Roland Koch (* 29. Mai 1959 in Uezwil) ist ein Schweizer Schauspieler, Regisseur und Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater.
Leben
Roland Koch ist im aargauischen Muri aufgewachsen. Von 1979 bis 1982 studierte er Psychologie und Ethnologie an der Universität Zürich. Er besuchte von 1980 bis 1984 die Schauspielschule Zürich; Die „École internationale de théâtre Jacques Lecoq“ in Paris war eine weitere Station seiner Ausbildung.
Nach Engagements an den Theatern Celle, Konstanz, Hannover, an der Berliner Volksbühne und am Münchner Residenztheater ist er seit 1999 Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, wo er seit der Spielzeit 2007/2008 auch die Funktion des Ensemblesprechers innehat.
Eine lange Arbeitsbeziehung verbindet Koch mit dem Regisseur Andreas Kriegenburg. Von Mitte der 1990er Jahre bis 2001 war er neben Natali Seelig, Doreen Nixdorf, Judith Hofmann, Alexander Simon oder Markwart Müller-Elmau und anderen einer der Stammschauspieler, die Kriegenburg gerne in seinen Inszenierungen besetzte. Besonders am Staatstheater Hannover unter der Intendanz von Ulrich Khuon gelangen Produktionen, die dem Haus zu überregionalem Ansehen verhalfen. Dies geschah zum Beispiel durch die Einladung zum Berliner Theatertreffen 1998 mit Ibsens Ein Volksfeind. Roland Koch spielte hier den Doktor Thomas Stockmann. Diese Darstellung brachte ihm eine Nominierung als „Bester Schauspieler“ der Zeitschrift Theater heute ein.
1999 folgte Koch Andreas Kriegenburg ans Burgtheater Wien. Dort blieb er auch nach dem Weggang Kriegenburgs (ans Thalia Theater) und gehört bis heute zum Ensemble. Das Wiener Theaterpublikum reagierte zu Beginn eher verschreckt auf die Inszenierungen Kriegenburgs, und so musste Roland Koch dort anfangs gegen den Ruf anspielen, ein „Kriegenburg-Schauspieler“ zu sein. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Regisseuren in einer großen Bandbreite von sehr unterschiedlichen Rollen zählt Roland Koch inzwischen zu den vielseitigsten und renommiertesten Schauspielern im großen Ensemble des Burgtheaters. Mit seinem variantenreichen Spiel von detailgenau herausgearbeiteten Charakterstudien bis hin zu teilweise recht provokanten Soloeinlagen gehört er dort zu den Publikumslieblingen des Hauses.
Als im Mai 2003 die Regisseurin Andrea Breth erkrankte und die Arbeit an Shakespeares Was Ihr wollt oder Zwölfte Nacht nicht fortsetzen konnte, schlug das Ensemble Roland Koch, der selbst den Malvolio in dieser Produktion spielen sollte, als Ersatz vor. Dieser bewies, auch in Anbetracht der kurzen Vorbereitungszeit bis zur Premiere Anfang September 2003, beachtliche inszenatorische Fähigkeiten. Er zeigte eine moderne, freche, mit Musik als einem wesentlichen Stilelement untermalte Version des Stücks, welche die Kritik größtenteils wohlwollend aufnahm.
In jüngster Zeit feierte Roland Koch am Burgtheater große Erfolge z. B. als Teil des Ensembles in Andrea Breths hochgelobten Zwischenfällen, wo er in einer Reihe skurriler Rollen vom bösen Wolf bis hin zum die Arbeit verweigernden Schweizer Beamten die Bandbreite seines Könnens zeigen kann, oder in Dieter Giesings Inszenierung von Professor Bernhardi. Die Darstellung des Ebenwald bescherte Roland Koch 2011 eine Nestroy-Nominierung als Bester Schauspieler.
Der Arbeit für Film und Fernsehen hat sich Roland Koch erst relativ spät in seiner Karriere geöffnet, als er am Theater bereits ein etablierter Schauspieler war. Seit 2000 hat er in einer Reihe von Fernsehfilmen und -serien mitgewirkt, dennoch steht nach wie vor meist die Theaterarbeit im Vordergrund. Einem größeren Fernsehpublikum wurde er durch die Rolle des Doktor Gesswein in der Fernsehserie Der Fürst und das Mädchen an der Seite von Maximilian Schell und durch die Mona-Seiler-Krimis mit Mariele Millowitsch bekannt. Von 2008 bis 2009 stand Roland Koch in der männlichen Hauptrolle für die ARD/ORF-Serie Geld.Macht.Liebe vor der Kamera. In der Produktion Geliebter Johann Geliebte Anna, die 2010 bei der Romyverleihung 2010 als bester Fernsehfilm ausgezeichnet wurde, porträtierte er den Grafen Metternich. Seit Ende 2011 ergänzt er das Ermittlerteam des Tatort Konstanz in der Rolle des Matteo Lüthi.
