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Heinrich Theodor Böll (* 21. Dezember 1917 in Köln; † 16. Juli 1985 in Kreuzau-Langenbroich) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit.

Heinrich Böll (1981)
Heinrich Böll (1981)
Heinrich Böll (1981)

Als herausragender Erzähler der Trümmerliteratur stellte er in seinen Kurzgeschichten, welche sich an Ernest Hemingway orientieren, die Zerstörung der Stadt, Hunger und Not der Überlebenden wie die Heimkehr und Desillusionierung der Kriegsteilnehmer dar. Ein schonungslos realistischer Zugriff unterscheidet ihn von jüngeren Zeitgenossen wie Wolfdietrich Schnurre (Jg. 1920) und Wolfgang Borchert (Jg. 1921). Zu seinen wichtigsten Kurzgeschichten gehören Der Mann mit den Messern, Wanderer, kommst du nach Spa…, Wiedersehen in der Allee, Die Waage der Baleks, Das Brot der frühen Jahre und Doktor Murkes gesammeltes Schweigen.

In populären Romanen wie Ansichten eines Clowns, Billard um halb zehn oder Gruppenbild mit Dame setzte er sich kritisch mit der jungen Bundesrepublik auseinander. Die verlorene Ehre der Katharina Blum, eine Parabel auf die Auswirkungen der gesellschaftlichen Polarisierung in Nachfolge der 68er-Bewegung und deren Inszenierung, gilt als zeitlose Kritik am Sensationsjournalismus. Im Jahr 1972 erhielt er den Nobelpreis für Literatur für seine literarische Arbeit, „die durch ihren zeitgeschichtlichen Weitblick in Verbindung mit ihrer von sensiblem Einfühlungsvermögen geprägten Darstellungskunst erneuernd im Bereich der deutschen Literatur gewirkt hat“.[1]

Darüber hinaus arbeitete er gemeinsam mit seiner Frau Annemarie Böll als Übersetzer englischsprachiger Werke ins Deutsche und als Herausgeber. Sein Irisches Tagebuch, eine bedeutende Reisebeschreibung deutscher Sprache, trug maßgeblich zum Irlandbild der Deutschen bei.


Leben



Jugend- und Kriegszeit (1917–1945)


Heinrich Böll wurde in der Kölner Südstadt (Teutoburger Straße 26/Ecke Alteburger Straße) geboren. Seine Eltern waren der Schreiner Viktor Böll und dessen zweite Frau Maria (geb. Hermann). Heinrich war das achte Kind und der dritte Sohn seines Vaters. Die kleinbürgerliche Familie Böll war katholischen Glaubens und lehnte den Nationalsozialismus ab. 1922 zog man in die Kreuznacher Straße 49 im noch halb ländlichen Stadtteil Raderberg. 1924 bis 1928 besuchte Böll die katholische Volksschule Raderthal und wechselte danach auf das staatliche humanistische Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (Köln) in der Heinrichstraße 4–6. Die Inflation von 1923 führte zum Bankrott des väterlichen Geschäftes und erzwang 1930 den Umzug der Familie in eine Mietwohnung in der Maternusstraße, zunächst Nr. 27 und 1931 dann Nr. 32. Nach Ansicht seines letzten Lektors Dieter Wellershoff erlebte Böll dies als „Vertreibung aus seinem Kindheitsparadies“, die er zu seinem literarischen Lebensthema machte.[2] 1936 konnte man jedoch wieder in einer etwas besseren Lage in der Nähe eine großzügigere Wohnung am Karolingerring 17 beziehen.[3]

Nach dem Abitur im Jahr 1937 begann Böll eine Buchhändlerlehre in der Buchhandlung Math. Lempertz in Bonn, die er nach elf Monaten abbrach. In diese Zeit fallen seine ersten schriftstellerischen Versuche. Im November 1938 wurde Heinrich Böll zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, den er am 31. März 1939 beendete. Am 9. Oktober 1938 nahm er an einem „Einkehrtag“ für einrückende Rekruten teil, den er 1958 im Brief an einen jungen Katholiken eingehend schildert.[4] Mit dem Sommersemester 1939 nahm er an der Universität zu Köln ein Studium der Germanistik und der Klassischen Philologie auf (und schrieb seinen ersten Roman, Am Rande der Kirche). Im Spätsommer wurde er in die Wehrmacht einberufen (Gestellungs­zeit 4. September). Im April 1945 geriet er in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im September entlassen wurde. Bölls Kriegserfahrungen sind in der 2001 veröffentlichten zweibändigen Ausgabe seiner Briefe aus dem Krieg 1939–1945 dokumentiert. Die meiste Zeit als Soldat war er Dolmetscher für die deutsche Besatzungsmacht. Eine dazu notwendige Französisch-Prüfung bestand Böll knapp.[5] Im Dezember 1942 beklagte er sich im Brief bei seiner Frau, dass er vor allem Anordnungen an untergeordnete Hilfskräfte zu übersetzen hatte.[6]

