haft. Der Film Carl Peters, zu dem Salomon das Drehbuch verfasst hat, wurde von den britischen Besatzungsbehörden verboten, weil er nationalsozialistische Filmpropaganda fortsetze. In der Bundesrepublik ist der Film von der Murnau-Stiftung wegen seines rassistischen und volksverhetzenden Inhalts als Vorbehaltsfilm kategorisiert und kann nur zu besonderen Bedingungen gezeigt werden (Stand 2014).

1951 veröffentlichte Salomon seinen in autobiographischer Form geschriebenen Roman Der Fragebogen, in dem er seine Antworten auf die Fragen der „Entnazifizierungsbehörde“ dokumentierte (siehe auch Persilschein). Der Roman, der Salomons Ablehnung gegenüber dem amerikanischen Projekt „Entnazifizierung“ in plakativ ironischer Weise zum Ausdruck brachte, löste erhitzte Diskussionen aus und wurde zum ersten Bestseller der Bundesrepublik Deutschland. Es ist das bekannteste und erfolgreichste Werk Salomons. Salomons Erinnerungen hoben sich von den Lebenserinnerungen anderer Nicht-Emigranten durch einen „Aufrichtigkeitsgestus“ ab, den er sich erlauben konnte, weil er sich keine Widerstandslegende andichtete und sich nicht gegen den Vorwurf, Mitglied der NSDAP gewesen zu sein, zu verteidigen brauchte.[28] Der Roman wurde 1985 unter der Regie von Rolf Busch, mit Heinz Hoenig in der Rolle des Ernst von Salomon, vom Norddeutschen Rundfunk verfilmt. Das szenische Fernsehspiel schildert die Vernehmung Salomons vor der Spruchkammer, mit filmischen Rückblenden auf das Leben des Autors.

Salomon ließ „wenig Distanz zu seiner eigenen Geschichte“ erkennen und machte sich mit dem Buch „zum Sprecher derjenigen“, die trotz der Zerstörung Deutschlands und der zahllosen Opfer der nationalsozialistischen Unrechtspolitik „weiterhin deutschnational dachten“, urteilen Hans Sarkowicz und Alf Mentzer.[29] Einem Bonmot Alfred Polgars in seiner Besprechung des Romans von 1951 zufolge wurde in dem Roman Salomons „das ungeratene Dritte Reich zurechtgewiesen, wie ein ungeratener Sohn von seinem Vater, dem hierbei der Stolz über den Teufelsjungen im Auge blinkt“.[30]

Zwischen 1954 und 1956 verfasste Salomon die Drehbücher zur Filmtrilogie 08/15 (1954/55) und zu Liane, das Mädchen aus dem Urwald (1956). 1960 folgte mit Das Schicksal des A.D. (Arthur Dietzsch) eine erneute biographische Reflexion. 1961 nahm Salomon in Tokio an der Weltkonferenz gegen die Atombombe teil. Er engagierte sich in der aufkommenden Friedensbewegung – im Demokratischen Kulturbund Deutschlands und der Deutschen Friedensunion.

Ernst von Salomon ist der Vater des Filmproduzenten und ehemaligen Spiegel-TV-Chefredakteurs Cassian von Salomon.[31]


Bewertungen


Die 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone veröffentlichte Liste der auszusondernden Literatur enthielt sämtliche Buchtitel Salomons, die Liste von 1953 auch zwei weitere in der NS-Zeit veröffentlichte Teile der „Geächteten“. Andererseits lieferte der Antiamerikanismus Salomons das Bindeglied zur Ideologie der DDR. Die Literaturwissenschaft der DDR zählte 1965 Salomons Fragebogen sogar zu den „antifaschistischen Autobiografien“. Salomon erschien als „einstiger Nationalist und Freikorpskämpfer, der zum Hitlergegner wurde und später eine Linkswendung vollzog“.[32]

In Frankreich wurde der Fragebogen (Le Questionnaire, 1954) „zum ersten deutschen Sensationserfolg nach dem Krieg“[33] und machte Salomon zu einem der „seltenen Deutschen“, deren Meinung man zu politischen Debatten gern im Fernsehen einholte. Salomon erschien dem Publikum wegen seiner Vergangenheit und seines „antiamerikanischen Zuges“ faszinierender als die „guten Deutschen, die mit Respekt und Langeweile“ anerkannt wurden.