Seit mehreren Jahren hält Koch regelmäßig Gastvorträge an der Universität für Angewandte Kunst Wien im Fachbereich Bühnen- und Filmgestaltung. Außerdem unterrichtet er Schauspiel am Konservatorium Wien Privatuniversität und das Fach Rollengestaltung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien.
Roland Koch ist Vater von vier Töchtern, unter anderen von Anna Drexler, die auch Schauspielerin ist.
2015 wurde er mit dem Nestroy in der Kategorie Beste Nebenrolle für seine Darstellung des Wilhelm Foldal in John Gabriel Borkman am Akademietheater Wien.[1] ausgezeichnet.
Theater
Burgtheater Wien
1999: Cyrano von Bergerac von Edmond Rostand – Graf Guiche. Regie: Sven-Eric Bechtolf
2000: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua von Friedrich Schiller – Muley Hassan. Regie: Andreas Kriegenburg
2000: Lulu von Frank Wedekind – Dr. Schöning. Regie: Andreas Kriegenburg
2001: Dantons Tod von Georg Büchner – Danton. Regie: Andreas Kriegenburg
2001: Maria Stuart von Friedrich Schiller – Wilhelm Davison, Staatssekretär. Regie: Andrea Breth
2002: Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing – Marinelli. Regie: Andrea Breth
2004: Bérénice de Molière von Igor Bauersima – Jean Poquelin (Molière). Regie: Igor Bauersima
2005: Ernst ist das Leben – Bunbury von Oscar Wilde / Bearbeitung: Elfriede Jelinek – John Worthing. Regie: Falk Richter
2006: Der Meister und Margarita von Michail Bulgakow – Meier Eins, Voland, Berlioz. Regie: Niklaus Helbling
2006: Medea von Grzegorz Jarzyna – Jason. Regie: Grzegorz Jarzyna
2007: Julius Caesar von William Shakespeare – Marcus Brutus. Regie: Falk Richter
2007: Die Probe (Der brave Simon Korach) von Lukas Bärfuss – Franzeck. Regie: Nicolas Brieger. (Nestroy-Theaterpreis-Nominierung als Bester Schauspieler 2008)
2008: Der Gott des Gemetzels von Yasmina Reza – Michel Houillé. Regie: Dieter Giesing
2009: Trilogie des Wiedersehens von Botho Strauß – Franz, ein Schauspieler. Regie: Stefan Bachmann
2009: Amphitryon von Heinrich von Kleist – Jupiter. Regie: Matthias Hartmann
2010: Die heilige Johanna der Schlachthöfe von Bertolt Brecht – Graham. Regie: Michael Thalheimer
2011: Zwischenfälle Szenen von Pierre Henri Cami, Daniil Charms und Georges Courteline – diverse Rollen. Regie: Andrea Breth
2011: Professor Bernhardi von Arthur Schnitzler – Dr. Ebenwald, Professor für Chirurgie. Regie: Dieter Giesing (Nestroy-Theaterpreis-Nominierung als Bester Schauspieler 2011)
2011: Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist – Gerichtsrat Walter. Regie: Matthias Hartmann
2018: Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt – Bürgermeister. Regie: Frank Hoffmann
Bayerische Staatsoper
2011: L’enfant et les sortilèges/Der Zwerg von Maurice Ravel/Alexander Zemlinsky – Der Regisseur. Inszenierung: Grzegorz Jarzyna, Musikalische Leitung: Kent Nagano
Schauspielhaus Frankfurt
2010: Der Diener zweier Herren von Carlo Goldoni – Pandolfo. Regie: Andreas Kriegenburg
Schauspielhaus Zürich
2001: Tatis Welt. Ein Projekt von Andreas Kriegenburg – Ein Feuerwehrmann. Regie: Andreas Kriegenburg
Staatsoper Wien
2000: Die Entführung aus dem Serail von Wolfgang Amadeus Mozart – Bassa Selim. Regie: Ursel und Karl-Ernst Herrmann
Residenztheater München
1999: Penthesilea von Heinrich von Kleist – Achill. Regie: Andreas Kriegenburg
Volksbühne Berlin
1996: Zement von Heiner Müller – Gleb Tschumalow. Regie: Andreas Kriegenburg
Schauspielhaus Hannover
1993: Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist – Gottschalk/Gottfried Friedeborn. Regie: Hartmut Wickert
1993: sturmpatrull von Arnolt Bronnen – lecht. Regie: Hartmut Wickert