Während eines Fronturlaubs 1942 heiratete Heinrich Böll Annemarie Čech, eine Studienfreundin seiner Schwester Mechthild Böll. Der erste Sohn des Paares, Christoph, starb noch in seinem Geburtsjahr 1945. Die Söhne Raimund, René und Vincent kamen 1947, 1948 und 1950 zur Welt.

In Briefen von der Front bat er seine Eltern mehrfach, ihm Pervitin zu schicken, das zu Beginn des Krieges in großem Umfang an Soldaten verteilt wurde.[7] Auch nach dem Krieg soll er zeitweise davon abhängig geblieben sein.[8]


Literarische Anfänge (1945–1950)


Im Krieg hatte Böll hauptsächlich Briefe geschrieben. Danach nahm er das belletristische Schreiben wieder auf. Währenddessen übte er verschiedene Gelegenheitsjobs aus. Er immatrikulierte sich wieder an der Universität, hauptsächlich wegen der Lebensmittelkartenzuteilung. 1947 gab er sein Studium endgültig auf.[9] In dieser Zeit ernährte vor allem Annemarie Böll die Familie durch ihr regelmäßiges Einkommen als Lehrerin und in den fünfziger Jahren als Übersetzerin. Heinrich Böll bezeichnete sich deshalb auch gerne als „Mann einer Beamtin“.[10] Unter dem Titel Kreuz ohne Liebe entstand ab Juli 1946 der erste Nachkriegsroman (Beitrag zu einem Wettbewerb). Bölls erste Kurzgeschichten erschienen 1947 in Zeitschriften. Sie können als Nachkriegsliteratur bzw. als Kriegs-, Trümmer- und Heimkehrerliteratur bezeichnet werden. Zentrale Themen sind die Erfahrung des Krieges und gesellschaftliche Fehlentwicklungen der Nachkriegszeit in Deutschland. Einige der besten Kurzgeschichten erschienen 1950 in dem Sammelband Wanderer, kommst du nach Spa…, der Bölls Ruhm als Kurzgeschichtenautor begründete. Weitere Kurzgeschichten aus den ersten Nachkriegsjahren wurden, allerdings z. T. in bearbeiteter Form, in dem Sammelband Die Verwundung (1983) publiziert. 1949 erschien als erste selbständige Buchveröffentlichung die Kriegserzählung Der Zug war pünktlich, die, ins Französische übersetzt, 1953 auch in Jean-Paul Sartres Zeitschrift Les Temps Modernes veröffentlicht wurde.

Wichtige Quelle für diese Zeit ist der 1994 veröffentlichte Briefwechsel mit seinem engen Freund, dem Schriftsteller, Verleger und Drehbuchautor (So zärtlich war Suleyken) Ernst-Adolf Kunz (alias Philipp Wiebe), den er in der Kriegsgefangenschaft in Frankreich kennengelernt hatte („Die Hoffnung ist wie ein wildes Tier“, Kiepenheuer 1994, dtv 1997).


Die Hauptwerke (1951–1971)


Zu einem ersten großen Erfolg für Heinrich Böll wurde sein Debüt bei der Gruppe 47 im Mai 1951. Zwar hatte Böll zu diesem Zeitpunkt bereits einige Werke veröffentlicht, diese waren allerdings noch nicht auf große Resonanz gestoßen. Die Einladung zur siebten Tagung der Gruppe 47 in Bad Dürkheim kam auf Vorschlag Alfred Anderschs zustande. Böll las die Satire Die schwarzen Schafe und gewann – wenn auch in einer knappen Entscheidung gegen Milo Dor – bei seinem ersten Auftritt den Preis der Gruppe 47, erhielt ein Preisgeld von 1000 DM und in der Folge einen Autorenvertrag bei Kiepenheuer & Witsch.[11] Die anschließenden Jahre waren die schöpferischsten Heinrich Bölls. Dies beweisen die vielen Werke dieser Zeit, unter anderem Wo warst du, Adam? (1951), Und sagte kein einziges Wort (1953), Haus ohne Hüter (1954), Irisches Tagebuch (1957), Doktor Murkes gesammeltes Schweigen (1958), Billard um halbzehn (1959), Ansichten eines Clowns (1963) und Ende einer Dienstfahrt (1966). Seit dem Jahr 1954 verbrachte der Autor seine Sommerferien mit der Familie gerne auf der Insel Achill im Westen Irlands.[12]


Öffentliche Person und Engagement ab Mitte der 1950er Jahre


In der Adenauer-Ära nahm Böll eine Gegenposition zum restaurativen Zeitgeist ein und galt auch in der Folgezeit als Protagonist der deutschen Linksintellektuellen.