Der polnisch-britisch-israelische Historiker für Europäische Geschichte und Geschichte des Antisemitismus Robert Wistrich bezeichnete Salomon „als Vorläufer und Wegbereiter des Dritten Reiches – nicht zuletzt durch seine ‚moralische Farbenblindheit‘, seine Selbstgerechtigkeit und seinen Nihilismus“. Seine Autobiographie Der Fragebogen sei bitter, zynisch und von „absoluter Gleichgültigkeit“ gegenüber den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs.[34] Auch anderen Autoren gilt er als geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus.[35][36]


Bücher



Filmdrehbücher



Literatur



Filme





Einzelnachweise


  1. Armin Mohler, Karlheinz Weißmann: Die konservative Revolution in Deutschland 1918-1932. Ein Handbuch. 6., völlig überarb. und erw. Auflage. Ares, Graz 2005, ISBN 3-902475-02-1, S. 500.
  2. Madlen Lorei, Richard Kirn: Frankfurt und die goldenen zwanziger Jahre. Verlag Frankfurter Bücher 1966, S. 185.
  3. Jürgen Hillesheim, Elisabeth Michael: Lexikon nationalsozialistischer Dichter: Biographien, Analysen, Bibliographien. Verlag Königshausen & Neumann 1993, S. 361.
  4. Hans Sarkowicz; Alf Mentzer: Schriftsteller im Nationalsozialismus. Ein Lexikon. Insel, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-17504-9. S. 512 ff.
  5. Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. Transcript-Verlag, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-773-8, S. 114.
  6. Markus Josef Klein: Ernst von Salomon. Eine politische Biographie. Mit einer vollständigen Bibliographie. Überarbeitete Auflage. Limburg a. d. Lahn 2002, S. 119.
  7. Martin Sabrow: Die verdrängte Verschwörung. Der Rathenau-Mord und die deutsche Gegenrevolution. Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-14302-0, S. 180.
  8. Martin Sabrow: Die verdrängte Verschwörung. Der Rathenau-Mord und die deutsche Gegenrevolution. Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-14302-0, S. 177.
  9. „Gießener Prozess wegen Fememord-Versuchs, 22. März 1927“. Zeitgeschichte in Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 24. November 2014.
  10. Rudolf Heydeloff: Staranwalt der Rechtsextremisten Walter Luetgebrune in der Weimarer Republik. In: Vierteljahrsheft für Zeitgeschichte 1983, Heft 3. S. 373–421. Online, eingesehen am 29. November 2014.
  11. Martin Sabrow: Die verdrängte Verschwörung. Der Rathenau-Mord und die deutsche Gegenrevolution. Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-14302-0, S. 178.
  12. Ernst von Salomon: Der Fragebogen. Rowohlt, Reinbek 1951, S. 144.
  13. Zu der Zeit nach Salomons Haftentlassung siehe Klein 2002 (Literaturliste), S. 127.
  14. Paul Fechter: Geschichte der Deutschen Literatur. Bertelsmann, Gütersloh 1952, S. 584.
  15. Zum Hergang und zur Höllenmaschine siehe Ulrich Thürauf (Hrsg.): Schulthess’ Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfundvierzigster Jahrgang 1929. Der ganzen Reihe 70. Band. C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1931, S. 165; ähnlich Klein, S. 190. Dort auch der Hinweis zum Gutachten der Chemisch-Technischen Reichsanstalt zum nichtbrisanten Sprengstoff.
  16. So Alexander Otto-Morris: „Bauer, wahre dein Recht!“ Landvolkbewegung und Nationalsozialismus 1928/30. In: Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein e. V. (Hrsg.): „Siegeszug in der Nordmark“. Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus 1925–1950. (= Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte, Heft 50) 2. Auflage. Kiel 2009, S. 68.
  17. Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Schriftsteller im Nationalsozialismus. Ein Lexikon. Insel, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-17504-9. S. 513.
  18. Jenny Williams: Mehr Leben als eins – Hans Fallada – Biographie. Übersetzt aus dem Englischen von Hans Christian Oeser, Berlin 2011, ISBN 3-351-02532-7, S. 185–188.
  19. Armin Mohler: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932. Ein Handbuch. Dritte, um einen Ergänzungsband erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989, S. 50.
  20. Hans Coppi [jun.]: Harro Schulze Boysen – Wege in den Widerstand. Eine biografische Studie. Koblenz 1993, S. 148, 154, 185.
  21. Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Schriftsteller im Nationalsozialismus. Ein Lexikon. Insel, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-17504-9. S. 513.