1994: Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten von Peter Handke – Einer von "ein Dutzend Schauspielern und Liebhabern". Regie: Hartmut Wickert
1994: Einer für alles von Alan Ayckbourn – Crispin Usher. Regie: Hartmut Wickert
1994: Kasimir und Karoline von Ödön von Horváth – Kasimir. Regie: Andreas Kriegenburg
1995: Salamander von Wolf Christian Schröder – Wega. Regie: Mark Zurmühle
1995: Iwanow von Anton Tschechow – Iwanow. Regie: Hartmut Wickert
1995: Fremdes Haus von Dea Loher – Jane Sokolov. Regie: Andreas Kriegenburg
1995: OPERATION EPSILON oder Wie die Deutschen doch noch ihre Atombombe erfanden von Alfred Nordmann, Hartmut Wickert – Weizsäcker. Regie: Hartmut Wickert
1996: Was ihr wollt von William Shakespeare – Orsino. Regie: Mark Zurmühle
1996: Wilhelm Tell von Friedrich Schiller – Wilhelm Tell. Regie: Andreas Kriegenburg
1996: Liebe für Liebe von William Congreve – Scandal. Regie: Wolf-Dietrich Sprenger
1997: Jesabels Rache von Harald Kuhlmann – Graf Königsmarck – Regie: Reinhard Göber
1997: Romeo und Julia von William Shakespeare – Capulet/Bruder Lorenzo. Regie: Mark Zurmühle
1997: Ein Volksfeind von Henrik Ibsen – Dr. Thomas Stockmann – Regie: Andreas Kriegenburg
1997: Tartuffe von Molière – Tartuffe. Regie: Mark Zurmühle
1998: Olgas Raum von Dea Loher – Filinto Müller. Regie:Andreas Kriegenburg
1998: Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing – Sultan Saladin. Regie: Mark Zurmühle
1998: Professor Unrat von Zadek/Greiffenhagen nach dem Roman von Heinrich Mann – Artist Kiepert/Weinhändler Lorenzen. Regie: Mark Zurmühle
1998: Der Sturm von William Shakespeare – Trinculo/Kapitän. Regie: Andreas Kriegenburg
1999: Das Ende vom Anfang von Sean O'Casey – Bobby Derrill. Regie: Andreas Kriegenburg
Landestheater Tübingen
1987: Der Widerspenstigen Zähmung von William Shakespeare – Lucentio, Liebhaber Biancas. Regie: Bernd Leifeld
1987: Die Palästinenserin (Apalesstinait/Shooting Magda) von Joshua Sobol – Udi (David). Regie: Rüdiger List
1988: Operette (Operetka) von Witold Gombrowicz – Graf Charme Himalaj. Regie: Gerhard Hess
1988: Die falsche Zofe von Pierre Carlet de Marivaux – Lelio. Regie: Martin Ankermann
1988: Füchse jagen von Gert Heidenreich – Razmann/Polizist. Regie: Eva Gallé
1989: Rotter von Thomas Brasch – Kloppenburg/Kutz/Koslowski. Regie: Günter Ballhausen
1989: Trilogie des Wiedersehens von Botho Strauss – Answald. Regie: Matthias Fontheim
1989: Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück von Gotthold Ephraim Lessing – Riccaut de la Marlinière. Regie: Eva Gallé
1989: Das Sparschwein von Eugène Marin Labiche – Félix Renaudier, Notar. Regie: Barbara und Jürgen Esser
1990: Siegfried Frauenprotokolle Deutscher Furor. Von Volker Braun – Gernot. Regie: Günter Ballhausen
1990: Vorsicht, Trinkwasser! von Woody Allen – Axel Magee. Regie: Bernd Leifeld
Sonstiges
2004: Wilhelm Tell von Friedrich Schiller – Freiluftinszenierung auf der Rütli-Wiese (Schweiz) gemeinsam mit dem Theater Weimar, Regie: Stephan Märki
Regiearbeiten
2003: Was ihr wollt oder Zwölfte Nacht von William Shakespeare am Burgtheater Wien
2013: Viel Lärm um nichts von William Shakespeare am Landestheater Niederösterreich
Filmografie
Kino- und Fernsehfilme (Auswahl)
2001: Studers erster Fall. Fernsehfilm (in Schweizerdeutsch). Regie: Sabine Boss
2002: Der Freund meiner Mutter. Fernsehfilm. Regie: Dagmar Knöpfel
2002: In der Mitte eines Lebens. Fernsehfilm. Regie: Bernd Fischerauer
Hörspiel des Jahres 2003. Beschreibung und Hörbeispiel (Memento vom 25. Februar 2010 im Internet Archive) beim Österreichischen Rundfunk. Abgerufen am 16. Januar 2011.
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