Ab den 1950er-Jahren beschäftigte sich Heinrich Böll zunehmend mit den politischen Problemen seiner Heimat und anderer Länder wie Polen oder der Sowjetunion[13] und setzte sich sehr kritisch mit ihnen auseinander. Die sowjetischen Schriftsteller und Dissidenten Alexander Solschenizyn (1974) und Lew Kopelew (1980) nahm Böll nach ihrer Ausreise als Gäste in seinem Haus auf.

Ab Mitte der 1950er-Jahre wurde Böll jahrelang über den Congress for Cultural Freedom vom US-Auslandsnachrichtendienst CIA als Quelle abgeschöpft.[14][15]

Alexander Solschenizyn mit Böll vor dessen Haus, 14. Februar 1974
Alexander Solschenizyn mit Böll vor dessen Haus, 14. Februar 1974
Heinrich Böll (1983)
Heinrich Böll (1983)

Vom 16. April 1970 bis 1972 war er Vorsitzender des deutschen, vom 13. September 1971 bis 1974 auch Präsident des internationalen PEN-Clubs.

Der 1971 erschienene Roman Gruppenbild mit Dame ist nicht nur Bölls umfangreichster, sondern nach Meinung vieler Kritiker auch sein bedeutendster Roman.[16] Nach Bölls eigenen Worten war er eine „Zusammenfassung und Weiterentwicklung“ seiner früheren Arbeiten.[17] Er ergreift in diesem Werk Partei für die „Abfälligen“ (den „Abfall“) der Gesellschaft, für Außenseiter und Leistungsverweigerer. Der Roman wurde zum Bestseller und trug maßgeblich zur Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Böll im Dezember 1972 bei. In diesem Jahr 1972 sorgte Böll für einen innenpolitischen Skandal, als er sich in einem Essay für den Spiegel unter dem Titel Will Ulrike Gnade oder freies Geleit? mit der Person und dem Werdegang der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof beschäftigte und die Berichterstattung der Springer-Presse scharf angriff. Der Titel war vom Spiegel gegen Bölls Willen verändert worden, die durch die Nennung des Vornamens suggerierte Vertrautheit des Autors mit Meinhof entsprach weder Bölls Intention noch dem Inhalt des Textes. In konservativen Kreisen galt er seitdem als „geistiger Sympathisant“ des Terrorismus, worunter Heinrich Böll litt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Friedrich Vogel sprach damals von den „Bölls und Brückners“ als intellektuellen Helfershelfern des Terrors.[18] Da die Behörden es nicht für ausgeschlossen hielten, dass gesuchte RAF-Mitglieder bei ihm Unterschlupf finden könnten, wurde bei ihm am 1. Juni 1972 in Langenbroich eine Hausdurchsuchung vorgenommen, worüber er sich fünf Tage später schriftlich bei Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher beschwerte. Die genauen Umstände dieser Aktion, insbesondere die Zahl der eingesetzten Beamten, sind umstritten. Während Böll selbst von bis zu 20 Polizisten ausging, behauptete der damalige Einsatzleiter Helmut Conrads, nur er selbst und ein Kollege vom Landeskriminalamt hätten Böll einen Besuch abgestattet.[19] Robert Spaemann, der sich an diesem Tag im Haus von Böll aufhielt, bestätigte jedoch, mehrere schwer bewaffnete Polizisten gesehen zu haben.[20] Nachdem Böll dem Springer-Konzern Stimmungsmache und Verleumdung vorgeworfen hatte, eskalierte wiederum der Springer-Verlag. Es wurde eine Hetzkampagne gegen den Schriftsteller organisiert, die in Forderungen nach seiner Ausreise gipfelte. Im selben Jahr erhielt er im Herbst den Literaturnobelpreis.[21]