  22. Brief an Hans Grimm vom 7. August 1936, zit. nach Markus Josef Klein: Ernst von Salomon. Eine politische Biographie. Mit einer vollständigen Bibliographie. Limburg a. d. Lahn 1994, S. 234.
  23. So Max Tau in: Das Land, das ich verlassen mußte. Hoffmann und Campe, Hamburg 1961, S. 239.
  24. Axel Eggebrecht in: Der halbe Weg. Zwischenbilanz einer Epoche. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1975, ISBN 3-498-01612-1, S. 295.
  25. Carl Zuckmayer: Geheimreport. Deutscher Taschenbuchverlag. München 2004, S. 108 f.
  26. Jürgen Hillesheim, Elisabeth Michael: Lexikon nationalsozialistischer Dichter. Königshausen & Neumann, Würzburg 1993, ISBN 3-88479-511-2, S. 361.
  27. Richard Herzinger: Ein extremistischer Zuschauer. Ernst von Salomon, konservative Literatur zwischen Tatrhetorik und Resignation. In: Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge 1998, Heft 1, S. 92.
  28. David Oels: Rowohlts Rotationsroutine. Markterfolge und Modernisierung eines Buchverlags vom Ende der Weimarer Republik bis in die fünfziger Jahre. Klartext, Essen 2013, ISBN 978-3-8375-0281-7; zum „Aufrichtigkeitsgestus“ S. 365; zu der Behauptung Bernhard Sauers, Salomon sei am 1. November 1938 in die Partei eingetreten und habe die NSDAP-Mitgliedsnummer 6.738.231 erhalten (in: Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. Metropol-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-936411-06-9, S. 99), stellt David Oels fest, dass die von Sauer angegebene Mitgliedsnummer einem im Sudetengau beheimateten Bergmann namens „Ernst Salomon“ gehörte, dessen Geburtsdatum mit dem Ernst von Salomons übereinstimmte, S. 365 f.
  29. Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Schriftsteller im Nationalsozialismus. Ein Lexikon. Insel, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-17504-9, S. 513.
  30. Zitiert von Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Schriftsteller im Nationalsozialismus. Ein Lexikon. Insel, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-17504-9, S. 513 f.
  31. Streit um einen Bestseller von 1951. abendblatt.de, abgerufen am 5. Januar 2014.
  32. Hans-Georg Werner, Werner Feudel, Wolfgang Friedrich, Günter Hartung, Dietrich Sommer, Willi Steinburg: Deutsche Literatur im Überblick. Reclam, Leipzig 1965, S. 295.
  33. François Bondy: Die Rezeption der deutschen Literatur nach 1945 in Frankreich. In: Manfred Durzak (Hrsg.): Die deutsche Literatur der Gegenwart. Aspekte und Tendenzen. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1971, S. 415–424, hier S. 418, dort auch das Folgende.
  34. Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich. Harnack, München 1983, S. 235 f.
  35. Jürgen Hillesheim, Elisabeth Michael: Lexikon nationalsozialistischer Dichter. Königshausen & Neumann, Würzburg 1993, S. 368.
  36. Bernd Lenz, Hans-Jürgen Lüsebrink (Hrsg.): Fremdheitserfahrung und Fremdheitsdarstellung in okzidentalen Kulturen. Theorieansätze, Medien/Textsorten, Diskursformen. Wiss.-Verl. Rothe, Passau 1999, S. 334.
  37. Herman Langeveld (Hrsg.): Demokratisches Engagement. Beiträge von Jürgen C. Heß aus drei Jahrzehnten. Waxmann Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-8309-1337-0, S. 148.
  38. Armin Mohler im Vorwort zu Markus Josef Klein: Ernst von Salomon. Eine politische Biographie. San Casciano, 1994. S. 9.
  39. Markus Josef Klein: Ernst von Salomon. Eine politische Biographie. S. 91.
  40. In: Günter Meuter, Henrique Ricardo Otten (Hrsg.): Der Aufstand gegen den Bürger: Antibürgerliches Denken im 20. Jahrhundert. Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1533-9, S. 291.
Personendaten
NAME Salomon, Ernst von
ALTERNATIVNAMEN Salomon, Ernst Friedrich Karl von (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Drehbuchautor
GEBURTSDATUM 25. September 1902
GEBURTSORT Kiel
STERBEDATUM 9. August 1972
STERBEORT Stöckte, Winsen (Luhe)

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- [de] Ernst von Salomon

[en] Ernst von Salomon

Ernst von Salomon (25 September 1902 – 9 August 1972) was a German novelist and screenwriter. He was a Weimar-era national-revolutionary activist and right-wing Freikorps member.

[ru] Заломон, Эрнст фон

Эрнст Фридрих Карл фон Заломон[1] (нем. Ernst Friedrich Karl von Salomon; 25 сентября 1902, Киль — 9 августа 1972, Штокте, Винзен) — немецкий писатель и сценарист.



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