1974 erschien Bölls bis heute wohl bekanntestes Werk, Die verlorene Ehre der Katharina Blum, das einen Beitrag zur Gewaltdebatte der 1970er-Jahre darstellt und sich besonders kritisch mit der Springer-Presse auseinandersetzt. Die Erzählung wurde in über 30 Sprachen übersetzt und von Volker Schlöndorff verfilmt. Das Buch wurde seinerzeit aus konservativen Kreisen ebenfalls massiv kritisiert und in völligem Widerspruch zu seiner Kernaussage vielfach als „Rechtfertigung von terroristischer Gewalt“ dargestellt, unter anderem vom späteren Bundespräsidenten Karl Carstens.[22] Es wurde vor allem in den 1980er und 90er Jahren häufig im Deutschunterricht behandelt und rund 50.000 Mal pro Jahr gekauft.[23] Bis 2017 wurden weltweit 2,7 Millionen Exemplare abgesetzt, damit ist es Bölls meistverkaufte Prosaarbeit.[24]

In dieser Zeit befasste er sich auch mit mehreren Konflikten in Südamerika. Er versuchte mit den entsprechenden Parteien zu reden, so zum Beispiel mit einer bolivianischen Frauendelegation in Bolivien, um die Probleme vor Ort zu lösen. In Ecuador erkrankte Heinrich Böll infolge seines starken Tabakkonsums an einem Gefäßleiden im rechten Bein, weswegen er sich dort und später auch in Deutschland Operationen unterziehen musste.

Ende der 70er Jahre unterstützte er Rupert Neudeck in dessen Engagement für die vietnamesischen boat people, aus dem später die Hilfsorganisation Cap Anamur/Deutsche Not-Ärzte hervorging.

Er setzte sich auch kritisch mit der katholischen Kirche auseinander und trat 1976 demonstrativ aus ihr aus, ohne deswegen jedoch „vom Glauben abgefallen“ zu sein (der Kirchenaustritt wurde am 9. Januar 1976 vom Amtsgericht Düren beurkundet). Böll unterstützte die gegen die NATO-Nachrüstung gerichtete Friedensbewegung und nahm 1983 an einer Sitzblockade des Raketenstützpunktes auf der Mutlanger Heide teil. Gemeinsam mit anderen Prominenten wie Petra Kelly, Oskar Lafontaine, Erhard Eppler, Dietmar Schönherr und mit Tausenden von Demonstranten blockierte er vom 1. bis 3. September 1983 die Zufahrtswege zur Raketenstellung.[25]

Der 1979 veröffentlichte Roman Fürsorgliche Belagerung entstand vor dem Hintergrund des sog. Deutschen Herbstes und verarbeitet eigene Erfahrungen des Autors, der wiederholt als Terroristen-Sympathisant verleumdet wurde und polizeiliche Maßnahmen zu erdulden hatte. Bölls letztes Werk Frauen vor Flußlandschaft, ein Bonn-Roman, entstand und erschien im Jahr 1985. Heute ist dieser Roman, wie auch Das Treibhaus von Wolfgang Koeppen, ein – keineswegs schmeichelhaftes – literarisches Denkmal für die Bundeshauptstadt von 1949 bis 1989.

„Einmischung ist die einzige Möglichkeit, realistisch zu bleiben.“

Heinrich Böll: Einmischung erwünscht (1977)[26]

Tod


Grab der Eheleute Böll in Merten, gestaltet von ihrem Sohn René Böll[27]
Grab der Eheleute Böll in Merten, gestaltet von ihrem Sohn René Böll[27]
Böll als Figur auf dem Kölner Rathausturm
Böll als Figur auf dem Kölner Rathausturm

Böll litt an einer Gefäßerkrankung.[28] Anfang Juli 1985 wurde Böll in ein Krankenhaus in Köln gebracht, um eine weitere Operation vornehmen zu lassen. Nach dieser Operation am 15. Juli kehrte er in sein Haus nach Langenbroich in die Voreifel zurück. Hier starb er am Morgen des 16. Juli. Drei Tage später wurde er in Merten in der Nähe von Köln unter großer Anteilnahme der Bevölkerung von Herbert Falken, einem mit der Familie befreundeten Priester und Künstler, nach katholischem Ritus beerdigt.[29] Das Gerücht, Böll sei vor seinem Tod wieder der Kirche beigetreten, entspricht nicht den Tatsachen. Bei der Beerdigung waren viele Kollegen und Politiker anwesend. Auch der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker nahm an der Trauerfeier teil, ein Zeichen des damals enorm großen öffentlichen Interesses an der Person Bölls. Bölls Ehefrau Annemarie wurde 2004 im selben Grab beigesetzt.


Nachwirkung


Erst postum wurde im Jahre 1992 Bölls erster, in der Nachkriegszeit spielender Roman Der Engel schwieg von dem Wuppertaler Literaturwissenschaftler Werner Bellmann herausgegeben, der das Werk auch um ein erläuterndes Nachwort ergänzt hat. Das ab 1949 entstandene, 1951 vom Verlag Friedrich Middelhauve abgelehnte Manuskript vermochte der Autor seinerzeit lediglich in Teilen bzw. kapitelweise in Form von Kurzgeschichten zu veröffentlichen.

Bislang gänzlich unveröffentlichte Erzähltexte sind 1995 unter dem Titel Der blasse Hund mit einem Nachwort von Heinrich Vormweg erschienen; in dieser Sammlung ist auch ein Text aus der Vorkriegszeit enthalten.

Bölls erster in der Nachkriegszeit entstandene Roman Kreuz ohne Liebe wurde 2002 im Rahmen der Kölner Böll-Ausgabe publiziert. Die Romanhandlung ist in der Zeit des Nationalsozialismus angesiedelt, teils vor, teils in den Jahren des Zweiten Weltkriegs.

2004 wurde in der Kölner Böll-Ausgabe auch der 1937 entstandene Roman Am Rande der Kirche vorgelegt, der Bölls vehemente Auseinandersetzung mit der katholischen Amtskirche und dem bürgerlichen Katholizismus antizipiert, die sich später in Romanen wie Der Engel schwieg, Und sagte kein einziges Wort und Ansichten eines Clowns manifestiert hat.

Mehrere Institutionen tragen den Namen des Schriftstellers; so die der Partei der Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung und das Heinrich-Böll-Archiv, eine Dokumentations- und Informationsstelle über sein Leben und Werk. Bölls Ferienhaus auf Achill Island und sein Haus in Langenbroich dienen als Böll Cottage und Heinrich-Böll-Haus Stipendiaten als vorübergehende Bleibe. Auch zahlreiche Schulen wurden nach dem Dichter benannt. Von der Stadt Köln wird seit 1985 der Heinrich-Böll-Preis für „herausragende Leistungen auf dem Gebiet der deutschsprachigen Literatur“ vergeben. Im August 2017 wurde von der Stadt Bornheim ein Heinrich-Böll-Weg als Spazierweg am Rande der Ortsteile Merten und Rösberg angelegt.[30]

Das Kölner Museum Ludwig zeigte aus Anlass des 100. Geburtstages Bölls eine Ausstellung mit dem Titel „Die humane Kamera. Heinrich Böll und die Fotografie“ vom 1. September 2017 bis zum 7. Januar 2018. Dabei ging es um Bölls Verhältnis zur Fotografie – „als Person des öffentlichen Lebens, als Gegenstand seiner Betrachtung, als Hilfsmittel für sein literarisches Schaffen und als Motiv in seinen Schriften“.[31]


Nachlass


Der Nachlass von Heinrich Böll wurde im Kölner Stadtarchiv aufbewahrt und bei dessen Einsturz am 3. März 2009 größtenteils stark beschädigt oder vernichtet.[32] Noch im Januar 2009 hatte das Stadtarchiv für 800.000 Euro fehlende Teile des Nachlasses angekauft, darunter weitere 6400 Manuskripte, Briefe und Dokumente Bölls.[33] Nur ein kleiner Teil des Nachlasses, der sich gerade bei den Herausgebern der Gesamtausgabe von Bölls Werken befand, konnte vor der Beschädigung bewahrt bleiben.[34] Bölls Nachlass war mit 380 Kartonkisten die größte Sammlung im Bestand des Kölner Stadtarchivs.[35] Die Urkunde von Bölls Literatur-Nobelpreis konnte schon bald nach dem Einsturz geborgen werden.[36]


Auszeichnungen und Ehrungen


Böll-Skulptur von Wieland Förster, Greifswalder Straße, Prenzlauer Berg, Berlin
Böll-Skulptur von Wieland Förster, Greifswalder Straße, Prenzlauer Berg, Berlin

Urteile über Heinrich Böll


Heinrich-Böll-Vectogramm an der Heinrich-Böll-Schule in Fürth (Odenwald)
Heinrich-Böll-Vectogramm an der Heinrich-Böll-Schule in Fürth (Odenwald)

Heinrich-Böll-Stiftung und -Preis


1997 wurde die Heinrich-Böll-Stiftung e. V. als Nachfolgerin des Stiftungsverband Regenbogen offiziell gegründet. Der Stiftungsverband war in den 1980er-Jahren aus den Stiftungen Buntstift (Göttingen), Frauen-Anstiftung (Hamburg) und Heinrich-Böll-Stiftung (Köln) hervorgegangen. Die Aufgaben der ersten Böll-Stiftung in Köln bestanden einerseits in der Förderung von Bildungs- und Forschungsprojekten, die im Sinne und Geiste des Namensgebers sind, wobei die Themen Migration, Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit und Umwelt im Zentrum stehen; andererseits wirkte die Stiftung bei der Sammlung, Edition und Veröffentlichung von Werken Bölls mit. Seit dem Zusammenschluss der Teilverbände des Stiftungsverband Regenbogen unter dem Dach der erneuerten Heinrich-Böll-Stiftung ist der Verein die „nahestehende Stiftung“ der Partei Bündnis 90/Die Grünen.[52]

Außerdem wird seit 1985 der Heinrich-Böll-Preis verliehen (anfangs jährlich, später alle zwei Jahre). Er wird von der Stadt Köln gestiftet und ist mit 20.000 € dotiert. Der Preis wird für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der deutschsprachigen Literatur verliehen, auch an wenig bekannte Autoren.

Ein Gemeinschaftsprojekt der Heinrich-Böll-Stiftung, des Verlages Kiepenheuer & Witsch, der Erbengemeinschaft Heinrich Böll und des Heinrich-Böll-Archivs der Stadtbibliothek Köln trägt den Namen Kölner Ausgabe der Werke Heinrich Böll. Im Zuge dieses Vorhabens wurden alle veröffentlichten und einige unveröffentlichte Texte neu herausgegeben und kommentiert. Einzelbände dieser Ausgabe erscheinen seit dem Jahr 2002 und wurden mit dem Erscheinen des 25. bis 27. Bandes im November 2010[53] abgeschlossen.[54]


Werke



Originalausgaben


Postum erschienen:


Werkausgaben (Auswahl)



Lyrik



Übersetzungen


Die 1995 von Werner Bellmann veröffentlichte Bibliographie verzeichnet über siebzig Übersetzungen von Annemarie und Heinrich Böll, unter anderem von Werken Brendan Behans, Eilís Dillons, O. Henrys, Paul Horgans, Bernard Malamuds, Zindzi Mandelas, Jerome David Salingers und George Bernard Shaws.


Briefe



Gespräche, Interviews



Verfilmungen seiner Werke



Vertonungen



Literatur (Auswahl)



Dokumentarfilme



Audios




Commons: Heinrich Böll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Heinrich Böll – Zitate

Einzelnachweise


  1. Vor 40 Jahren: Literaturnobelpreis für Heinrich Böll. In: boell.de. Heinrich Böll Stiftung, 19. Oktober 2012, abgerufen am 13. Juni 2018.
  2. Dieter Wellershoff: Heinrich Böll: Die Verteidigung der Kindheit. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 23. Juli 2010.
  3. Anselm Weyer: Kölner „Spurensuche“ . Heinrich Bölls verlorenes Köln. Kölner Stadt-Anzeiger vom 4. Oktober 2018
  4. Vgl. Werner Bellmann: „Übertreibung ist die Definition der Kunst.“ Ein Kommentarbeitrag zu Heinrich Bölls „Brief an einen jungen Katholiken“. In: Wirkendes Wort 64 (2014), Heft 1, S. 85–96.
  5. Briefe aus dem Krieg, Bd. 1, S. 638
  6. Briefe aus dem Krieg, Bd. 1, S. 575.
  7. Erik Eggers: Peppige Panzerschokolade. In: die tageszeitung, 28. Dezember 2006.
  8. Christiane Grefe: Wo ist Böll? In: Zeitmagazin Leben, 2. August 2007.
  9. Jochen Schubert: Heinrich Böll. Theiss Verlag, Darmstadt 2017, ISBN 978-3-8062-3616-3, S. 58.
  10. Die Hoffnung ist wie ein wildes Tier. Der Briefwechsel zwischen Heinrich Böll und Ernst-Adolf Kunz 1945 - 1953. Kiepenheuer & Witsch.
  11. Rudolf Walter Leonhardt: Ein Blick zurück in Liebe. In: Die Zeit, 19. Dezember 1997.
  12. Elke Sturmhoebel: Wo Heinrich Böll sein irisches Tagebuch schrieb. In: Die Welt. 27. April 2013.
  13. Peter Bruhn und Henry Glade: Heinrich Böll in der Sowjetunion. Erích Schmidt, Berlin 1980, ISBN 3-503-01617-1.
  14. Hans-Rüdiger Minow: Benutzt und gesteuert – Künstler im Netz der CIA. In: arte / ARD, 29. November 2006.
  15. Hendrik Feindt: Kulturarbeit, von der CIA gefördert. In: Der Tagesspiegel. 9. November 2021, abgerufen am 9. November 2021.
  16. Jochen Vogt: Gruppenbild mit Dame. In: Werner Bellmann (Hrsg.): Heinrich Böll. Romane und Erzählungen. Interpretationen. Reclam, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-017514-3, S. 222.
  17. Werner Bellmann: Vorwort. In: Werner Bellmann (Hrsg.): Heinrich Böll. Romane und Erzählungen. Interpretationen. Reclam, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-017514-3, S. 10.
  18. Heinrich Böll: Nicht Humus, sondern Wüstensand. In: Frankfurter Rundschau, 21. Juni 1972, S. 4; vgl. Bölls Stellungnahme zu jener Bundestagsdebatte in Auszügen: Dokumente der Zeit. In: Die Zeit, 23. Juni 1972, Nr. 25.
  19. Christian Linder: Biographie auf Hochglanz. In: Die Zeit, 8. April 1998, Nr. 16.
  20. Robert Spaemann: Kaffee, Kuchen und Terror. In: Die Zeit, 29. April 1998, Nr. 19.
  21. dpa / se: Der „leidenschaftliche Zeitgenosse“. Heinrich Böll zum 30. Todestag. In: kulturzeit, 3sat, 13. Juli 2015.
  22. Klaus Staeck: Er fehlt! In: Berliner Zeitung, 22. Juli 2010.
  23. Joachim Göres: Einer, der immer noch gelesen wird. In: SHZ, 15. Juli 2010.
  24. Ralf Schnell, Heinrich Böll und die Deutschen, Köln 2017, ISBN 978-3-462-04871-1, S. 213.
  25. Udo Leuschner: Demonstrationen gegen die „Nachrüstung“. In: Mutlangen, 1. September 1983, („Prominentenblockade“).
  26. Heinrich Böll: Einmischung erwünscht. Schriften zur Zeit. Kiepenheuer & Witsch, München 1977, ISBN 978-3-462-01181-4, S. 402. (Einmischung ist die einzige Möglichkeit, realistisch zu bleiben. In: Google Bücher Zitat auf Seite 15). Siehe auch Heinrich Böll: Leben und Werk, Kapitel 8, Einmischung erwünscht, 1973.
  27. Alexandra Klaus: Wo der Nobelpreisträger Ruhe fand. (Memento vom 17. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today). In: Kölner Stadt-Anzeiger, 11. Oktober 2006.
  28. Emmanuel van Stein: Erinnerungen an Heinrich Böll. Zigaretten für Onkel Hein. In: Kölner Stadtanzeiger, 22. Juli 2010.
  29. Aachener Zeitung: Stolberg/Aachen: Phasen des Leidens auf Papier gebracht. 18. Mai 2017, abgerufen am 15. September 2022.
  30. Heinrich-Böll-Weg: Auf den Spuren Heinrich Bölls durch Merten und Rösberg. In: Stadt Bornheim, aufgerufen am 13. Juni 2018, mit Fotostrecke.
  31. Die humane Kamera. Heinrich Böll und die Fotografie. In: Museum Ludwig, aufgerufen am 13. Juni 2018.
  32. Der Nachlass von Heinrich Böll und der Einsturz des Stadtarchivs in Köln. In: Heinrich Böll Stiftung, 4. März 2009.
  33. APA: Gesamtnachlass Bölls befindet sich im Historischen Stadtarchiv. In: Die Presse, 3. März 2009.
  34. Lothar Schröder: Kölns Gedächtnisstätte. Was im Historischen Stadtarchiv lagerte. In: Rheinische Post, 3. März 2009.
  35. Andreas Rossmann: Return to Spender. Das Historische Archiv der Stadt Köln droht amputiert zu werden. In: FAZ, 25. Juli 2003, S. 33, Auszüge.
  36. Bölls Nobelpreisurkunde geborgen. In: Handelsblatt, 16. April 2009.
  37. Gremium Literatur – Projekte und Preisträger seit 1953. 1953–1989 Förderpreise, Ehrengaben. In: Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. (PDF; 3 S., 268 kB), aufgerufen am 13. Juni 2018.
  38. Die Sache mit der Ehre. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) In: boellundkoeln.de.
  39. Member History: Heinrich Böll. In: American Philosophical Society. Abgerufen am 10. Mai 2018.
  40. Bornheimer Ehrenbürger Heinrich Böll. In: Stadt Bornheim, 2010, aufgerufen am 13. Juni 2018.
  41. Stefan Palm: Polnische Dankbarkeitsmedaille für Heinrich Böll. In: Stadt Köln – Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 21. September 2015, abgerufen am 23. September 2015.
  42. 100. Geb. Heinrich Böll, Briefmarke zu 0,70 €. Deutsche Post AG, Ausgabetag: 7. Dezember 2017.
  43. Peter Hacks: Neues von Biermann. In: Die Weltbühne. Ausgabe 49, 1. Dezember 1976, S. 1541 ff.
  44. Siegfried Lenz: Der große Kumpel. In: Der Spiegel, Nr. 30, 22. Juli 1985.
  45. Robert Gernhardt: Gesammelte Gedichte: 1954 – 2006. Fischer Klassik.
  46. Norbert Niemann: Bölls Vermächtnis. In: Die Zeit, 2. Januar 2003, Nr. 2.
  47. Tanja Dückers: Die Sinnlichkeit der frühen Jahre. In: Die Welt, 21. Dezember 2007.
  48. Günter Grass: Als Heinrich Böll beerdigt wurde. In: Die Zeit, 20. Mai 2009, Nr. 22.
  49. Uwe Wittstock: „Bölls Theaterstücke und Gedichte sind nichts wert.“ In: Die Welt, 15. Juli 2010, Interview mit Marcel Reich-Ranicki.
  50. Ulla Hahn: Zum Todestag Heinrich Bölls. In: FAZ, 29. Juli 2011.
  51. „Ihr Neuen - was macht ihr denn jetzt?“ Schriftsteller erinnern sich an Heinrich Bölls Leben und Werk. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 16. Juli 2015, Artikelanfang.
  52. Geschichte der Böll-Stiftung. In: boell.de
  53. Kölner Ausgabe Band 27. Die Kölner Ausgabe der Werke von Heinrich Böll ist komplett. In: Kiepenheuer und Witsch, November 2010.
  54. Ulrich Greiner: Der Schriftsteller des Mitleids. Wir sollten ihn wieder lesen: Heinrich Böll. Der Abschluss der 27-bändigen Kölner Ausgabe ist ein guter Anlass. In: Die Zeit, Nr. 5, 27. Januar 2011.
  55. Die Texte dieses Bandes wurden von Viktor Böll, Karl Heiner Busse u. a. stark bearbeitet und zum Teil mit neuen, nicht vom Autor stammenden Titeln versehen.
  56. Der veröffentlichte Text ist durch zahllose Lesefehler entstellt; vgl. dazu den kritischen Beitrag von Werner Bellmann, in: Wirkendes Wort 62 (2012) Heft 3, S. 497–504.
  57. Heinrich Böll. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 18. Mai 2021.
Personendaten
NAME Böll, Heinrich
ALTERNATIVNAMEN Böll, Heinrich Theodor (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger
GEBURTSDATUM 21. Dezember 1917
GEBURTSORT Köln, Deutsches Reich
STERBEDATUM 16. Juli 1985
STERBEORT Langenbroich, Deutschland

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- [de] Heinrich Böll

[en] Heinrich Böll

Heinrich Theodor Böll (German: [ˈhaɪnʁɪç ˈteːodoːɐ̯ ˈbœl] (listen); 21 December 1917 – 16 July 1985) was a German writer. Considered one of Germany's foremost post-World War II writers, Böll is a recipient of the Georg Büchner Prize (1967) and the Nobel Prize for Literature (1972).[1]

[es] Heinrich Böll

Heinrich Theodor Böll (Colonia, 21 de diciembre de 1917-Langenbroich, 16 de julio de 1985) fue un escritor alemán, figura emblemática de la literatura alemana de posguerra,[1] también llamada "literatura de escombros".[2] En 1972 le fue concedido el Premio Nobel de Literatura. La Academia Sueca destacó que «por su combinación de una amplia perspectiva sobre su tiempo y una habilidad sensible en la caracterización ha contribuido a la renovación de la literatura alemana».[3]

[fr] Heinrich Böll

Heinrich Böll, né à Cologne le 21 décembre 1917 et mort le 16 juillet 1985 à Kreuzau-Langenbroich (de), est un écrivain allemand. Il est considéré comme l'un des plus grands auteurs allemands de la période de l'après-guerre.

[ru] Бёлль, Генрих

Генрих Теодор Бёлль (нем. Heinrich Theodor Böll, 21 декабря 1917, Кёльн — 16 июля 1985, Лангенбройх) — немецкий писатель, переводчик и сценарист. Лауреат Нобелевской премии по литературе (1972). Почётный гражданин Кёльна (1983).



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